Kanal mit Aussicht

Abenteuer in Adeje.

Gleich hinter der Stadt Adeje erheben sich mächtige Bergmassive, die von tiefen Schluchten durchschnitten sind. Eine davon ist die Höllenschlucht (Barranco del Infierno), die von Touristen gerne als Abenteuer-Wanderziel gewählt wird. Ein ganz anderes Abenteuer erlebt man abseits der üblichen Pfade bei einer Runde auf dem Canal Intermedio.

Auf staubigen, heißen Pisten, auf alten Wegen, auf einem spannenden Kanal, auf den Spuren der Guanchen und öfters mal auf der Suche nach dem richtigen Weg. Einfach ist diese Rundtour nicht.

Deshalb gleich zu Beginn eine Warnung. Die Route ist nicht besonders lang und überwindet nicht viele Höhenmeter, aber sie ist technisch sehr anspruchsvoll und nur für sehr erfahrene Wanderer geeignet. Kletterfähigkeit, Trittsicherheit und Schwindelfreiheit sind erforderlich. Bitte die Hinweise im Text beachten!

Die Tour beginnt direkt am Friedhof von Adeje. Unterhab des Friedhofes ist ein großer Parkplatz, am oberen Ende ein kleinerer. Genau dort beginnt eine Piste, die ins Tal hinunter verläuft. An der Schranke hängt zwar ein verrostetes Schild, dass der Weg nur für autorisiertes Personal ist, aber das interessiert niemanden. Oberhalb der Felsen liegt das Zentrum von Adeje.

In einige Kurven geht es auf dem staubigen Weg 600 m abwärts, bis man an der tiefsten Stelle zu einer charakteristischen Kreuzung kommt. Dort biegt man links ab. Hier steht noch eine alte, verrostete Maschine, die vielleicht mal ein Pflug gewesen sein könnte.

50 m weiter markieren ein paar Steine den Einstieg in den Wanderpfad, der nach rechts oben ansteigt. Man erkennt bald, dass er früher einmal gepflastert war, leider ist er nicht mehr gut erhalten, aber gut erkennbar.

Etwas weiter oben siehtt man schon gut das erste Highlight dieser Tour. Es ist ein überraschender Felsbogen aus dunklem Basaltgestein, das sich erstaunlich von den weißen Tuffgesteinen der Umgebung abhebt. Man kann direkt bis zum Bogen gehen. Vorsicht: Dahinter geht es senkrecht nach unten. Auf der gegenüber liegenden Talseite erheben sich über dem Kliff die Häuser von Adeje. Man sieht auch die moderne Kirche.

Oberhalb des Bogens muss man den Weiterweg ein bisschen suchen, aber man entdeckt dann in den Fels gehauene Stufen. Zunächst geht es noch eitwas steiler hinauf, dann aber schräg am Hang entlang, bis man zu einer Piste kommt. Natürlich ist sie auch wieder staubig. Knapp 100 m später steigt man über ein Rohr und biegt links ab. Es geht weiter bergauf.

200 m später darf man rechts eine Dreschfläche nicht übersehen. Sie ist nicht mehr gut erhalten, war aber einmal recht groß. Ein Zeichen dafür, dass hier früher einmal viel Getreide angebaut wurde – heute unvorstellbar.

Weiter oben muss man aufpassen. Es gibt zwei Abzweigungen nach links. Man darf aber erst die zweite nehmen, etwa 400 m nach dem Dreschplatz. Dann ist es nicht mehr weit bis zum Kanal, den man schon von unten gut sehen konnte. Der Anstieg ist geschafft. Der Weg, der hier den Kanal überquert, ist der Camino Carrasco, der von hier aus hinauf nach Ifonche führt, rund 700 Höhenmeter weiter oben.

Der Canal Intermedio lieferte früher das Wasser aus den Bergen nach Adeje, wird aber schon lange nicht mehr benützt. In dem gemauerten Kanal verläuft auch ein Plastikrohr, aber auch dort fließt kein Wasser mehr.

Die nächsten drei Kilometer wandert man nun auf dem Kanal, mit minimaler Steigung, nur 0,1%. Es sieht zunächst harmlos und bequem aus, der Kanal ist breit genug. Aber bald kommen einige Stellen, wo die Betondeckel eingebrochen sind. Man muss irgendwie darüber hinweg klettern, oft ist es mit einem großen Schritt nicht getan. Vorsicht bei wackligen oder brüchigen Platten, jeden Schritt gut überlegen! Eine besondere Herausforderung ist auch das trockene Gebüsch, das manchmal an Kanalrand wächst und das Vorbeigehen erschwert. Beim Blick hinauf zu der zackigen Bergkulisse sollte man lieber stehen bleiben.

Noch einmal die Warnung: Wer sich bei so etwas nicht sicher fühlt und nicht schwindelfrei ist, darf diese Wanderung nicht machen!

Das gilt auch für die Kanalbrücke über den Barranco Seco nach 2,2 km auf dem Kanal. Sie ist breit genug, aber es gibt kein Geländer. Und das gilt auch für die Stellen, an denen man sich an überhängenden Felsen vorbei hangeln muss, ausgerechnet da, wo der Kanal kaputt ist. Wanderstöcke zum Abstützen können hilfreich sein.

Nach der Brücke hat man wieder einen schönen Blick hinaus ins Tal und hinüber nach Adeje. Bald blickt man auch hinaus auf den Höhenrücken des Morro Grueso, der in einem charakteristischen Felsklotz endet. In der Ferne erkennt man die Nachbarinsel La Gomera.

Genau an dem Punkt, wo der Kanal diesen Rücken überquert und scharf nach links knickt, verlässt man den Kanal nach rechts. Es gibt eine Stelle an der Kurve, wo man leicht herunter steigen kann. Hier geht der Blick nach Süden bis nach Los Cristianos. Und hier beginnt ein weiteres Abenteuer.

Denn für die nächsten 250 m gibt es keinen Weg. Man muss sich immer am Grat entlang orientieren, mal rechts, mal links der höchsten Stelle, und immer über Felsen klettern. Hier ist Phantasie gefragt, und absolute Trittsicherheit.

Das hatten bestimmt in früheren Zeiten auch die Guanchen, die mit Sicherheit hier oben unterwegs waren. Der Morro Grueso zwischen dem Barranco del Agua im Norden und dem Barranco de Fañabé im Süden ist eine archäologisch bedeutsame und geschützte Zone. Es gibt in beiden Tälern Wohn- und Grabstätten und an den Felsen des Morro Grueso 18 Steinplatten mit Felszeichnungen, die belegen, dass hier für die Ureinwohner ein wichtiger ritueller Ort war. Kein Wunder, denn das Panorama und die Stimmung sind einzigartig.

Weit geht der Blick hinunter zur Küste, bis nach Costa Adeje und Los Cristianos, zum gewaltigen Felsblock des Roque del Conde, und hinüber zur Nachbarinsel La Gomera. 1985 wurde die schmale Zone auf dem Höhenrücken in der Kategorie archäologische Stätten zum Nationalen Kulturerbe erklärt. Aus geologischer Sicht ist der Morro Grueso der Rest eines basaltischen Lavastroms, der von der Erosion herauspräpariert wurde.

Der Grat senkt sich dann ab, und man kommt nach anstrengender Kletterei schließlich an eine Stelle, wo ein Wasserrohr quert. Hier überquert auch der Camino Viejo de Adeje den Bergrücken.

Wer wirklich die Spuren der Guanchen entdecken will, könnte hier noch weiter auf dem Grat wandern, bis zum Morro Grueso ganz am Ende. Dort befinden sich Felszeichnungen. Sie sind aber an sehr unzugänglichen Stellen und nur mit viel Mühe und Kletterei zu erreichen. Der Hin- und Rückweg würde wegen des schwierigen Geländes sicherlich zwei Stunden mehr in Anspruch nehmen.

Beim Wasserrohr geht man nun nach rechts hinunter auf einem gut erkennbaren und einigermaßen bequemen Pfad, es ist der alte Weg nach Adeje. Er verläuft immer neben dem Rohr, biegt aber noch einmal kurz in ein Seitental ab. Nach ziemlich genau einem Kilometer wird es etwas steiler. Dort kann man unter dem Rohr hindurch gehen und danach weiter auf einem Weg, der eigentlich keiner ist. Es ist eher ein steiniges und ziemlich steiles Bachbett, sehr unfreundlich zu gehen, aber nicht zu verfehlen.

Weiter unten wird es deutlich flacher, und dort erkennt man auch wieder so etwas wie einen Pfad. Man nähert sich langsam der Mauer der Bananenplantage, steht aber plötzlich vor einem breiten und wilden Bachbett mit glatt geschliffenen Steinen. Da muss man durch. Man darf nicht weiter abwärts gehen, sondern muss irgendwie quer dort hinüber, etwa 20 m vor der Mauer. Schon wieder ein Abenteuer, das Phantasie und Pfadfinderqualitäten erfordert. Es gibt definitiv keinen Weg.

Mit viel Glück trifft man tatsächlich auf der anderen Seite auf einen Trampelpfad, wenn man sich in Richtung der Palmen orientiert. Dort zeigen auch die ersten weggeworfenen Plastikflaschen und anderer Müll an, dass es bis zur Zivilisation nicht mehr weit ist. Geschafft! Man kommt zu einer Piste, die an der Bananenplantage entlang geht. Man freut sich nicht nur, dass man es geschafft hat, sondern vielleicht auch über das üppige Grün der Bananen.

Nun folgt man der Piste, die noch einmal eine kleine Höhe überquert und natürlich wieder ziemlich staubig ist. Bald kommt man wieder zu der Kreuzung und geht auf demselben Weg hinauf zum Friedhof.

Entfernung: 7,6 km
Gehzeit: 3,5 Std.
Höchster Punkt: 380 m, tiefster Punkt 200 m
Einstufung: D2****WWRGSB (Erklärung siehe hier)

Bemerkung: Die beschriebenen Warnungen bitte beachten! Die Tour ist nichts für Ungeübte. Die Tour ist nicht für den Sommer geeignet, es gibt nirgends Schatten. Am besten geht man früh morgens, denn nachmittags verwandeln sich die dunklen Felsen in einen Backofen. Am Friedhof von Adeje ist auch eine Bushaltestelle.

Karte:

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