Calimocho

Ein absonderlicher Mix im Stadtplan.

Was bekommt man, wen man Coca Cola und Rotwein mischt? Genau! Calimocho. Und was hat das mit Teneriffa zu tun? Ganz einfach. In Tacoronte gibt es die erste und einzige Straße mit diesem Namen: Calle Calimocho. Und das hat seinen Grund.

Angeblich stammt die absonderliche Mischung aus dem Baskenland, dort ist sie als Kalimotxo bekannt. Der baskischen Legende nach wird dieser ursprüngliche Name der Gruppe „Antzarrak“ zugeschrieben, die den Begriff auf den Festen des alten Hafens von Algorta im Jahr 1973 erfand. In einer txosna (Bude mit Bar) auf dem Fest sahen sie, dass der Rioja-Wein, den sie gekauft hatten, nicht mehr gut war, und bevor sie ihn wegschütteten, kamen sie auf die Idee, ihn mit etwas zu mischen, um das Geld nicht zu verlieren. Der Name der Mischung stammt von zwei Mitgliedern der Gruppe, die den Spitznamen Kalimero und Motxo trugen. Der Begriff Kalimotxo verbreitete sich in den frühen 1980er Jahren im gesamten Baskenland und von dort aus in die benachbarten Gemeinden und schließlich nach ganz Spanien.

Besonders in der Region Rioja wurde früher viel billiger Wein produziert. So heißt der Calimocho denn auch Rioja libre oder Cuba libre del Pobre (Cuba libre des Armen), in Anlehnung an das kubanische Mixgetränk aus Cola und Rum.

Das heißt nicht, dass irgendwo sonst auf der Welt, wo die beiden Getränke zusammen trafen, nicht jemand anderes schon auf die Idee kam, sie zu mischen.

In Deutschland kennt man es seit den 70er Jahren als „Kalte Muschi“, vermutlich, weil es für die Deutschen leichter auszusprechen ist als Calimocho. Aber auch Korea, Ochsenblut oder Cola-Schoppen sind gebräuchliche Namen. In Österreich bestellt man Cola Rot, Fetzi oder Rebellenblut. 2009 wurde die Kalte Muschi zum offiziellen Kaltgetränk des FC St. Pauli gekürt. Aber die Fans protestierten und der Verein distanzierte sich wieder von dieser anzüglichen Bezeichnung.

Es gibt auch die Theorie, dass der Ursprung dieser Mischung aus Rotwein und Coca-Cola auf Italien während des Zweiten Weltkriegs zurückgeht, als amerikanische Soldaten die glückliche Idee hatten, Chianti-Rotwein mit Coca-Cola zu kombinieren, um so einen raffinierten Cocktail zu kreieren.

Calimocho darf auf keinem fest fehlen. Während der Patronatsfeste in den Gemeinden der Region Madrid ist es üblich, dass Feststände, die alkoholische Getränke verkaufen, den Calimocho in großen Gläsern von etwa 1 Liter ausschenken. Sie heißen dort „Minis“.

Und was hat das alles nun mit Teneriffa zu tun?

Gleich neben der Autobahn steht in Tacoronte eine Coca Cola Fabrik, und – wie es der Zufall will – nur 100m weiter die Weinkellerei der Region.

Der Weinbau hat in Tacoronte eine Jahrhunderte alte Tradition, die Weinbauregion Tacoronte-Acentejo ist eine der wichtigsten der Insel. Mitte der 90er Jahre wurde die neue Weinkellerei von Tacoronte gebaut, die Bodega Comarcal. Sie wird von 170 Weinbauern beliefert. Viña Norte, Brezal oder Humboldt sind einige der Markennamen, unter denen der hiesige Wein vermarktet wird. Die Weinkellerei hat eine Kapazität von 1,8 Millionen Litern und füllt rund 500 000 Flaschen jährlich ab. Seit 2002 wird hier auch ein Tresterschnaps (orujo) destilliert, der unter der Marke El Fayal in den Handel kommt.

Die Cola-Fabrik entstand ungefähr zur gleichen Zeit, sie war der erste große Industriebetrieb der Gemeinde. Seit 1997 nutzt sie die unterirdischen Wasserquellen der Gegend aus einem eigenen, 410m tiefen Brunnen. Sie liefert von hier aus jährlich über 100 Millionen Liter des schwarzen Getränks auf den Kanaren aus. Auch die beliebte Apfelschorle „Appletizer“ wird hier abgefüllt, dafür gibt es nur noch eine zweite Anlage in Bilbao. Direkt und indirekt sind 5350 Arbeitsplätze mit der Fabrik verbunden.

Das Gelände der Fabrik umfasst 53600 m². Auf den Flächen rund um die Fabrik wurde ein Projekt zur Wiederaufforstung der ursprünglichen Arten des Lorbeerwalds durchgeführt. Am Straßenrand und direkt neben der Autobahn wachsen Lorbeer- und Erdbeerbäume (madroños). Von weitem ist nur die große Reklametafel über den Bäumen zu sehen.

In diesem Video bekommt man einen Einblick in die Fabrik (deutsche Untertitel einschalten):

Aus Wein und Cola entstand ein lustiger Mix und ein lustiger Witz. Wie man sich im Rathaus erzählt, hatte ein Anwohner der Gegend eines Tages einen launigen Kommentar gemacht. „Hört mal“, sagte er zu seinen Freunden, „ist euch eigentlich klar, das hier vorne die Cola-Fabrik ist und da oben die Bodega? Ist doch klar, dass wir mittendrin in etwas sehr Wichtigem sind.“

Der Scherz war witzig und machte die Runde. Die Manager der Bodega und der Softdrinkfabrik hörten ihn und begrüßten die Idee, die Straße nach dem Getränk zu benennen. Die Initiative ging schließlich vom Bürgermeister José Daniel Díaz Armas aus und mündete in einen Antrag an den Gemeinderat. Die Idee wurde am 19. Juni 2023 Realität und die neuen Straßenschilder wurden aufgestellt. Auf ihnen erscheint auch der baskischen Name Kalimotxo.

Das Rathaus erklärt, dass in den Gesichtern der Nachbarn, die das Schild sahen, „ein wissendes Lächeln war, das in Gelächter umschlug, als es eine ausführlichere Erklärung für den Ursprung der Namensänderung gab“. Dies ist die erste Straße in Spanien, die den Namen des berühmten Getränks trägt. Sie ist allerdings nur 100m lang. Das wissende Lächeln der Anwohner ist klar – sie hatten die Gegend schon lange als Calimocho bezeichnet.

Der Bürgermeister – kurz vor Ende seiner Amtszeit – begrüßte diese Symbiose: „Tacoronte ist ein Land der Weine, der Viehzüchter und der Landwirte, aber auch ein Ort, der Unternehmer und Träumer willkommen heißt.“ Er freute sich auch über die Außenwirkung: „Seit Tagen steht das Telefon nicht mehr still. Zeitschriften und Radiosender aus dem ganzen Land interessieren sich für Tacoronte.“

Und was bekommt man, wenn man – mit variablem Mischungsverhätlnis – Calimocho mit Bier mischt? Claro! Cervemocho. Vielleicht wird es bald eine Calle Cervemocho geben…

Gehe zu Google Map:


Artikel-Nr. 29-1149A9BC


Entdecke mehr von Mein Teneriffa - Mi Tenerife

Melde dich für ein Abonnement an, um die neuesten Beiträge per E-Mail zu erhalten.

Hinterlasse einen Kommentar