Die Manta Esperancera.
Es gibt viele historische Hinweise auf die Decke, die die Bauern früher als wärmendes Kleidungsstück trugen und auch heute noch benützen. Die Kälte in den feuchten, hochgelegenen Gebieten der Inseln führte zu einem merkwürdigen Phänomen: Bettdecken wurden zum Kleidungsstück der Landbevölkerung. In La Esperanza steht ein Denkmal dafür.

Die Wurzeln der Verwendung dieses Kleidungsstücks gehen auf die engen Handelskontakte zwischen den Kanarischen Inseln und England und auf die damals übliche Einfuhr von Decken zurück, die die natürliche weiße Farbe der Wolle hatten und an den Enden mit blauen Streifen versehen waren. Sie waren wasserdicht und warm, was sie zu einem großartigen Verbündeten gegen Regen und Kälte machte. Die Decke wurde in zwei Hälften gefaltet, am Hals gerafft und als Mantel verwendet. Die Bauern hängten sie sich über die Schultern, um sich zuzudecken und sich vor dem schlechten Wetter zu schützen. Sie fiel bis unter die Knie und berührte fast den Boden. Sie war angenehm im Griff, leicht und sehr nützlich nicht nur gegen Kälte, sondern auch gegen Regenwasser. Die „Manta“ misst 2,60 mal 2,15 Meter und wird in zwei unterschiedlich große Teile gefaltet. Der längere ist der äußere Teil, der Rest der Decke hängt an der Innenseite, nachdem die Länge des äußeren Teils an die Körpergröße der Person angepasst worden ist.

Die „Manta“ ist eines der traditionellen Kleidungsstücke auf unserer Insel. Wann sie zum ersten Mal verwendet wurde, ist unklar, obwohl es historische Informationen gibt, die ihre Existenz mindestens seit Anfang des 19. Jahrhunderts belegen. Es gibt eine Fülle von Schriften über die typische Kleidung von verschiedenen Autoren, Reisenden, die die Inseln und ihre Bewohner bei ihren Besuchen kennengelernt haben. Es gibt sogar Leute, die sie bis ins 16. Jahrhundert zurückverfolgen und damit versuchen, an die Trachten der Ureinwohner anzuknüpfen.


Viele der Hinweise stammen aus Illustrationen, die mit außerordentlicher Zuverlässigkeit von Autoren wie Alfred Diston und Pereira Pacheco gezeichnet wurden, sie zeigen die vielfältigen Formen des Kleidungsstücks. Die Mantas wurden auf dem Land und in den unwirtlichen Klimazonen ebenso verwendet wie in den Städten und waren bei Festen, Spaziergängen und religiösen Feiern ein gängiges Kleidungsstück, und die Bauern wurden selten ohne dieses komfortable Kleidungsstück gesehen, so Diston. Manchmal wurde ein Stein in den Saum eingenäht, der dazu diente, dass der Wind sie nicht so sehr bewegte, aber zur Not auch als Verteidigungswaffe.
In einem Text von Alfred Diston, der die Zeichnung „Man of Tacoronte“ aus seinem Album (Costumes of The Canary Islands, London, 1826) begleitet, heißt es: „Der auffälligste Teil seiner Kleidung besteht aus einer englischen Decke, die über ein Stück Seil gefaltet ist, das ihm um den Hals gebunden ist. Dieser bildet einen Mantel, der ihn vor den ergiebigen Regenfällen schützt, die auf den hochgelegenen Boden fallen, auf dem er lebt, und darin eingewickelt verbringt er die Nacht, ohne sich auszuziehen, auf dem Lehmboden seiner armseligen Hütte oder auf einem Bett aus Stroh. Von allen nach Teneriffa eingeführten Decken wird nicht einmal ein Viertel zum Beziehen der Betten verwendet, fast alle Bauern tragen sie so wie hier abgebildet“.

Besonders im zentralen Bergland bei La Esperanza, wo das Wetter oft kühl und feucht ist, war der Umhang sehr beliebt, was ihm auch den Namen „Manta Esperancera“ gab. Wobei Historiker behaupten, dass dieser Name erst später entstanden sei. Der Umhang sei schon immer als „Manta del Pastor“ bekannt gewesen, der „Hirtenmantel“. Die Zeichnung von Diston zeigt allerdings keinen Hirten, sondern einen Bauern, der Kohl erntet. Auch deshalb gibt es Streit um die wirkliche Herkunft der Manta. Denn Kohl wurde früher und wird noch heute in der Gegend von Tacoronte viel angebaut. Dort, wo sich Diston vornehmlich aufhielt.
Berühmt wurde die Manta Esperancera durch die Musikgruppe Los Sabandeños. Enrique Martín Quique, der Gründer und Co-Leiter der Gruppe, suchte 1967 nach Möglichkeiten, die Mitglieder der Gruppe zu kleiden, die sich gerade in den Anfängen befand und noch kein öffentliches Image hatte Er kam auf die Idee, eine eigene Decke auf die Schultern der ersten Sabandeños zu legen, die dann so zur Illustration der ersten Platten-Covers fotografiert wurden. So entstand das Bild, das wir alle von den Sabandeños kennen und das die Manta Esperancera oder Manta Sabandeña zu einem Symbol der Identität Teneriffas gemacht hat, auch wenn es korrekterweise vielleicht Manta Tacorontera heißen müsste.
In Punta del Hidalgo, direkt an der TF-13, steht ein Denkmal für die Sabandeños, natürlich eine Manta, aus der eine Timple herausragt, geschaffen von dem Künstler Fernando García Ramos und errichtet am 4. Oktober 1986. Die kolossale Statue ist 4,20m hoch und wiegt 40 Tonnen. Bemerkenswert ist, dass sie mit privatem Geld finanziert wurde und die Mitglieder der Sabandeños den Spendern ein persönliches Zeugnis ausstellten.



Natürlich tragen die Sabandeños bei ihren Auftritten keine Original-Manta, sondern nur eine leichte, einfache Variante. Hier ein Video:

Die Manta Esperancera, wie wir sie heute kennen, ist typisch für Teneriffa. Auf anderen Inseln gab es auch solche Decken mit ähnlicher Funktion, aber sie waren von anderem Stil. Auf Teneriffa hat sich diese Art von Decke jedoch erhalten und wurde vom Symbol der Bauern zu einem symbolischen, traditionellen Kleidungsstück der Kanaren. Sogar mitten in Santa Cruz gibt es ein kleines Denkmal mit einem Bauern, der die Manta trägt, begleitet von seinem Schäferhund.




Im Jahr 2018 hat die Stadtverwaltung die Plaza del Adelantado neu gestaltet und verschönert. Der Platz gleich neben dem Rathaus ist gleichzeitig das Eingangstor in den Bosque del Adelantado. Direkt hinter der Statue beginnt ein Weg in einen der schönsten und ältesten Wälder der Insel. Es ist ein kleines Stück Nebelwald mit Lorbeerbäumen und Baumheide, der einzige Lorbeerwald der Insel, der mitten im Stadtzentrum liegt. Man muss einen feuchten und nebligen Tag für diesen Spaziergang aussuchen, nicht nur wegen den gespenstischen Lichtverhältnissen, sondern auch um zu fühlen, wie gut eine Manta Esperancera jetzt sein könnte.
Es gibt einen etwa 800m langen Spazierweg durch das enge Tal mit phantastischer Vegetation. Der Weg ist aber das ganze Jahr über feucht und schlüpfrig. Auch der Fernwanderweg von La Laguna nach Arona führt durch diesen Wald, er ist mit roten Schildern markiert.










Gehe zu Google Map:
Lies auch diese Geschichte: Der Mann im Nebelwald.
Artikel-Nr. 7-5-221
Pingback: Der Mann im Nebelwald | Mein Teneriffa - Mi Tenerife