Brunnen erzählen Geschichten.
Das Klima Teneriffas ist von langen Trockenzeiten geprägt. Ständig fließende Gewässer oder Seen gibt es nicht. Und wenn es im Winter mal regnet, dann rauscht das Wasser schnell durch die Schluchten Richtung Meer. Wasser zu speichern und für die Bevölkerung zu nutzen war deshalb schon immer eine wichtige Aufgabe. Besonders in die großen Städte musste zuverlässig und ausreichend Wasser geleitet werden.
In den Bergen, wo es öfters regnet, gibt es viele kleine Bäche und Quellen, die oft nur wenige Tage Wasser führen. Die Bauern sammelten das Wasser in Zisternen, die in den Fels gehauen wurden, und trugen es in Krügen ins Dorf.



In der Stadt war das schwieriger. Man darf nicht vergessen, dass einer der Faktoren für die Wahl der Stadt La Laguna als Hauptort für die ersten Siedler das Vorhandensein einer Lagune war, die einen großen Teil des Gebiets im fruchtbaren Tal einnahm, was gute Weidegründe für das Vieh bedeutete, die in der Anfangszeit so lebenswichtig und unerlässlich waren, und eine einfache und unkomplizierte Wasserversorgung, zumindest zu Beginn der Gründung der Stadt.

Auch die erste Ansiedlung von Santa Cruz befand sich am linken Ufer der Schlucht Barranco de Santos, wo eine halbwegs zuverlässige Wasserversorgung möglich war. Zusätzlich zu den natürlichen, aber seltenen Wasserströmen im Flussbett musste man mit steigender Bevölkerungszahl Brunnen anlegen, die ausreichend und mit größerer Sicherheit Wasser liefern konnten. Diese Brunnen (pozos) wurden von den ersten Siedlern sehr nahe am Grund der Schlucht gebohrt und lieferten offensichtlich eine bessere Wasserqualität als das Wasser aus den natürlichen Bächen. Das Wasser wurde durch das System der „Norias“ gewonnen, hölzerne Wasserräder, die von Tieren gedreht wurden. Bis heute gibt es in der Altstadt von Santa Cruz die „Calle de la Noria“. Einer dieser Brunnen, der „Pocito del Adelantado“, überlebte bis ins 17. Jahrhundert.

Private Brunnen oder Zisternen zur Speicherung des Wassers gab es nur in den Gärten und Höfen der Reichen, die sich diesen Luxus leisten konnten. Erst zu Beginn des 18. Jahrhunderts begann man damit, die 2200 Einwohner von Santa Cruz mit Wasser aus den Schluchten im Gebirge zu versorgen.
Im Jahr 1706 ordnete Generalkapitän Agustín de Robles an, einen Kanal zu bauen, um Wasser aus den Quellen des Monte Aguirre im Anaga-Gebirge zur Plaza del Castillo zu bringen. In deren Mitte wurde ein öffentlicher Brunnen (Pila) aufgestellt, damit die Bevölkerung von Santa Cruz zu jeder Jahreszeit mit Trinkwasser versorgt werden konnte. Das Echo in der Bevölkerung war so groß, dass die staubige alte Plaza de Armas, Plaza Real und heute Plaza del Castillo, ihren ursprünglichen Namen verlor und für mehr als ein Jahrhundert in Plaza de la Pila umbenannt wurde.


Das Wasser floss durch zwölf Kilometer lange, einfache Holzkanäle (atarjeas), die auf Pfählen standen, um das Wasser sauber zu halten und zu verhindern, dass die Tiere darin tränken konnten. Dieses System hatte den Nachteil, dass es sehr teuer war und durch die Fugen ständig Wasser verloren ging. Die Kanäle musste laufend repariert werden. André-Pierre Ledrú, ein französischer Reisender, schreibt in seinem Bericht: „Die öffentlichen Brunnen werden durch hölzerne Aquädukte von grober und unsolider Konstruktion gespeist. Ihre Konstruktion ist sehr einfach. Man stelle sich eine lange Reihe von Kiefernbalken vor, die in Form von Rinnen ausgehöhlt sind und an ihren Enden übereinander gestützt werden. Die Reparatur dieser Rinnen hat immense Summen gekostet, die ausgereicht hätten, um sie aus Stein zu bauen.“
Erst ab 1776 ersetzte man die hölzernen Leitungen durch Kanäle aus behauenen Steinen, die mit Ton abgedichtet wurden.
Innerhalb der Stadt zirkulierte das Wasser dann durch gemauerte Leitungen, die eingegraben und mit Platten abgedeckt waren und durch die Straßen verliefen, bis es die Casa del Agua erreichte, die sich in der Calle de Las Canales (heute Calle Ángel Guimerá) befand. Von hier aus wurde es in den Garten des Klosters Santo Domingo, in den Brunnen von La Pila, in die Zisterne der Burg von San Cristóbal und in die Quelle von La Aguada am Strand von La Alameda geleitet, um dort die Schiffe zu versorgen.
Das Wasser war für die Bevölkerung kostenlos. Die Schiffe mussten aber für die Wartung und Reparatur des Wasserleitungssystems eine Gebühr entrichten: 100 Reales für einen Atlantiksegler, 6 Reales für eine Fregatte, 4 Reales für Schiffe, die zu nicht benachbarten Inseln fuhren, und 2 Reales für Schiffe, die zu benachbarten Inseln fuhren.

Der Brunnen La Pila auf der heutigen Plaza de Candelaria war der erste öffentliche Brunnen der Stadt und ist noch immer vorhanden. Er hat die Form eines Kelches und ist aus lokalem Vulkangestein gehauen. In der Mitte und an der Spitze hatte er eine Tülle, durch die das Wasser in den Kelch und danach durch die Wasserspeier in Form von Masken floss. Darunter war noch ein Sammelbecken.
Am Rand des Kelchs ist in Stein eingraviert: „Im Jahr MDCCVI, während der Herrschaft von Felipe V., war Gouverneur der hervorragende Herr Generalkapitän Agustín Robles y Lorenzana“.



Im Jahr 1802 stürzte die Pila aus unbekannten Gründen zu Boden und zerbrach, wodurch sie unbrauchbar wurde. Für den Wiederaufbau wurden Steine aus einem Steinbruch in Pedro Álvarez (Tegueste) herbeigeschafft und die Teile mit Metallbolzen zusammengefügt.

Im Jahr 1813, als das Rathaus mit Blick auf die Plaza de la Pila eröffnet wurde, beschloss man, den Brunnen in den Garten der Burg von San Cristóbal zu verlegen, um das alltägliche und lästige Theater, die Streitereien und Auseinandersetzungen zu vermeiden, die die Wasserträgerinnen, die Soldaten und die Kinderschar veranstalteten, die jeden Tag kamen, um Wasser aus dem Brunnen zu holen. Ein anderer Grund war, dass sich der Platz mit der Zeit in einen dreckigen Sumpf verwandelte. Die Bevölkerung kam mit Karren, und beim Füllen der Behälter wurde viel Wasser verschüttet. Zusammen mit den Exkrementen der Esel und Maultiere bildete sich ein stinkender Schlamm, was den Herren im Rathaus gar nicht gefiel. Danach nutzte man die Gelegenheit auch, um den Platz mit Fliesen auszulegen.
Als 1844 der Brunnen Isabel II. in Betrieb genommen wurde, wurde die Pila abgebaut und auf einem städtischen Gelände gelagert, bis ein neuer Standort für sie gefunden war.
Ende des 19. Jahrhunderts rettete Anselmo J. Benítez, ein berühmter Industrieller, Stadtrat und erster stellvertretender Bürgermeister der Stadt Santa Cruz, die Brunnenschale vor dem Vergessen und ihrem möglichen Verschwinden, indem er ihre Überführung in die Gärten seines Hotels Villa Benítez beantragte, wo er auch ein Museum, ein Archivs und eine Bibliothek betrieb.
Im Zuge der Umgestaltung der Plaza de la Candelaria im Rahmen des Stadtentwicklungsplans von 1986 gaben die Erben von Anselmo J. Benítez den Brunnen an die Stadt zurück, damit er am alten Platz, der seinerzeit nach ihm benannt worden war, wieder aufgestellt werden konnte, wenngleich nicht an seinem exakten ursprünglichen Standort. Es wurde eine Tafel angebracht, die seinen Ursprung und seine Bedeutung erklärt.
Mitte des 19. Jahrhunderts mussten viele Bürger immer noch ihr Wasser aus den Höfen der Herrenhäuser oder Klöster holen, wenn sie die entsprechenden Beziehungen und das Geld dafür hatten. An der öffentlichen Fuente de la Pila gab es lange Schlangen, denn die Nachfrage war groß. Besonders im Sommer, wenn weniger Wasser floss, kam es oft zu Streit und Konflikten.

Ein anderer Generalkapitän, Francisco Tomás Morales y Afonso, weihte deshalb im Jahr 1838 den zweiten öffentlichen Brunnen in Santa Cruz im Stadtteil El Cabo ein. Aus Dankbarkeit dafür, dass er die Stadt mit reichlich und permanentem Wasser versorgt hatte, beschloss der Stadtrat, ihn Fuente de Morales zu nennen. Die Eröffnung feierte man in einem großen Fest mit Feuerwerk und Musik. Im oberen einen Rahmen liest man die Inschrift
Dedica Santa Cruz con celo ardiente
a tu nombre, Morales, esta fuente
Santa Cruz widmet mit glühendem Eifer
deinem Namen, Morales, diesen Brunnen
Heute ist er der Namensgeber der kleinen Straße, die vor dem alten Zivilkrankenhaus verläuft.



Der aus Basaltstein gefertigte Brunnen besteht aus dem Becken mit den Bögen, dem Gesims, dem Gebälk, vier Ausläufen in Form von Menschenköpfen und einem Behälter, der das Wasser auffing, mit dem die Tiere getränkt wurden. Im Jahr 1907 verdoppelte man die Anzahl der Wasseranschlüsse, indem man Rohre zwischen die bestehenden Anschlüsse platzierte. Im Jahr 2010 musste er wegen der Eröffnung der Straße, die seinen Namen trägt, um einige Meter versetzt werden.

Wie schon erwähnt, hatte der Generalkapitän Agustín de Robles 1706 den Brüdern des Dominikanerklosters La Consolación das Recht auf eine Wasserversorgung zur Bewässerung ihrer Gärten eingeräumt, doch gingen diese Güter später in den Besitz der Gemeinde über, und auf dem durch den Abriss entstandenen Gelände wurde das Theater Guimerá errichtet.
Der vierstrahlige Brunnen, der sich in dem erwähnten Obstgarten befand, wurde 1893 zum Brunnen von Santo Domingo. Er bestand aus einem Gefäß, in dessen Mitte eine quadratische Basaltsäule stand, die von einer großen, ebenfalls aus Stein gefertigten Kugel gekrönt wurde. Dieses Werk des Stadtarchitekten Antonio Pintor y Ocete war aus einheimischem Stein gehauen, hatte vier Wasserhähne und wurde von einer Laterne gekrönt, die heute verschwunden ist.







Daneben steht seit dem Jahr 2000 die Skulptur „Die Wasserträgerin“ des Künstlers Medín Martín, die vom Rathaus in Auftrag gegeben wurde, um einen der Berufe zu würdigen, den die Frauen von Santa Cruz bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts ausübten: Sie holten Wasser aus den öffentlichen Brunnen und trugen es gegen Bezahlung auf dem Kopf zu den Häusern, die es benötigten. Ihre Rolle war sehr wichtig, vor allem in Dürreperioden, da die Wasserversorgung nicht geregelt war und viele der Häuser nicht über diese Ressource verfügten.
Die Aguadoras (Waserträgerinnen) mussten ab 1835 nach einem Erlass der Stadt auch Uniformen tragen, die Kosten dafür mussten sie zu einem Drittel selbst bezahlen, zwei Drittel übernahm die Stadt. Außerdem wurde auch ein Plan erstellt für die Tage und Zeiten des Wasserholens an der verschiedenen Brunnen.
Der dritte öffentliche Brunnen der Stadt wurde am 25. August 1845 am Anfang der Calle de La Marina in Betrieb genommen. Er trägt den Namen Isabel II. Er ist aus bläulichem Basaltgranit gefertigt und weist die typischen Merkmale des romanischen Klassizismus auf. Er besteht aus einem langen Becken, einem ersten Korpus, der von sechs toskanischen Säulen gebildet wird, die den Fries tragen, und einem zweiten Korpus oder Aufsatz, der vom Stadtwappen gekrönt wird. In der Zwischensäule befinden sich fünf Räume mit bronzenen Löwenköpfen, aus denen das Wasser in das längliche Becken fällt, zu dem man über eine Treppe gelangt. Dahinter befindet sich das Reservoir, das den Brunnen selbst mit Wasser versorgte, um die Alameda de la Marina zu bewässern und die Schiffe zu versorgen.






Der Entwurf des Brunnens wurde Pedro Maffiote Arocha (1816-1870) anvertraut, einem Techniker für öffentliche Arbeiten und Professor an den Schulen für Schöne Künste und Nautik in der Hauptstadt.
Die Gesamtkosten beliefen sich auf 32 000 Reales, zu denen das politische Oberhaupt 3000 Reales aus den Spielhöllen beisteuerte, und Bartolomé Cifra, der Bürgermeister der Stadt, der den Rest des Geldes vorstreckte. Um die ihm geschuldeten 11 500 Reales zu bezahlen, wurde ihm das Haus an der Plaza de la Iglesia abgetreten, das zwischen 1826 und 1837 vom Rathaus genutzt worden war.
Es gab noch mehrere andere Chorros, die heute verschwunden sind: Der Chorro de los Caballos (1805) diente besonders als Tiertränke. Er wurde unter dem Generalkapitän der Kanaren, Marqués de Casa Cajigal, gebaut und bestand aus einem Basaltkörper mit vier Wasserspeiern.


Die Fuente de Puerto Escondido wurde aufgrund des Bedarfs an Wasser für die Bevölkerung in der Umgebung von Los Toscales gegründet. 1820 wurde vereinbart, ihn unter dem Namen Chorro de Arriba an der Ecke der Calle de San Roque und der Calle del Norte zu errichten, und er blieb dort bis 1845, als er an einen neuen Standort in der Nähe der Plaza del Patriotismo verlegt wurde. Schließlich wurde er 1912 erneut an den Eingang des Freizeitparks verlegt, etwas weiter oben und in der Straße Puerto Escondido, und verschwand 1932.
Im Hafen gab es noch den Chorro del Muelle (1813) zur Versorgung der Schiffe.
Anfang des 20. Jahrhunderts änderte sich die Trinkwasserversorgung der Stadt grundlegend. Jetzt wurden in den Bergen Wasserstollen gebaut, die in der Lage waren, wesentlich größere Mengen zu liefern. Schließlich war die Nachfrage durch das Wachstum der Stadt deutlich gestiegen. Insbesondere aus dem Anaga kam das Wasser über gemauerte Kanäle in die Stadt, aus den Stollen von Aguirre, Catalanes und Chabuco.
Am 30. Dezember 1942 genehmigte der Stadtrat die Gründung des Unternehmens EMMASA (Empresa Municipal de Abastecimientos y Suministros de Aguas). Es sollte die Grundlagen schaffen, um eine sichere Wasserversorgung der Bevölkerung zu gewährleisten.

Die 1970er Jahre markieren eine neue Etappe in der Geschichte der Wasserversorgung von Santa Cruz. Die Aufgabe des Unternehmens war die Erweiterung und Verbesserung der Versorgung einer Stadt, die ein starkes demografisches Wachstum erlebte. Im Rahmen eines Ausbauplans wurde das Problem durch den Bau von Kanälen im Norden (Orotava) und im Süden (Escobonal) gelöst, die jeweils in der Lage sind, die starke Nachfrage zu bewältigen. So wird heute auch aus größerer Entfernung, z.B. aus Aguamansa oder den Bergen von Güímar das Wasser in die Hauptstadt transportiert. Die EMMASA (jetzt Empresa Mixta de Aguas de Santa Cruz) ist heute eine Aktiengesellschaft im mehrheitlichen Besitz des Unternehmens Sacyr.
Heute gehören die alten Chorros zum historischen Erbe von Santa Cruz und sind materielle Zeugnisse des 19. Jahrhunderts. Es sind nicht unbedingt die größten Sehenswürdigkeiten der Stadt und bleiben bei einem Stadtrundgang oft unbeachtet. Doch sie erinnern daran, dass die heute so selbstverständliche Wasserversorgung in früheren Zeiten nicht immer so bequem war.
Lies zum Thema Wasserversorgung von Santa Cruz auch die Artikel Canal de Chabuco und Canales de Valleseco.
La Orotava wurde ebenfalls über eine weite Strecke mit Wasser versorgt: Stadt der Mühlen.
Mehr über die wichtigste Schlucht Teneriffas findest du hier: Barranco de Santos.
In Puerto de la Cruz werden im Juni die Brunnen reich mit Blumen geschmückt: Zu Ehren des Wassers.
Quelle (u.a.) und historische Fotos:
Artikel-Nr. 26-0F858BAC
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