Unbekannte Barrancos in Santa Úrsula.
Steile Landschaften gibt es viele auf der Insel. Aber in der Gegend von Santa Úrsula und La Victoria sind die Hänge beachtlich. Wanderungen in dieser von Schluchten zerfurchten Gegend gibt es wenige, denn es geht überall fürchterlich bergauf. Doch es gibt auch Möglichkeiten, in den Schluchten selbst zu wandern, und dabei entdeckt man so manche Überraschung.

Die besiedelten und landwirtschaftlich genutzten Flächen sind oft sehr schmal, auf beiden Seiten geht es steil in die Schlucht hinab, die Häuser sind atemberaubend an die Abbruchkante geklebt. Die schmalen Rücken bilden Siedlungsachsen mit den typischen Straßendörfern, die sich Kilometer lang den Hang hinauf ziehen. Wer hier wohnt, hat als Kind schon gelernt, die Einkaufstaschen hinauf zu schleppen, fährt im ersten Gang bergauf und verlässt sich bergab auf gut funktionierende Bremsen. Die Dachterrasse des unteren Hauses ist auf gleicher Höhe wie das Erdgeschoss des oberen.

Diese Flächen zwischen den Barrancos heißen hier Toscas, was eigentlich Kalkstein bedeutet, aber es steht für in früheren Zeiten ungenutztes Brachland. Verschiedene Familien haben sich dort angesiedelt, Terrassen für den Anbau angelegt und die Wasservorkommen in den Schluchten genutzt, so z.B. im Barranco de Los Sauces. So haben die Dörfer auch die Namen der Siedler bekommen, Tosca de Ana Maria, Tosca José Barrios oder Tosca La Iglesia. Doch wer von einem Dorf zum nächsten will, muss weit hinunter fahren, um die Schlucht zu überqueren.

Wie sehr diese Gegend zerklüftet ist, erkennt man auf dieser Karte. Die gelben Flächen sind genutztes und besiedeltes Land, die blauen Linien dazwischen markieren die Schluchten, die alle in eine münden, den tief eingeschnittenen Barranco Hondo unterhalb der Autobahn.
In früheren Zeiten waren diese Schluchten ein bedeutendes Hindernis. Zwischen La Victoria und Santa Úrsula gibt es nur drei Möglichkeiten, sie zu überqueren: Die Autobahnbrücke und zwei weitere auf den Landstraßen, mit vielen Kurven und Umwegen. Zu einem Stau auf der Autobahn gibt es deshalb fast keine Alternative. Eine dieser Brücken ist die Puente de Hierro, oder Puente Alfonso XIII, wie sie offiziell heißt. Sie hat eine ganz besondere Geschichte. Lies hierzu diesen Artikel: Endlich Nachbarn.
Wanderung

Man beginnt an der letzten Kurve der TF-217, von Santa Úrsula kommend, rund 200 m vor der Puente Alfonso XIII. Dort gibt es meist ein paar Parkplätze, und dort ist auch eine Bushaltestelle (4012, Linie 101).
Dort nimmt man die steile Straße den Berg hoch, sie führt in den Stadtteil Tosca de Ana María. Nach der Rechtskurve geht es eben weiter, und bald wird die Straße zu einem wilden Feldweg, der abwärts in den Barranco verläuft. Blickt man hier nach links, dann sieht man die oben erwähnte Brücke Alfonso XIII.



Nun beginnt ein steiniger Weg mit vielen Kurven, immer im Talgrund entlang. Rechts und links erheben sich senkrechte Felswände, manchmal mit Überhängen, die als Ziegenstall genutzt werden. Immer wieder gibt es auch kleine Weingärten. Diese Schlucht trägt den Namen Tagoror oder auch María Giménez, wiederum ein Familienname. Hier verläuft die Grenze zwischen den Municipios von Santa Úrsula und La Victoria. Hoch droben sieht man abenteuerlich an die Felsen geklebte Häuser. Schon das Hinaufschauen ist Schwindel erregend.







Ganz am Ende, nach 1,3km in der Schlucht, unterquert man zwei Kanalbrücken. Kurz danach entdeckt man ein interessantes Bauwerk. Es ist der Brunnen Fuente Nueva. Durch die Gitterabdeckung kann man hinein schauen und hört das Wasser plätschern. Es ist schwierig abzuschätzen, wie tief der Schacht ist. Unterhalb des Brunnens liegt der Ausgang des 4352 m langen Wasserstollens. Die Fördermenge der Fuente Nueva ist kontinuierlich zurück gegangen. Sie lag 1985 bei 38,7 Litern/Sekunde und 2020 nur noch bei 24,1 Litern/Sekunde. Gegenüber steht das Arbeits- und Lagerhaus, das aber verschlossen ist.



Unterhalb des Hauses, auf der rechten Talseite (talauswärts), steigt man ein paar Treppen hoch und überquert dann die Kanalbrücke. Sie ist schmal, aber zum Glück gibt es ein Geländer.


Nun beginnt ein wunderschöner Weg an den Felswänden entlang, und man geht etwa einen halben Kilometer auf dem Kanal. Auch hier gibt es ein Geländer. Schon bald befindet man sich hoch über der Schlucht und hat herrliche Ausblicke Richtung Santa Úrsula und das Meer. Gegenüber sieht man die Häuser der Straßendörfer Tagoro und La Vera, die schon zu La Victoria gehören. Man kommt noch einmal durch Weinberge hindurch, dann endet der Kanalweg in der Calle La Viquita.








Jetzt befindet man sich in dem Straßendorf Tosca de Ana Maria auf 430 m Meereshöhe.



Ein paar Meter unterhalb der beiden Straßenspiegel biegt man nach links in eine schmale Gasse zwischen den Häusern. Danach kommt man wieder durch Gärten, die auf schmalen Terrassen angelegt sind und man blick in die nächste Schlucht. Es geht über einige Stufen und ein kurzes steiles Stück nach unten bis zum Canal del Norte. Er liefert das Wasser von Aguamansa bis nach La Laguna.







Dieser Kanal ist breit und bequem zu gehen. Dort kommt man nach ca. 150m zu einer Kanalbrücke mit Rohren und klettert kurz an einem Felsbrocken vorbei. Die nächste Kanalbrücke darf man nicht überqueren, sondern man geht 20 m geradeaus weiter und dann scharf nach rechts und unter der Brücke durch.
Nun geht es 30 Minuten lang immer im Talgrund bergab, teilweise ist die Piste auch betoniert. Hier gibt es wieder mehr Gärten und Weinfelder. Dort wo eine Straße nach rechts zu den Häusern hinauf geht, hält man sich links und weiter im Talgrund.




100 m weiter befindet sich links eine hohe Felswand, und an deren Fuß liegt die Galería La Unión de Santa Úrsula. Unter überhängenden Felsen, von denen das Wasser tropft, befindet sich der Stollenausgang. Der Wassertunnel ist 3852m lang, die Schüttung schwankt zwischen 2,9 und 4,4 Liter/Sekunde.




Danach geht es durch hohes Gras und noch etwa 100m durch dichter werdendes Gebüsch, bis man unter der Straßenbrücke hindurch kommt. Direkt danach steigt man rechts hinauf zur Bushaltestelle.


Entfernung: 3,7 km
Gehzeit: 1,5 Std.
Höchster Punkt: 310 m, tiefster Punkt 430 m
Einstufung: B2**WBR (Erklärung siehe hier)
Karte:


Zu dieser Wanderung kann man auch gut mit dem Bus kommen. Die Linie 101, La Laguna – La Orotava fährt alle 20 Minuten (am Wochenende alle 30-40 Minuten), die Haltestelle ist Ana Maria. Gegenüber der Bushaltestelle kann man im Guachinche La Cuevita hervorragend essen.
Bemerkung: Die Wege in den Barrancos sind steinig, aber nicht steil. Auf dem Rückweg, beim Abstieg durch die Gärten, sind ein paar steile Treppen zu überwinden. Wanderstiefel sind empfehlenswert.
Aktualisierung: Laut neuesten Informationen (Juni 2025) ist der Kanalweg zwischen der Fuente Nueva und Tosca de Ana Maria wegen eines Felssturzes zur Zeit nicht begehbar. Man müsste die beiden Schluchten separat durchwandern.
Gehe zu Google Map:
Diese Route als pdf und kmz-Datei für Google Earth: Lies nach auf der Seite SERVICE und schreib eine Mail.
In der Fortsetzung der Schlucht unterhalb der Autobahn kann man bis zu Meer hinunter gehen, sofern der Weg nicht gesperrt ist: Barranco Hondo.
Artikel-Nr. 27-1018A3FE
Entdecke mehr von Mein Teneriffa - Mi Tenerife
Melde dich für ein Abonnement an, um die neuesten Beiträge per E-Mail zu erhalten.
Pingback: Der Barranco Hondo | Mein Teneriffa - Mi Tenerife
Pingback: Endlich Nachbarn! | Mein Teneriffa - Mi Tenerife
Weiß zufällig jemand, ob das Teilstück am Kanalweg wieder begehbar ist?
LikeLike