Das bekannteste Haus von Santa Cruz.
Man sagt, im 18. Jahrhundert sei es das bekannteste Haus der Stadt gewesen. Jeder kannte damals den Palast der Familie Carta, wenn auch nur von außen. Wer heute über den wichtigsten Platz der Stadt schlendert, geht meist achtlos daran vorbei, denn von außen ist das Gebäude eher abweisend. Doch es lohnt einen Besuch.

Die Fassade ist grau und schlicht, kanarischer Barock aus dunklem Vulkangestein. Das Haus wirkt mächtig, klotzig und eindrucksvoll. Das sollte es wohl auch sein, denn wer ein solch monumentales Werk bauen lässt, der will zeigen, dass er Geld hat. Matías Rodríguez Carta gab es im Jahr 1721 in Auftrag. Die Familie Carta war zu dieser Zeit nicht nur die einflussreichste der ganzen Insel, sie war auch sehr großzügig und bestimmte das soziale und wirtschaftliche Leben. Sie stifteten Kirchen und statteten sie mit Schätzen aus, sie bauten ein Krankenhaus, eine Salzfischfabrik und die erste Metzgerei der Stadt.
Die Carta trieben Handel mit der ganzen Welt und mit allem, was es zu handeln gab. Wein, Schnaps, Butter, Käse, Gofio, Mandeln oder Feigen, Tabak von den Antillen, Kakao aus Caracas oder Zucker aus Havanna. Sie waren unermesslich reich. Zu ihren Besitztümern gehörten schöne Häuser auf der ganzen Insel, in La Laguna, Geneto, Arafo oder Landgüter wie das in Valle Guerra – das vor allem dem Weinanbau gewidmet war -, wo sie, wie sie sagten, „gerne Zuflucht suchten, um dem Lärm und den Geschäften der Stadt zu entkommen“.

1752 wurde der Palast fertiggestellt und die Familie konnte einziehen. Der oben genannte Matías bekam sechs Kinder. Sein erster Sohn, Matías Bernardo (1713-1775), studierte an der Kaiserlichen Hochschule von Madrid, war Hauptmann der kanarischen Milizen, Generalschatzmeister der königlichen Schatzkammer auf den Kanarischen Inseln, Wachtmeister der Inquisition, Kastellan der Redoute von Santiago und wurde der erste Bürgermeister von Santa Cruz im Jahr 1773. Er heiratete seine Cousine Juana María Domínguez Perdomo y Vélez Carta, und sie bekamen 14 Kinder, darunter wieder mehrere mit dem Namen Matías.
Es ist hier nicht möglich, die weitere Geschichte einer so großen Familie zu erzählen, die 111 Jahre in diesem noblen Haus lebte. Doch auch das Haus selbst hat eine interessante Geschichte. Hier traf sich die illustre Gesellschaft der Stadt. Hier wurden Feste gefeiert, das tägliche Leben besprochen, das Personal verwaltet, man sprach über die Kapellen, kommentierte Geburten und Todesfälle oder Eheschließungen, oder man führte die Kunstwerke vor, die man erworben hatte.




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1853 wurde der Palast von den Nachkommen an die Generalkapitäne der Kanaren vermietet. Im Laufe von 28 Jahren residierten 17 Generalkapitäne in dem Gebäude. Nach einem Zeitraum von neun Jahren ohne Nutzung wurde es 1890 als Sitz der Zivilregierung der Kanarischen Provinz vermietet. 1901 verkauften die letzten Erben der Familie Carta das Haus an Enrique Ascanio, einen Großgrundbesitzer und Bürgermeister von La Orotava. Von 1927 bis 1946 war es der Sitz der Zivilregierung von Santa Cruz. Zuletzt befand sich darin die Spanische Kreditbank bis ins Jahr 2007.





Die Außenfassade hat sich in dieser Zeit kaum verändert. Hinzugekommen ist die Uhr über dem Eingang und die veränderte Türe, denn die Bank hatte über dem Eingang eine Marmorplatte angebracht und das Portal verkleinert, zum Nachteil der harmonischen Proportionen. Am 31. Mai 2017 unterzeichneten die Kanarische Regierung und die Stadt Santa Cruz einen Vertrag, der es ermöglichte, das Gebäude zu restaurieren und der Öffentlichkeit als Museum zugänglich zu machen. Die Arbeiten dauerten mehr als fünf Jahre.

Bemerkenswert an dem Gebäude ist auch die Rolle des Turms im hinteren Teil, von der Straße aus schwer zu sehen. Er diente als Ausguck, um die Ankunft von Schiffen zu überwachen, denn wer als erster am Hafen war, konnte sich die besten Schnäppchen sichern. Auch vor Gefahren zu warnen, war eine wichtige Aufgabe, so.z.B. vor dem Angriff des britischen Admirals Nelson am 15. Juli 1757, der erfolgreich zurückgeschlagen werden konnte.

Wer den Glanz der Epoche nachvollziehen will, muss sich das Innere des Palastes anschauen und wird zuerst über den Kontrast zur düsteren Außenfassade erstaunt sein. Es ist ein typisches Beispiel für die traditionelle kanarische Architektur. Über dem Innenhof bewundert man die kunstvollen Fenstergalerien, die von Säulen getragen werden und mit Schnitzereien verziert sind. Neben dem Haupthof befindet sich ein tiefer gelegener Hinterhof mit einem Geländer. Eine stattliche hölzerne Treppe führt ins Obergeschoss.





Bei der Restaurierung wurden die verschiedenen Lackschichten auf dem Holz entfernt, so dass die natürlichen Farbtöne der Hölzer wieder zum Vorschein kamen, honigbraun das Tea-Holz, dunkelbraun das des Barbusano und rotbraun das Caoba-Holz. Es handelt sich um eine der reichhaltigsten und besten Schreinerarbeiten der Kanaren.






Während seiner letzten Nutzungsperiode war der Innenhof mit rotem Marmor aus Alicante und weißem Marmor aus Carrara ausgelegt. Der rote Marmor wurde bei der Restaurierung in kleine Streifen geschnitten und dient jetzt als Wand- und Bodenverkleidung der Toiletten. Ursprünglich war der Boden mit einem Muster aus Basaltplatten belegt, die man in raffinierter Arbeit wiederhergestellt hat. Es sind Teile von fünf- oder sechseckigen Platten, die man kunstvoll zusammengesetzt hat.
Bei der Restaurierung kam auch eine Zisterne direkt unter dem großen Innenhof zutage, von der man zwar wusste, deren Lage, Bauart und Größe aber lange Zeit nicht bekannt war. Sie war verschüttet und zugemauert. Sie ist 3,60m hoch und ausgemauert, hat ein Dach mit vier Bögen und misst 7,20m x 3,50m. Dieser Raum wurde bei der Restaurierung dazu genutzt, umfangreiche Anlagen zum Feuerschutz zu installieren, mit Pumpen, Tanks und Leitungen.




Das Anwesen wurde als das erste der Stadt Santa Cruz im Jahre 1947 zum offiziellen Kulturerbe erklärt und ist nun das erste, das komplett restauriert wurde. Das obere Stockwerk soll im Laufe der Zeit zu einem historischen Museum ausgebaut werden. In den Nebenräumen im Erdgeschoss gibt es Ausstellungen und Fotos zur Stadtgeschichte. Im Innenhof befindet sich jetzt das Büro der Touristeninformation.
Eine kurze Zusammenfassung gibt es in diesem Video:

Das Museum ist wochentags von 9 bis 17 Uhr, am Wochenende von 9 bis 14 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei.

Über die „Sommerresidenz“ der Familie Carta in Valle de Guerra findest du hier einen Artikel. Sie ist ein typisches kanarisches Landhaus im Stil der Reichen und ebenfalls einen Besuch wert. Casa de Carta.
(Quelle der Bilder *: Carmen Elisa Reyes ist eine der Nachkommen der Familie Carta und hat in fünfjähriger Arbeit das Tagebuch von Matías Bernardo Carta aus dem Jahr 1734 ausgewertet und in einem Buch mit zahlreichen Illustrationen veröffentlicht. „Los cinco matrimonios Carta“, 978-84-09-57665-4)
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Artikel-Nr. 26-0F85B2C6
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