Durch die Dörfer.
Auf der Nordseite des Anagagebirges liegt das Dorf mit dem geheimnisvollen Namen. Heute über eine kurvenreiche Straße gut zu erreichen, früher einmal weit abseits der Zivilisation. Es ist nicht nur ein Dorf, es sind viele kleine Weiler und Häusergruppen, verstreut auf den Bergrücken hoch über den Schluchten. Warum nicht einmal die alten Verbindungswege und einsamen Gassen dort entdecken?

Schon von oben sieht man, dass dieser Ort etwas Besonderes ist. Die weißen Häuser reihen sich aneinander und schlängeln sich die Hänge hinauf, vor der beeindruckenden Kulisse der Steilküste. Eigentlich ist es ein Stadtteil von Santa Cruz im Distrikt Anaga, doch von der Hauptstadt ist wenig zu spüren. Der Name Taganana stammt aus der Guanchensprache und bedeutet „umgeben von Bergen“. Besser kann man es nicht beschreiben.
Genau genommen sind es 20 kleine Weiler, von denen man einige hier auf der vorgeschlagenen Wanderrunde durchqueren wird. Alle zusammen haben etwas mehr als 500 Einwohner, 150 davon im zentralen Teil mit der Kirche Nuestra Señora de la Nieves und einigen Restaurants. Vor 20 Jahren waren es noch rund 700 Bewohner.

Gegründet wurde der Ort im Jahr 1501 gleich nach der Landverteilung durch den Eroberer Fernando de Lugo. Er ist damit einer der ältesten der Insel. Es waren nur 16 Personen, die sich hier ansiedelten, Häuser bauten, Felder und Wasserkanäle anlegten. Schon bald danach wurde hier mit dem Anbau von Zuckerrohr begonnen. Die noblen Herren verfügten natürlich auch über Arbeitskräfte, Guanchen und Afrikaner, die unter schwersten Bedingungen auf den Feldern schuften mussten. Sie bauten auch eine mit Wasserkraft betriebene Zuckerrohrpresse.
Bis 1877 war Taganana eine selbstständige und unabhängige Gemeinde, nicht nur wegen ihrer Abgelegenheit, sondern wegen der ausgeprägten Verbundenheit der Anwohner mit ihrem Ort, die sich bis heute erhalten hat.

In dem inoffiziellen Wappen der Gemeinde befindet sich der Spruch „Taganana la última frontera“ (die letzte Grenze) und eine Kette, die die Verbundenheit mit den hiesigen Traditionen symbolisieren soll. Die roten Bänder spielen an auf die Farbe der Orchilla-Flechte, die früher am Felsen des Roque de las Animas gewonnen wurde. Der Weinbau wird durch die Traube dargestellt, die Spindel verweist auf den Anbau von Flachs und die Textilherstellung (Mehr dazu im Artikel Der Flachswanderweg). Die Guanchen verweisen auf das Königreich von Beneharo vor der Eroberung, und die Krone zeigt die Loyalität zum spanischen Königshaus.
Die Verbindungswege nach Taganana waren in früheren Zeiten nur einfache und gefährliche Bergpfade. Der nächstgelegene Ort San Andrés war nur über einen mühsamen Tagesmarsch zu erreichen. Nicht einmal die große Cholera-Epidemie im Jahre 1893 kam hier über die Berge nach Taganana. Die Bewohner stellten Wachen auf an den Wegen über die Berge, um das Vordringen der Krankheit zu verhindern. Der Tunnel, der heute eine verhältnismäßig bequeme Kommunikation ermöglicht, wurde erst 1968 eröffnet.

Seitdem ist Taganana ein beliebtes Ziel für Wochenendausflügler von der Hauptstadt, die sich dann aber hauptsächlich an der Küste und in den vielen kleinen Restaurants aufhalten. Wanderer müssen sich darauf einstellen, dass hier enorme Höhenunterschiede zu bewältigen sind. Das ist auch der Grund, warum die Wege hier bei weitem nicht so überlaufen sind wie rund um den Startpunkt Cruz del Carmen. Der offizielle Rundweg PR TF-8, Afur – Taganana – Afur, ist mit 14,3 km und einem kumulierten Anstieg von 1546 m eine Herausforderung, die nicht von allen Wanderern bewältigt werden kann.
Aber es geht auch einfacher und kürzer, wenn man mal nur die verschiedenen Weiler erkunden möchte. Hier ist eine Runde von 5 km Länge, die man auch in zwei separaten Teilen machen kann. Beide beginnen bei der kleinen Kirche im Zentrum. Wenig unterhalb ist an der Hauptstraße TF-134 ein Parkplatz, wo man auf beiden Seiten das Auto abstellen kann. Hier ist auch eine Haltestelle der Buslinie 946, die von Santa Cruz kommt.
Runde 1, hinunter zum Meer
Durch die schmale Gasse Los Artesanos kommt man zu der kleinen Plaza vor der Kirche mit beeindruckenden indischen Feigenbäumen, die viel Schatten spenden. Vorbei an der Bar Las Nieves folgt man der Straße, die gleich wieder endet und in einen gepflasterten Weg übergeht.




Dort geht es sofort steil nach unten, bis man sich noch einmal der Kurve der Hauptstraßen nähert. Man kommt durch den Weiler El Cabezo, wo sich die Häuser auf dem schmalen Berggrat drängen. Immer geradeaus weiter geht man dann durch den Weiler El Cardonal.







Unmittelbar hinter dem allerletzten Haus beginnt nach links ein Pfad entlang von Feldern. Dieser führt nach 120 m ziemlich steil und ziemlich steinig den Abhang hinunter. Man hat einen perfekten Blick nach Westen auf die bizarre Steilküste. Unten erkennt man schon den Weiler Tachero. Nach dem Abstieg, der weiter unten ein Stück im Bachbett verläuft, kommt man direkt am Strand heraus.




Ein Badestrand ist es allerdings nicht. Es ist ziemlich felsig hier und die Wellen peitschen wild über die Steinbrocken. Man geht nach links und zwischen den Häusern durch eine schmale Gasse. Obwohl Tachero nur eine Handvoll Häuser hat, eine kleine Kapelle muss es auch geben, die Ermita de San Juan. Eine Strandbar, ein Restaurant,… Fehlanzeige! Hier kommt man nicht mit dem Auto her. Hierher verirren sich keine Ausflügler aus der Hauptstadt. Diese drängeln sich am Wochenende im Ort Roque de las Bodegas, ein paar Kilometer weiter östlich.






Am anderen Ende von Tachero beginnt dann eine Betonpiste, auf der man den Aufstieg in Angriff nimmt. Es sieht bequem aus, erweist sich aber dann doch als ganz schön steil. Weiter oben geht es weiter auf einer Erdpiste, aber dafür etwas weniger steil. Die Mühe wird belohnt durch herrliche Ausblicke in beide Richtungen. Ganz in der Ferne sieht man auch die Roques de Anaga, die von den Göttern ins Meer geworfen wurden.
Über dem Dorf Taganana ragt senkrecht der Roque de las Animas in den Himmel, dunkel und bedrohlich und ein bisschen schräg und Angst erregend geneigt. Im Spanischen ist roque der Turm beim Schachspiel. Hier auf Teneriffa bezeichnet roque einen turmförmigen Felsen, solche gibt es überall auf der Insel. Sie sind vor Millionen von Jahren als Schlotfüllung im Inneren eines Vulkans entstanden. Da das erstarrte Magma im Schlot härter war als das umgebende Gestein, wurde es in langer Zeit von der Erosion herauspräpariert, und so stehen die Roques nun als weithin sichtbare Landmarke da.




Die Piste steigt dann langsam hinauf zum Weiler El Calvario. Dort befindet sich das Kulturzentrum von Taganana. Wenn es geöffnet ist, kann man im Innern zahlreiche alte Fotos des Ortes sehen. Der nächste „Stadtteil“ ist dann San Antonio. Dort gibt es sogar einen kleinen Supermarkt. Viele Einkaufsmöglichkeiten gibt es in Taganana nicht. Der einzige Bäcker im Ort ging Ende 2025 in den Ruhestand und machte den Laden dicht. Er hatte immer regelmäßig das Brot zu den Häusern gebracht und morgens an die Türklinke gehängt.


Die Straße senkt sich dann etwas ab und kommt zu einer wichtigen Wegkreuzung. Hier treffen sich die Wege nach San Antonio und Portugal, den beiden ältesten Teilen von Taganana. Zur Orientierung der Reisenden wurde hier ein Kreuz aufgestellt. Daneben zeigen auch die Hinweisschilder des Wanderwegs PR TF-8 die Richtung nach Afur über die Playa Tamadiste oder über die Berge.


Wer die Runde 1 hier beenden will, geht auf der Straße hinüber zur Kirche (siehe Karte, grün).

Runde 2, auf steilen Pflasterwegen

An dieser Stelle beginnt der Camino El Portugal, ein sehr steiler und gepflasterter Weg. Er ist eine der ältesten Dorfstraßen der Insel. Auf diesem steilen und schmalen Bergrücken siedelten sich schon im 16. Jahrhundert portugiesische Bauern aus Madeira an, die mit dem Anbau von Zuckerrohr begannen. Sie waren es auch, die die „Vueltas de Taganana“ anlegten, Bergpfade über den Kamm des Anagagebirges, auf denen heute der TF-8 verläuft. Der Grund war rein wirtschaftlicher Natur, denn der hier gewonnene Zucker musste nach La Laguna geliefert werden. Als Alternative wäre nur der gefährliche und umständliche Transport mit Booten möglich gewesen. Mehr über das Thema Zucker findest du hier: Die Zuckerinsel.






Den Anstieg auf dem Portugal-Weg wird man sehr langsam angehen, denn er ist richtig steil, 70 Höhenmeter sind zu überwinden. Bewundernswert, wie die alten Häuser hier an den Hang gebaut wurden. Auch das hatte natürlich einen wirtschaftlichen Grund, denn die ebenen Flächen in den Tälern dazwischen wurden für die Landwirtschaft benötigt. Bewundernswert auch die Menschen, die hier immer noch wohnen. Sie werden täglich ins Schwitzen kommen, denn hier kann man nicht mit dem Auto bis vor die Haustüre fahren. Hier steht auch die heute leider verfallene Casa de los Negrones, damals eines der wichtigsten und reichste Häuser des Ortes. Trotzdem bleibt der besonders malerische Eindruck dieser Gasse erhalten.
Oben trifft man wieder auf eine Straße und geht nach links durch den Teilort Mazape. Die Straße senkt sich etwas ab. Dort zweigt dann der TF-8 nach rechts ab.
Der Rundgang verläuft dann weiter auf der Straße in das Tal hinein und über eine Brücke. 400 m weiter geht man kurz vor einer Rechtskurve wieder in eine schmale Gasse hinein. Hier ist der Ortsteil Los Lirios. Der gleichnamige Camino ist zwischen den Häusern am Anfang wieder gepflastert. Danach geht es aber wieder richtig steil abwärts, mit schönen Ausblicken hinüber nach Portugal.





Weiter unten kommt man an einem sehr alten Drachenbaum vorbei. Er ist vermutlich über 200 Jahre alt, hat eine sehr breite Krone und viele Verzweigungen.
Nun ist es nicht mehr weit bis ins Zentrum und zur Kirche.
Man sollte noch nach links an der Kirche vorbei gehen. Dort befindet sich der Brunnen La Pianola. Er wurde 1930 gebaut und war ein wesentlicher technologischer Fortschritt für den Ort. Nun mussten die Frauen nicht mehr in die Schlucht hinauf steigen, um das Wasser aus dem Bach zu holen.




Wer nur die Runde 2 gehen will, kommt von hier schnell hinüber zum Camino El Portugal.
Entfernung (beide Runden): 4,6 km
Gehzeit (beide Runden): 2,5 Std.
Höchster Punkt: 250 m, tiefster Punkt 0 m
Einstufung: C3**WBR (Erklärung siehe hier)
Karte:


Gehe zu Google Map:
Ein Informationsblatt über Taganana kannst du hier herunterladen. Es enthält auch einen anderen kurzen Routenvorschlag:
Diese Route als pdf und kmz-Datei für Google Earth: Lies nach auf der Seite SERVICE und schreib eine Mail.
Artikel-Nr. 26-0F867633
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