Stau auf der Straße, Stau im Hafen.
Wer auf die Autobahn muss, kommt um den Stau nicht mehr herum. La Laguna, Los Cristianos, Las Chafiras, die Nordautobahn,… die täglichen neuralgischen Punkte sind bekannt. Doch auch im Hafen von Los Cristianos geht manchmal nichts mehr. Gedanken und Rezepte gegen den Stau gibt es viele. Doch es hakt bei der Umsetzung, und wenn, dann dauert es viel zu lange.
Schon mancher Tourist hat seinen Flieger verpasst, weil er nicht mit dem Stau gerechnet hat. Wer morgens nach Santa Cruz zur Arbeit muss, fährt besser zwei Stunden früher los, und kann mit viel Glück noch eine Stunde im Auto schlafen. Die Fähren zu den Nachbarinseln können den Andrang nicht mehr verkraften.
Rosa Dávila wurde im Juli 2023 Inselpräsidentin und hat sich als wichtigste Aufgabe die Lösung der Verkehrsprobleme vorgenommen. Sie wollte es in 90 Tagen schaffen… und gab einen Plan mit 70 Maßnahmen heraus. Es wurden einige kleine Verbesserungen umgesetzt, aber die großen Projekte kommen nicht in die Gänge: Die Eisenbahn in den Süden, die drei Spuren der TF-5, die Verlängerung der Straßenbahn zum Flughafen, dabei hat sich noch kein Stein bewegt. Die Eröffnung des Tunnels unter dem Erjos-Pass musste auch verschoben werden. Bizarre Ideen gibt es genug: Ein Transrapid über der Autobahn oder ein Tunnel quer durch die Insel (Lies dazu Mit 180 durch den Berg). Das enorme Bevölkerungswachstum auf der Insel überrennt jeden Plan und jede Idee.
Doch nicht nur auf den Straßen stockt der Verkehr. Dringend gelöst werden sollten auch die Probleme im Hafen von Los Cristianos. Er hat die Grenze seiner Leistungsfähigkeit erreicht. Seit 30 Jahren wurde an seiner Infrastruktur nichts mehr verbessert. Die Stellflächen im Hafen sind nicht ausreichend, die Zufahrtsstraßen überlastet, und die zwei Anlegeplätze sind für die modernen und größeren Schiffe zu klein. Schon jetzt ist der Katamaran Volcán de Tirajana für den Kai zu lang und ragt über den Schutz der Mole hinaus. Bei schwieriger See müssen aus Sicherheitsgründen die anderen Schiffe warten, bis der Katamaran Platz gemacht hat. Dies führt zu einem regelrechten Stau vor der Hafeneinfahrt und zu bedeutenden Verspätungen.

Von 2010 bis 2024 ist die Zahl der Passagiere um 53 % gewachsen, die Zahl der Fahrzeuge hat sich mehr als verdoppelt. In diesem Zeitraum ist die durchschnittliche Zahl der Passagiere pro Schiff von 306 auf 543 und die Anzahl der transportierten Fahrzeuge von 52 auf 124 gestiegen. An den Wochenenden sind viele Arbeitspendler von und zu den Nachbarinseln unterwegs. In den Sommerferien, zu Weihnachten und Ostern verdreifachen sich die Zahlen. Die Vorhersagen für die Zukunft zeigen, dass irgendwann nichts mehr geht.



Eine kleine Verzögerung oder ein kleiner Unfall würde den Zusammenbruch bedeuten, mit großen Problemen für die Versorgung der Nachbarinseln La Gomera, La Palma und El Hierro, denn diese sind ausschließlich auf den Transport vom Hafen Los Cristianos aus angewiesen. Dort sieht man diese kritische Situation als enormen „logistischen Knoten“.
In der Semana Santa 2025 sind 20 000 Fahrzeuge und 72 000 Passagiere im Hafen unterwegs. Allein am letzten Wochenende der Osterferien rechnet man mit 5000 Fahrzeugen und 26 000 Passagieren, die von den anderen Inseln zurück kommen. Sie brauchen eine Stunde, um aus dem „Gefängnis“ des Hafens heraus bis zur Autobahn zu kommen. Die schweren LKWs verstopfen die Straßen in der Stadt noch zusätzlich. Weniger Handelswaren auf den Schiffen, um mehr Menschen transportieren zu können, ist auch keine Lösung.

Rosa Dávila und der kanarische Präsident Fernando Clavijo sind sich einig: Los Cristianos ist seit 50 Jahren das Zentrum des interinsularen Verkehrs. Jetzt ist die Situation „dringend und unaufschiebbar“. Es muss gehandelt werden.
Es gibt schon einen Plan, genauer gesagt, eine Studie. Sie sieht den Ausbau von Anlegestellen, Plattformen, Straßensystemen, Fußgängerüberwegen und den Bau von Kreisverkehren vor. Ein mehrstöckiges Parkhaus ist geplant und vielleicht sogar ein Tunnel unter der Montaña Chayofita, um den Verkehr von und zur Autobahn zu verbessern. Dieses Projekt wird eine radikale Umgestaltung des Hafens mit sich bringen und tiefgreifende Auswirkungen auf das Leben der Einwohner von Los Cristianos haben. Überraschenderweise werden in der Studie weder die Umweltfolgen noch die Auswirkungen auf die Familien, die örtliche Wirtschaft, den Handel und den Fremdenverkehr angemessen analysiert.




Der Ausbau der Wellenbrecher, Molen und Stege könnte verheerende Folgen für den Strand und die Bucht von Los Cristianos haben, die fast vollständig verschwinden könnten. Auch der Strand Las Vistas, auf den mehr als 60 % des touristischen Angebots von Arona entfallen, wäre davon betroffen. Das berühmte Einkaufsviertel der „Goldenen Meile“ wird von diesen Veränderungen nicht verschont bleiben.


Die Studie geht nicht angemessen darauf ein, wie sich diese Arbeiten auf die Bucht von Los Cristianos und Las Vistas auswirken werden. Weit außerhalb des Hafens könnten übermäßige Sandverlagerungen auftreten und das gesamte marine Umweltsystem der natürlichen Bucht von Los Cristianos könnte zerstört werden.

Deshalb kommt Widerstand aus dem Rathaus von Arona. Die Bürgermeisterin Fátima Lemes ist gegen jeglichen Ausbau des Hafens, auch aus einem anderen Grund. Sie argumentiert, dass ein Ausbau des Hafens die Verkehrsüberlastung nur verstärken würde und dass die Jahre langen Bauarbeiten ein Chaos in der Stadt bringen und das tägliche Leben, die Unternehmen und den lokalen Tourismus negativ beeinträchtigen würde.
Ablehnung kommt auch von Anwohnervereinigungen und dem lokalen Handel: „Wenn ihr beschließt, den Hafen auszubauen, habt ihr das Volk gegen euch.“ „Ohne vernünftigen Plan sehen wir nur noch mehr Chaos.“ Dies sind deutliche Botschaften an die Politiker.
Hinzu kommen administrative und gesetzliche Probleme auf europäischer Ebene, denn direkt vor dem Hafen liegt das Meeresschutzgebiet Teno-Rasca, und bei der Festlegung der Zona de Especial Conservación (ZEC) wurde eine Erweiterung des Hafens nicht berücksichtigt. In diesem Gebiet leben viele schützenswerte Wale, Delphine und Schildkröten.


Neue Studien sind notwendig. Was passiert mit der Wirtschaft, dem Tourismus und der Gesellschaft während der Umbauphase? Kann ein neuer Hafen überhaupt die Anforderungen der Nachbarinseln in der Zukunft abdecken? Welche Einflüsse sind zu erwarten für den Verkehr auf der Autobahn und den Anschlussstellen, zum Flughafen und zur Nordküste? Und wo soll das Geld herkommen?
So mancher Tinerfeño fragt sich, warum offenbar genug Geld für den Bau einer Formel-1 Rennstrecke vorhanden ist, aber nicht für dringendere Vorhaben.
Und selbst wenn es jetzt einen Plan gibt, der Umbau von Los Cristianos würde Jahrzehnte dauern. Zu lange. Irgendwann geht gar nichts mehr. Es gibt ja auch noch andere Häfen.
Fonsalía

Schon seit 1995 ist es im Gespräch, etwa 20 km weiter nördlich einen neuen Hafen zu bauen. Dort wurde sogar ein Freiraum in der ZEC vorgesehen. Das Projekt Fonsalía in der Nähe von Playa de San Juan sieht den völligen Neubau eines Hafens vor mit allen erdenklichen Infrastruktureinrichtungen. Jachthafen, Fischerhafen, Anlegestellen für Kreuzfahrtschiffe und Fähren und einer Verbindung des Hafens mittels einer Brücke.
Als Pedro Martín vor 30 Jahren Bürgermeister von Guía de Isora wurde, wollte er sich genau mit diesem Traum profilieren. Er wurde massiv unterstützt von Casimiro Curbelo, dem Inselpräsidenten von La Gomera, der sich inzwischen mit Rosa Dávila in einem heftigen politischen Streit um die Alternativen Los Cristianos oder Fonsalía befindet.

Abseits der politischen Meinungsverschiedenheiten kam das Colegio de Ingenieros de Caminos, Canales y Puertos zu klaren Ergebnissen. Der Bericht der Ingenieure, veröffentlicht im Februar 2025, zeigt eindeutig, dass der Hafen in Fonsalía im derzeitigen Planungszustand wirtschaftlich und sozial nicht vertretbar sei, nicht über optimale natürliche Bedingungen verfüge und unabsehbare Umweltschäden in der ZEC verursachen würde.

Wenn er gebaut würde, dann müsste er sich auf die absolut notwendigen Einrichtungen beschränken, nämlich auf einen Fähranleger. Rein verkehrstechnisch gesehen wäre Fonsalía ein idealer Standort. Die Fahrzeiten würden sich deutlich verkürzen, -22 % nach La Gomera, -16 % nach La Palma und -3 % nach El Hierro. 1830 Stunden pro Jahr könnten eingespart werden, für die Schiffsunternehmen ein guter wirtschaftlicher Vorteil.
Widerstand kommt auch von sämtlichen Verbänden der Natur- und Umweltschützer. Die Bürgerinitiative „Salvar Fonsalía“ kämpft seit Jahren gegen den Hafen und erreichte sogar mit einer Petition, dass im Oktober 2021 sich die kanarische Regierung gegen den Bau ausgesprochen hat. Fonsalía ist auf Eis gelegt.
Granadilla
Nicht wenige Tinerfeños fragen sich, warum der Bau eines neuen Hafens vorgeschlagen wird, wo doch in Granadilla seit vielen Jahren riesige Anlagen zur Verfügung stehen, insbesondere wenn sie sehen, dass dort nur selten ein Schiff einläuft. 225 Millionen Euro wurden dort investiert und richtig große Frachter könnten dort anlegen, aber noch einmal der gleiche Betrag müsste fließen, damit der Hafen voll funktionsfähig wäre. Sieben Jahre nach seiner Fertigstellung gibt es immer noch keine Schlepper, um die Schiffe in den Hafen zu leiten. Sie müssen extra aus Santa Cruz herbeigeholt werden um die Frachter sicher zur Anlegestelle zu bringen, denn in diesem Küstenabschnitt sind die ständigen und starken Winde ein großes Problem.


Mehrere Bohrinseln aus der Nordsee wurden hier repariert, und 2019 km das größte Schiff der Welt hier her zur Reparatur (siehe Das größte Schiff der Welt). Aber für einen geregelten Fährverkehr ist der Hafen von Granadilla denkbar ungeeignet. Nicht zuletzt wegen der geographischen Lage. Die Schiffe zu den „grünen Inseln“ müssten jährlich 145 000 Meilen mehr zurücklegen, das wären 70 % mehr nach La Gomera und 22 % mehr nach La Palma bzw. El Hierro.
Santa Cruz
Der größte Hafen mit über 7 Millionen Passagieren jährlich ist ausschließlich auf Verbindungen nach Gran Canaria oder Kreuzfahrtschiffe festgelegt. Die Lage am anderen Ende der Insel macht es nicht sinnvoll, von hier aus einen Service zu den westlichen Inseln anzubieten. Es ist keine Nachfrage vorhanden. Lediglich das Unternehmen Armas-Transmediterránea bietet einmal pro Woche eine Verbindung nach La Palma an.
Für die Stadt ist aber der Kreuzfahrt-Tourismus ein unverzichtbarer wirtschaftlicher Pfeiler. Hier erfährst du mehr: Hafen mit Zukunft.
Garachico

Im 17. Jahrhundert war es der wichtigste Hafen Teneriffas. Alle Segelschiffe auf dem Weg nach Amerika machten hier Station. Doch nach dem Vulkanausbruch von 1706 versank der Ort in der Bedeutungslosigkeit.
2012 wurde dort ein kleiner Sporthafen für Boote bis 15 m Länge eröffnet, aber nur wenige Freizeitsegler kommen dort vorbei. Das Meer ist zu wild in dieser Gegend und die Einfahrt in den Hafen zu schwierig. Rein verkehrstechnisch ist ein Fährverkehr von Garachico aus schon wegen der Lage des Ortes unmöglich.
Puerto de la Cruz
Ein riesiges Gelände, das nur als Parkplatz und für Freizeitveranstaltungen genutzt wird, bietet sich geradezu an, über einen leistungsfähigen Hafen nachzudenken. Die Stadt wartet schon seit 500 Jahren auf eine direkte Schiffsverbindung mit La Palma. Im Haushalt von 2024 hatte die Inselregierung eine Million Euro bereitgestellt zur Aktualisierung der bestehenden Pläne und Projekte.
Es gab eine Menge Schlagzeilen, Ideen, Forderungen, Ankündigungen, Pläne und sogar Modelle, wie das des damaligen Bürgermeisters Marcos Brito ab 2003. Davor, seit dem Franco-Regime und den ersten demokratischen Körperschaften, gab es bereits viele Spekulationen über die Gestaltung der Esplanade, die Größe des Docks und die Frage, ob Passagierschiffe dort hineinpassen sollten oder nicht. Der Inselrat für Häfen, Lorenzo Dorta, riet Brito, das ehrgeizigere Projekt zu verwerfen und sich wie Garachico für ein bescheideneres zu entscheiden. Doch er beharrte darauf, und so kam es zu der gegenwärtigen Sackgasse.
So stellte sich Carlos Alonso, ehemaliger Inselpräsident, das Projekt schon im Jahr 2016 vor:

Der direkte Seeweg nach La Palma wäre nur unwesentlich kürzer, von Santa Cruz aus gesehen wären es aber insgesamt 20 % weniger. Dieses Argument ist fadenscheinig und längst nicht ausreichend.
Wer soll das bezahlen? Das ist die entscheidende Frage. Zahlen wurden genannt, aber die Dimensionen übersteigen bei weitem die Fähigkeiten der öffentlichen Hand. 2016 sollte es 156 Millionen Euro sein, die Hälfte davon wollte die Inselregierung beisteuern. Doch das ist lange her. Damals wurde gesagt, dass die Arbeiten Ende 2017 beginnen könnten… Die Zahlen wurden mehrfach korrigiert, nach oben und nach unten, je nach Bedarf.
Carlos Alonso sagte 2016: „Wenn wir es jetzt nicht machen, wo das Interesse, der Wille und das Geld vorhanden ist, was machen wir dann? Warten wir noch einmal 15 Jahre?“ Aber er fügte an: „Es sind noch einige Fragen offen.“
2021 kam von der kanarischen Regierung die Ansage, dass es in den letzten zehn Jahren keinen Haushaltsposten für den Hafen von Puerto de la Cruz und dies auch in der nahen Zukunft nicht vorgesehen ist.
Kurz und knapp: Puerto de la Cruz als Alternative für Los Cristianos ist nichts als ein politischer Wunschtraum. „Das erleben nicht mal meine Enkel“, sagt man in der Stadt. Nichts bewegt sich.
Eines ist klar: Eine schnelle Beseitigung des Staus im Hafen von Los Cristianos wird es nicht geben. Wer eine Fähre gebucht hat, sollte viel Zeit einplanen und in Stoßzeiten rechtzeitig buchen.

Eine gewisse Erleichterung kam im Juli 2025, als das Schifffahrtsunternehmen Fred Olsen bekannt gab eine neue Route, ausschließlich für den Warentransport, zwischen Santa Cruz und La Palma zu eröffnen. Denn auch das Handelsvolumen zwischen Teneriffa und La Palma ist von 2023 auf 2025 um 17,2% gestiegen. Die neue Verbindung wird eine spürbare Verbesserung bringen, nicht nur für den Hafen, sondern auch für den Transport auf der Autobahn.
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Lies als Hintergrundinformation auch, wie sich die Stadt Los Cristianos entwickelt hat: Stadtlandschaft.
Artikel-Nr. 04-026393B2
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Sehr interessant und Informativ!
Kenne los cristianos noch von 1991! Keine 10 Pferde würden mich heute mehr dort hin bringen!
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