Sie sitzt im Parque Social La Quinta
Dieser Park ist es gewiss nicht wert, einen extra Ausflug dorthin zu unternehmen. Aber wer zufällig in der Nähe ist, sollte sich die Skulptur der Riesin von Santa Ursula einmal anschauen.
La Quinta ist ein zwiespältiger Ort. Einerseits ein hübsches Wohnviertel mit schönen Villen und Reihenhäuschen im älteren Teil, der schon vor rund 30 Jahren besiedelt wurde. Fantasievolle Wohnanlagen wechseln sich dort ab mit exquisiten Einfamilienhäusern. Auch ein bekanntes Luxushotel ist in der Nähe der Autobahn in Betrieb. Aber andererseits ist dieser Stadtteil eines der vielen Beispiele für städtebauliche Fehlplanung.
Auf dem zur Küste schräg abfallenden Plateau sollte weiter unten ein großes neues Baugebiet entstehen. Straßen wurden angelegt, mit Gehwegen, Wasser- und Stromversorgung, Straßenbeleuchtung. Aber je weiter man sich dem Meer nähert, um so trauriger wird die Siedlung. In diesem Bereich wollte einfach nach der Immobilienkrise niemand bauen. Leere, verlassene Straßenzüge und Gehwege voller Hundehaufen prägen das Bild, dazwischen immer wieder verrottete und längst verlassene Häuser.
Der Grund ist vielleicht ganz einfach: Die Hochfläche von La Quinta ist auf drei Seiten von steilen Felswänden begrenzt. Nirgends gibt es einen Zugang zum Meer. Es gibt weder Einkaufsmöglichkeiten noch Kneipen. Wer hier baut, weit abseits des Stadtzentrums, dem bleibt nur der Blick ins Blaue. Schöne Aussichtspunkte gibt es hier, aber auch abenteuerliche, teilweise völlig ungesicherte Wege. Ein anderer Grund ist heute offensichtlich. Die Grundstücke, die für rund 300 € pro Quadratmeter bei Maklern angeboten werden, sind völlig verwahrlost, Vandalismus greift immer mehr um sich. Die Straßenbeleuchtung ist zerstört, Kabel und Leitungen wurden geklaut, ja sogar die Gehwegplatten wurden teilweise abgebaut. Auf den freien Flächen gewinnt die Natur wieder die Oberhand, es wuchern Gebüsch und Unkraut und Kakteen.
In La Quinta leben rund 1500 Menschen. Vor allem die Anwohner im neueren Teil beschweren sich immer wieder bei der Stadt. Nicht nur über Müll, Ratten und Vandalismus, sondern vor allen darüber, dass die Stadt sich nicht kümmert. Die Kläranlage wurde an ungeeigneter Stelle gebaut und ging nie in Betrieb. Die Politiker schieben sich die Schuld am Debakel gegenseitig zu. Die Ex-Bürgermeisterin Milagros Pérez León (PP, 2011-2015), die selbst in La Quinta wohnt, sagt, eine Lösung der Probleme sei „sehr komplex“ und sucht die Verantwortlichen in der anderen Partei: „In unserer Regierungszeit haben wir es versucht, aber wir konnten nicht alles regeln, was die AISU (Agrupación Independente de Santa Ursula) in 30 Jahren nicht geschafft hat.“ Außerdem sind viele Flächen noch nicht einmal im Besitz der Stadt, sondern gehören Immobilienfirmen, die aber leider jegliches Interesse daran verloren haben. Die großen Reklametafeln stehen auf Müllhalden.
Auch der „Stadtpark“ ist nicht unbedingt ein Juwel, obwohl auch ein paar exotische Pflanzen dort zu finden sind. Durch mangelnde Pflege und Vandalismus sind in den vergangenen Jahren die Bewässerungsanlagen kaputt gegangen. Viele Pflanzen sind deswegen vertrocknet. An anderen Stellen läuft das Wasser unkontrolliert aus, und die Wege werden zum Sumpf. Von den 40 kubanischen Königspalmen, die im Jahr 2012 für 1800 € gekauft wurden, sind längst nicht mehr alle da.
Der Park wurde angelegt im Zusammenhang mit dem Festival Cultural SU Guiño im Mai 2012. Konzerte, Theatervorführungen, Geschichtenerzähler und gastronomische Angebote machten diesen Event zu einen Highlight des Jahres. Su Guiño bedeutet „sein Augenzwinkern“, aber es könnte das Zwinkern des Clowns sein, das Zwinkern des Sängers, oder das des Zuschauers. Da SU auch groß geschrieben ist, zwinkerte sich vielleicht auch ganz Santa Ursula (SU) zu.
Zur dritten Veranstaltung von SU Guiño im Herbst 2013 wurde dann auch die Skulptur der Riesin geschaffen. Die Gartenbaufirma Wisteria aus Los Realejos bekam den Auftrag, eine vertikale Gartenlandschaft in Verbindung mit einer Statue zu erschaffen. So entstand die 4m hohe, sitzende Frauenfigur aus Zement, deren Körper teilweise mit Pflanzen bekleidet ist. Die Blumen und Kletterpflanzen sind mit einem Gerüst befestigt und werden mit Bewässerungsschläuchen feucht gehalten.
Die Figur lehnt an einem bepflanzten Hügel aus Steinen. Sie neigt ihrem Kopf leicht zurück, ob sie schläft, verträumt einer Geschichte zuhört oder womöglich einem Spaziergänger zuzwinkert, ist nicht festzustellen. Man kann hinter ihrem Kopf auf eine kleine Plattform hinaufgehen oder zwischen ihren Beinen hindurch.
Sie sollte ein Wahrzeichen für ganz Santa Ursula werden. Aber nachdem das Festival 2014 zum letzten Male stattfand, geriet der Park immer mehr in Vergessenheit und wurde nicht mehr gepflegt. Die Wege wuchsen mit Unkraut zu und die Bänke wurden immer wackliger. Die kleine Teichanlage um die Aussichtsplattform herum bekam kein Wasser mehr und füllte sich mit Müll. Vielleicht wendete die Riesin auch deshalb den Kopf ab, weil sie das Trauerspiel nicht mehr sehen konnte.
Im Juni 2017 hat die Stadt einen neuen Anlauf gemacht, den Park wieder etwas attraktiver zu gestalten. Die kaputten Bewässerungsanlagen wurden erneuert und Unkraut entfernt. Die Kleider der Riesin wurden geflickt und sie bekam ein neues Fußbett aus Kies.
Fotos: Ayuntamiento Santa Ursula
Ob diese Maßnahmen nachhaltig dafür sorgen, dass der Park für die Bevölkerung wieder attraktiv wird oder sogar Besucher anlockt, bleibt abzuwarten. Vielleicht sollten auch die Bänke mal wieder neu gestrichen werden.
Anfahrt zum Park: Von der Autobahnausfahrt 29, Santa Ursula / La Quinta, parallel zur Autobahn. Bei beiden Linksabbiegungen geradeaus. Die Park liegt direkt unterhalb des städtischen Schwimmbads.
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Ganz unten an der Steilküste von La Quinta gibt es eine weitere kuriose Sehenswürdigkeit: Einen „Bunker“ aus dem zweiten Weltkrieg: Löcher im Fels.
Artikel-Nr. 27-2-75