Das Skelett (II)

Ein Denkmal für die Immobilienspekulation

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Auf den Felsen unterhalb der Wohnsiedlung Puntillo del Sol in der Gemeinde La Matanza steht ein hässlicher Zeitzeuge: Die Ruine eines Hotels aus dem Jahr 1972, ein Bauprojekt, das schon vor seiner Vollendung aufgegeben wurde. In der ganzen Gegend bekannt als das „Skelett von La Matanza“, stellt dieses Ungetüm ein riesiges Problem dar.Zwei Gebäude mit jeweils 15 Stockwerken, errichtet in abenteuerlicher Lage auf einem schmalen Felsen, ohne vernünftige Zufahrtswege, schnell hochgezogen mit viel zu dünnen Stahlträgern, und mangels Finanzierung in halbfertigem Zustand verlassen. Der Stahl rostet, der Beton zerfällt, und das Risiko eines Einsturzes steigt von Jahr zu Jahr.

Auf diesem Video von NOACOPTER sieht man die abenteuerliche Lage:

Der „Besondere touristische Entwicklungsplan Puntillo del Sol“ wurde am 26.09.1972 vom Gemeinderat verabschiedet und die Baugenehmigung an die Firma Puntillo S.A. vergeben. Der federführende Architekt war José Martell. Der touristische Entwicklungsplan wurde in großen Teilen in Stil einer Gartenstadt mit Einfamilienhäusern verwirklicht, im unmittelbaren Bereich der steil abfallenden Felsen setzte man aber auf mehrstöckige Hotel- und Appartmentkomplexe, von denen auch heute noch einige in Betrieb sind. Speziell die beiden Gebäude, die nun als Ruinen da stehen, wurden zwar auf städtischen Gelände errichtet, aber dieses war noch unerschlossen. Was letztlich die Ursache für die Einstellung der Bautätigkeit war, ist nicht mehr exakt nachvollziehbar.

Im Jahr 2000 wurden vom Umweltministerium ausdrücklich bestätigt, dass die beiden Gebäude „absolut legal“ errichtet wurden, und dass man sie „weiterbauen und fertigstellen“ könnte. Und dies obwohl inzwischen der gesamte Bereich dieses Küstenabschnitts zur Naturschutzzone erklärt wurde. Doch geschehen ist seither nichts.

Das Problem ist vielschichtig:

Alle beteiligten Parteien sind sich einig, dass das Skelett ein Schandfleck für die Küstenlandschaft ist und würden es am liebsten abreißen lassen. Das ist aber nicht möglich, weil man zuerst die Eigentümer des Grundstücks enteignen müssten, und diese könnten dafür eine beträchtliche Summe als Entschädigung fordern. Allerdings sind die Eigentümer derzeit nicht auffindbar, die ursprünglich beauftragte Firma gibt es nicht mehr. Bei einem Abriss wäre mit Sicherheit auch die darunter liegende Landschaft durch herabstürzenden Schutt gefährdet, dort wachsen von Aussterben bedrohte Pflanzen, die es nur hier gibt. Außerdem wäre die Stabilität der Felsen gefährdet, sodass Erosionsprozesse eintreten könnten, mit schwerwiegenden Folgen für die oberhalb stehenden Gebäude.

Nach dem heutigen Ordnungsplan PIOT (Plan Insular de Ordenación Territorial) steht das Gebäude außerdem in einer der Umweltschutzzonen „Küsten“, in denen nichts verändert werden darf:

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Geld für den Abriss ist ohnehin nicht vorhanden und in keinem Haushaltsplan vorgesehen, es wären langwierige Verhandlungen mit verschiedenen Regierungsstellen notwendig.

Ein Weiterbau ist absolut unmöglich. Die Stahlträger sind komplett verrostet und würden selbst in neuwertigem Zustand den heutigen Vorschriften nicht genügen, der Beton ist verrottet. Es existiert kein Anschluss an Wasser- und Abwassersysteme und an das Stromnetz sowie keine vernünftige Zufahrt, der lediglich 5m breite Weg ist völlig ungesichert.

Ein einziger Trost ist, dass die Gebäude von oben fast nicht zu sehen sind, außer man wohnt in einem der direkt benachbarten Wohnblocks. Direkt oberhalb steht ein anderes verwaistes Anwesen, dessen Wohnungen sich wohl auf Grund des Ausblicks auf das Skelett nicht mehr verkaufen lassen. Der Weg zur Ruine, auf dem die Anwohner früher ihre Hunde spazieren führten, ist mit einem Gittertor versperrt.

Der „Sonderplan zum Schutz der Küste von Acentejo“, der im November 2017 vom Cabildo überarbeitet wurde, sah einen Abbruch des Skeletts vor. Für den Inselrat für Gebietspolitik, Miguel Ángel Pérez, war dies die einzige Lösung des Problems.

Pérez ging davon aus, dass die enormen Kosten des Abbruchs die Eigentümer übernehmen müssten, gab allerdings zu, dass man die Eigentümer noch immer nicht ausfindig machen konnte. Außerdem ist völlig unklar, wie der Abbruch technisch überhaupt gemacht werden kann. Die steilen Felsen sind absolut unzugänglich, und darunter liegt ein Landschaftsschutzgebiet. Die Aktion wäre noch nicht juristisch abgesichert. Die immensen Kosten sind nicht absehbar, eine Schätzung gibt es noch nicht.

Die Nachrichten wiederholen sich: Der „Sonderplan zum Schutz der Küste von Acentejo“ wurde 2024 abermals vom Cabildo überarbeitet. Wenn er genehmigt wird, könnte der Weg für einen Abbruch frei werden.

Ein schönes Video mit Luftaufnahmen findest du hier:


Das Dorf, das man hier im Hintergrund sieht, ist El Caletón. Dazu gibt es einen extra Artikel: Im Abseits (II)

Unten gibt es einen schönen Spaziergang an der Küste von El Sauzal.

Gehe zu Google Map:

Quelle für einige Fotos „Doka Club“: http://vwalberto.blogspot.com.es/2011_04_01_archive.html

Wie ein ganzes Feriendorf verfällt, erfährst du in diesem Bericht: Tschernobyl.

Eine andere Hotelruine steht in Candelaria: Tenerife Tour.


Artikel-Nr. 18-0ABABC14


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8 Gedanken zu “Das Skelett (II)

  1. Pingback: 17.01.2018 # – Das Skelett von La Matanza | FlohBlog

  2. Im *El Caleton* habe lange gelebt und eine sehr glückliche Zeit verbracht! Der Blick auf die Ruine hat in der Tat den Genuss seit 1974 geschmälert! Wieso ist es nicht möglich, die Eigentümer (oder deren Erben) beispielsweise in Berlin zu lokalisieren! Schickt mir den Grundbuchauszug und dann sehen wir mal !

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  3. Auch wenn El Skeleton ein Schandfleck ist und einmal mehr die Wirren der Politik und Juristik zeigt, so kann man immerhin mit einem guten Feldstecher aus Puntillo del Sol Vögel beobachten die die Ruine „Nutzen“.
    Ich hätte ein Konzept zum Abriss durch dass weder die Hangstabilität gefährdet, noch Bauschutt in die Schutzzone gelangt. Die Methode wäre jedoch nicht grade günstig und auch nicht schnell. Mit Peripherieanlageninstalation ca. 20Monate à 5 Tage/Woche…Machbar ist alles, die Beteiligten müssen nur wollen. wenn Opern für 800 000 000 gebaut werden könnne, können auch Ruinen für 1 500 000 entfernt werden…

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  4. Ein Grund, warum an dem
    Gebäude nicht weitergebaut wurde war, dass die Baugesellschaft (verantwortlich waren ein Herr Brand aus Berlin und sein Partner) in die Insolvenz gingen. Meine Eltern hatten von dieser Baugesellschaft 1971/72 dort ein Haus gekauft. Sie konnten dann nur durch viel Einsatz erreichen, dass das Haus fertig gestellt und in das Grundbuch eingetragen wurde.

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