Jagdfieber

Tradition und Freizeitvergnügen.

Im August geht es wieder los: Die Kaninchenjagd beginnt. Pickups mit einer Meute von Jagdhunden und Männer mit Tarnuniformen und Gewehren sind auf den Pisten in den Bergen unterwegs. Wenn das Jagdteam am Ende des Tages zwei oder drei Langohren mit nach Hause bringt, ist die Freunde groß. Dann gibt es am Wochenende „Conejo en Salmorejo“, Kaninchen in Kräutersauce.

Mit der spanischen Kolonisierung der Insel wurde auch das Kaninchen eingeführt. Im 16. Jahrhundert stammte ein großer Teil des tierischen Eiweißes, das die Menschen zu sich nahmen, von Wildtieren, wenngleich diese auch durch Haustiere ergänzt wurden. Um die Ansiedlung der Spanier auf Teneriffa zu erleichtern, führten ihre Statthalter andalusische Kaninchen ein. Diese haben die Insel schnell besiedelt. Es wurde berichtet, dass „sie sich so sehr vermehrten, dass sie begannen, die Weinstöcke und das Brot zu zerstören, so dass sie es bereuten, sie mitgebracht zu haben. Sie fressen Kräuter, Wurzeln, Körner, Hülsenfrüchte, Früchte, Sträucher und Bäume, und wenn es nicht der Krieg wäre, der mit Frettchen und Hunden gegen sie geführt wird, würden sie die Bauern dazu bringen, ihr Land zu verlassen“.

Nach ihrer Einführung wurde die Jagd in den ersten Jahren verboten. Bald darauf mussten sie kontrolliert werden.

Bereits im 16. Jahrhundert war das Kaninchen ein wichtiger Bestandteil der Tierwelt und der Jagdkultur Teneriffas. Seitdem haben die Inselbewohner Hunde und Frettchen für die Jagd auf diese Kaninchen ausgewählt. Sie haben auch meisterhaften Jagdtechniken für das Teneriffa-Kaninchen entwickelt. Doch heute sind diese Kultur und Tradition sowie die Kaninchenpopulationen bedroht. Die Verschlechterung der Wildlebensräume, die Aufgabe der traditionellen Berglandwirtschaft, die intensive Landwirtschaft in Gewächshäusern, die Verstädterung, Fahrzeuge, Raubtiere, Krankheiten und der übermäßige Jagddruck wirken sich negativ auf die Wildkaninchenpopulationen und deren nachhaltige Bejagung aus. Die Jagdgesellschaften müssen sich bemühen, die Kaninchenpopulationen wiederherzustellen und ihre nachhaltige Nutzung nachhaltig zu gestalten. Dies kann durch Anstrengung, harte Arbeit und Disziplin erreicht werden.

Die Inselverwaltung von Teneriffa hat deshalb einen Kaninchenmanagementplan entwickelt. Er sieht vor
1. die Jagd zu regulieren, um sie nachhaltig zu gestalten
2. den Lebensraum des Kaninchens zu verbessern
3. Bekämpfung von Raubtieren (Ratten, Katzen und Hunde).
4. Einrichtung einer Populationsüberwachung
– Kaninchenzählung
– Kaninchen-Kartei
– Notizbuch für die Jagd

Um die Kaninchenjagd nachhaltig zu gestalten, ist es unerlässlich, den Zustand der Population zu bewerten. Aus diesem Grund müssen Alter und Geschlecht jedes gefangenen Kaninchens bestimmt werden und mit der Karteikarte gemeldet werden. Auch das Datum des Fangs und der Ort sind wichtig. Das Gewicht, die Länge und eine Überblick über die Tagesjagd liefern wichtige Informationen zur Verbesserung des Managements.

Die hohe biologische Effizienz von Kaninchenpopulationen ist weitgehend auf ihre soziale Organisation zurückzuführen. Kaninchen bilden Clans. Jeder Clan setzt sich aus mehreren miteinander verwandten Familiengruppen zusammen. Alle Mitglieder des Clans bauen und erhalten die Wohnhöhle.

Der Clan scheidet in Gemeinschaftslatrinen aus. Ein Teil dieser Ausscheidungen wird für eine zweite Verdauung wieder aufgenommen. Aus diesem Grund sind die Latrinen auch ein Lager für vorverdaute Nahrung. Die Exkremente markieren das Territorium der Sippe mit ihrem eigenen charakteristischen Geruch.

Jeder Familienclan verteidigt das Gebiet, in dem er sich ernährt. Wenn die Familien erfolgreich sind, wird eine neue Kolonie von Kaninchen gegründet, die sich wieder in einem zusammenhängenden Gebiet ansiedelt. Die Clans haben eine hierarchische Struktur in Familiengruppen von höherem zu niedrigerem Rang. Die Clans unterscheiden sich durch ihren Geruch.

Kaninchen passen ihren Jahreszyklus an die Verfügbarkeit von Ressourcen an. Krautige Pflanzen sind ihre Hauptnahrung, vorzugsweise. Wenn es reichlich Nahrung gibt, vermehren sie sich.

Winter. Der Mangel an Kräutern führt dazu, dass die Kaninchen gerade in dieser Zeit die Rinde von Gehölzen fressen. Aus diesem Grund verursachen sie im Winter erhebliche Schäden an Reben und Obstbäumen. Die Nahrungsmittelknappheit führt zu Kämpfen und Vertreibungen aus dem Gebiet.

Frühling. Durch den Reichtum an krautigen Pflanzen sind die Kaninchen stärker, robuster und in perfekten Bedingungen für die Aufzucht von Jungen. Überschüssige Individuen aus den Kolonien verteilen sich. Trächtige Weibchen suchen und graben freie Kammern. Andere müssen sie draußen bauen. Jetzt finden die ersten Geburten des Jahres statt.

Sommer. Die Population erreicht ihren höchsten Stand durch die Aufnahme der im Frühjahr geborenen Exemplare. Wenn die Umgebung nicht zu trocken ist, wird die Reproduktion fortgesetzt. In halbtrockenen Gebieten jedoch kommt es aufgrund des Nahrungsmangels zu einer Fortpflanzungspause. Sommerregen begünstigt die Verbreitung der Myxomatose durch Stechmücken.

Herbst. Mit der Ankunft des Regens und dem Wachstum von frischem Gras nehmen die Kaninchen die Fortpflanzung wieder auf, neue Geburten finden statt. Auch hier können die jungen Kaninchen aufgrund des reichhaltigen Nahrungsangebots schnell wachsen.

Ein Lebensraum ist für die Kaninchengesellschaften geeignet, wenn er Folgendes bietet: Nahrung, Wasser, Schutz und Ruhe (Abwesenheit von übermäßigen Raubtieren). Die Pflanzen sind nicht nur wegen ihres Nährwerts wichtig, sondern auch, weil sie die Wasserquelle für den Körper sind, wenn es keine natürlichen Tränken gibt.

Wenn Wasser zur Verfügung steht, können die Kaninchen ihre Fortpflanzungsphase über einen längeren Zeitraum verlängern. Und selbst wenn sie kein hochwertiges Futter haben, können sie ihren Wassermangel mit Wasser aus den Tränken ausgleichen. Jäger legen deshalb auch Wasserstellen und Futterplätze an. Diese müssen aber regelmäßig gesäubert und desinfiziert werden.

Kaninchen bewegen sich nur wenige Meter weit, was sie sehr anfällig für Raubtiere macht, wenn sie keinen ausreichenden Unterschlupf haben. Aus diesem Grund ist ein aufgelockerter Lebensraum am günstigsten, wo sich Futter- und Unterschlupfbereiche abwechseln. Je kleiner diese Flecken sind, desto günstiger ist das Terrain für die Art.

Eulen, Bussarde oder Raben sind natürliche Feinde der Kaninchen. Aber es verwildern immer mehr Katzen und auch Hunde in der Natur, die eine Gefahr darstellen. Der Mensch sorgt auch für eine steigende Zahl von Ratten, die neugeborene Kaninchen angreifen. Abfälle in der Natur tragen zur Verbreitung bei. Diese unnatürlichen Räuber müssen durch Fallen und andere Maßnahmen kontrolliert werden.

Wenn Kaninchen die Möglichkeit haben, bauen sie große und komplexe Höhlen, die mit Gängen und Kammern ausgestattet sind und zu echten Kaninchenstädten werden. Allerdings müssen die Höhlen ständig instand gehalten werden. Andernfalls brechen sie zusammen, was mehr Schaden anrichtet als die Bauarbeiten. Lehmige und sandige Substrate sind am besten geeignet, da sie leicht zu graben sind. Kaninchen nutzen auch natürliche Gänge und Höhlen in felsigem Untergrund, wie sie in der kanarischen Landschaft zu finden sind. Sie können sogar nur im Unterholz leben, wenn es keine Höhlen gibt.

Die Höhlen garantieren einerseits gute Bedingungen für das Leben und Gedeihen des Kaninchens. In den Höhlen sind die Temperatur- und Feuchtigkeitsbedingungen optimal und sie schützen auch vor den Angriffen zahlreicher Raubtiere. Andererseits erleichtern Höhlen die Verbreitung von Krankheiten. In den Kadavern, die in den Höhlen zurückgelassen werden, verbreiten sich Viren. Zecken, Mücken und Flöhe fühlen sich dort wohl.

Auch die Jäger selbst verbreiten unbeabsichtigt Viren, Bakterien, Eier oder Larven von Parasiten in ihren Fahrzeugen und mit ihren Jagdhunden. Ein verantwortungsvoller Jäger säubert und desinfiziert deshalb sein Material nach jeder Jagd und fährt nicht von einem Jagdgebiet in das nächste.

Den Kaninchen gefällt es, sich im Sand zu wälzen, so reinigen sie ihr Fell und befreien sich von Parasiten. Deshalb legen die Jäger auch Sandgruben an und bringen dort Insektenvernichtungsmittel – für Kaninchen unschädlich – ein. Auch spezielles Futter mit Medikamenten gegen Darmkrankheiten wird ausgelegt.

Viele Kaninchen sterben aufgrund von Krankheiten (virale, bakterielle, parasitäre usw.), wenn ihr Immunsystem nicht ausreichend ist. Von den toten Tieren können sich die Krankheiten auf andere übertragen. Es ist daher dringend erforderlich, die Kadaver toter Kaninchen aus dem Feld zu entfernen. Sie werden vergraben oder verbrannt. Dies geschieht im zeitigen Frühjahr und im Hochsommer.

Kaninchen haben 2 obere und 2 untere Schneidezähne, die laufend nachwachsen. Aus diesem Grund müssen sie sie täglich abnutzen. Daher ihre Gier, zu beißen, zu nagen, zu fressen und zu zerstören. Sie können deshalb schwere Schäden in der Land- und Forstwirtschaft verursachen. Der Mangel an krautigen Pflanzen im Winter veranlasst die Kaninchen, ihre Nahrung aus der Rinde von holzigen Pflanzen zu holen: Obstbäume und Weinstöcke werden angenagt.

Wenn Gräser und Kräuter sprießen, können bei hoher Population die Kaninchen mehr fressen, als die Pflanzen verkraften. In Baumschulen und Gemüsegärten bevorzugen sie Pflanzen, die stark gedüngt wurden und einen hohen Nährstoffgehalt haben.

Die organisierte Jagd hat die Aufgabe, die Kulturschäden zu kontrollieren. Auch die Landwirte können dazu beitragen, indem sie die Landnutzung möglichst abwechslungsreich gestalten. Ein Wechsel zwischen Buschland und Feldern mit Getreide und Hülsenfrüchten und ausreichendem Rückzugsraum ist optimal für die Kaninchen. Monokulturen und große Anbauflächen sind ungünstig.

Auf Teneriffa wird seit dem 16. Jahrhundert der Podenco Canario wegen seiner besonderen Fähigkeiten zur Kaninchenjagd eingesetzt. Die Jagdkultur, bei der mit diesem Hund gejagt wird, hat sich ständig weiter entwickelt. Der Podenco ist der ideale Jäger, der auch in wilden Felsgebieten ausdauernd rennen kann. Kaninchen sind klein und verdammt schnell. Sie können auch unter den Büschen hindurch laufen, während der Hund einen Bogen machen muss. Aber ein Podenco ist unermüdlich. Lies dazu den Artikel Er läuft und läuft.

Der Einsatz des Frettchens bei der Jagd auf Kaninchen unerlässlich, denn diese verstecken sich in ihren Höhlen. Die Frettchen können in den Bau kriechen und die Kaninchen heraus scheuchen. Damit sie sie im Inneren des Baus nicht töten, werden sie mit einem Maulkorb ausgestattet. Auch nachdem ein Frettchen die Höhle durchquert hat, zögern die Kaninchen instinktiv, in den Bau zurückzukehren. Es können Frettchen und Podencos, oder auch nur Podencos ohne Frettchen eingesetzt werden. Ohne Frettchen oder Flinten sind die meisten Fänge junge Kaninchen des Jahres.

Die Verwendung der Schrotflinte erhöht die Effizienz bei der Jagd. Wenn jedoch die Jagdgesellschaft zu groß ist, mit 3 oder mehr Flinten, mit 12 oder mehr Hunden und Frettchen, ist die Wirkung auf die Kaninchenpopulation verheerend. Deshalb sind viele Jäger der Meinung, dass die Schrotflinte für die Kaninchenjagd nicht zugelassen werden sollte. Jorge Alonso, der Präsident der kanarischen Jägervereinigung behauptet allerdings, dass auf Teneriffa schon seit 2010 keine Flinten mehr zum Einsatz kommen, im Gegensatz zu La Palma. Trotzdem sieht man viele Jäger, die eine Flinte dabei haben. Es könnte ja ein gefährlicher Bär oder ein angriffslustiges Mufflon vorbeikommen…

Je nach Jagdzeit und -gebiet wird eine unterschiedliche Ausrüstung verwendet. Diese Planung ist jedoch auf sehr große Kaninchenpopulationen ausgerichtet. Der gute Jäger schränkt sich selbst ein, um die Kaninchenpopulation nicht zu dezimieren. Es gibt auf Teneriffa etwa 5000 Jäger, die laut Jorge Alonso einen Jahresumsatz von 10 Millionen Euro generieren, aus Treibstoff, Lebensmittel, Reisen und Verkauf der Kaninchen.

Gesunder Menschenverstand sind für die Disziplin der Jagd von grundlegender Bedeutung. Übermäßige Jagd und Wilderei sind schädlich. Jedes Jagdteam muss sich des Tierreichtums in seinem Gebiet bewusst sein und Aufwand und Einsatz vernünftig regulieren.

Zu Beginn des Sommers jagt man nur mit Hunden in Schulungszonen, und man fängt nur junge Kaninchen. In der Hochsaison kommen auch die Frettchen in den kontrollierten Jagdgebieten dazu, dann werden vor allem weibliche Kaninchen gefangen. Im Herbst kommt auch die Schrotflinte zum Einsatz. Die Jagdsaison endet im November.

Das beliebte und leckere „Conejo en Salmorejo“, Kaninchen in Kräutersauce, sollte man im Restaurant möglichst nur in der Jagdsaison bestellen, von August bis November. Übers Jahr gesehen kommen wahrscheinlich mehr Kaninchen auf den Teller als auf der Insel herumhüpfen, und außerhalb der Jagdsaison kommen sie sehr wahrscheinlich aus China, oder lagen schon ein paar Monate im Tiefkühlfach.

Hier ist noch ein Video, wie es während einer Jagd zugeht:

Mehr über die Jagdhunde, die Podencos, findest du hier: Er läuft und läuft.


Artikel-Nr. 0-54-227

6 Gedanken zu “Jagdfieber

  1. Pingback: Er läuft und läuft | Mein Teneriffa - Mi Tenerife

  2. Ich bin schon seit 1997 auf der Insel und behaupte, dass es mehr Jagdhunde als Kaninchen gibt…

    Übrigens: der ganz große Anteil an Kaninchen, die in Europa (auf jeden Fall in Deutschland) auf den Teller kommen, sind aus China…

    Guten Appetit….

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  3. Pingback: Die zwei Karnickel | Mein Teneriffa - Mi Tenerife

  4. Guten Tag aus Berlin,

    im November sind wir wieder für 3 Wochen zum Wandern auf Teneriffa Süd/Nord.

    Die Mail finden wir immer seht interessant..

    Die Wanderungen finden wir sehr schön!!

    Aber wir würden die Touren gern auf unser Garmin als GPS haben.Leider
    nicht vorhanden.

    Bitte um Nachricht wie wir an die Daten kommen.

    Bayerfranze und Siebeninsel ist uns bekannt.

    Aber ,vielen Dank für die tollen Berichte.

    Freundliche Grüße Petra und Jürgen 12277 BERLIN

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  5. Pingback: Volcán de Fasnia | Mein Teneriffa - Mi Tenerife

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