Angesichts der stark gestiegenen Benzinpreise haben sich einige Menschen tatsächlich vorgenommen, im nächsten Jahr mehr den Bus zu benützen. Sowohl Einheimische als auch Touristen ziehen ernsthaft diese Variante in Betracht. Aber, oh nein, hier nimmt man nicht den Bus, sondern die Guagua. Aber wie funktioniert das eigentlich? Was ist eigentlich ein Bus bzw. eine Guagua? Hier ist ein Leitfaden, der einige Zweifel und Fragen über dieses Transportmittel klären soll.
Was ist eine Guagua?
Eine Guagua ist ein Fahrzeug von beachtlicher Größe, in welchem zwischen 20 und 80 Personen gleichzeitig von einem Punkt A zu einem Punkt B gebracht werden können, mit dazwischen liegenden Haltestellen. Das sind festgelegte Orte, an denen der Ein- und Ausstieg möglich ist. Auf Teneriffa sind die Guaguas in der Regel grasgrün und im Besitz der Inselregierung. Sie tragen deshalb alle dasselbe Logo, was sie leicht unterscheidbar macht von den privaten, die meist mit dem Namen des Unternehmers beschriftet sind.

Nur an Weihnachten könnte es sein, dass sich die Farbe kurzfristig ändert.
Ist die Benutzung der Guagua teuer?
Im Prinzip nein. Die meisten Fahrten im Nahbereich kosten nur wenig mehr als einen Euro, aber es hängt natürlich von der Länge der Fahrstrecke ab. Für gelegentliche Nutzer, also solche, die mehr als zweimal pro Jahr in einen Bus einsteigen, lohnt sich eine Prepaid-Karte, mit der es 30% Rabatt gibt. Wer beim Aussteigen vergisst, seine Karte zu scannen, ist selber schuld! Für Touristen könnte sich die spezielle Wochenkarte lohnen. Damit kann man den ganzen Tag unbeschränkt Bus fahren und in der Kühle der Klimaanlage die Landschaften der Insel entspannt genießen. Und man vermeidet unschöne Szenen und einen Wutausbruch des Busfahrers, wenn er auf englisch gefragt wird, ob er einen 50-Euro-Schein wechseln könnte.
Es ist allerdings keine gute Idee, mit der ganzen Familie am Wochenende mal schnell von Santa Cruz an einen der Strände im Süden zu fahren. Gepäck wird zwar kostenlos befördert, aber das Surfbrett, den Sonnenschirm, die Isomatte und die Kühlbox im Gepäckfach zu verstauen, ist extrem lästig. Mal abgesehen davon, dass trotz gestiegener Benzinpreise das Privatauto eventuell doch noch günstiger wäre.
Die Benutzung der Guagua soll bald kostenlos sein soll. Stimmt das?
Im Prinzip ja. Wenn du über 65 oder unter 18 bist und blind oder gehbehindert und mehr als 5 Kinder unter 10 Jahren hast und mindesten 15 mal im Monat fährst und auf den Kanaren gemeldet und in der Lage bist, komplizierte Formulare auf spanisch zu lesen und auszufüllen, dann hast du gute Chancen, ab Januar gratis fahren zu können.

Ist die Guagua ein effizientes und pünktliches Transportmittel?
Das hängt davon ab, was man unter effizient versteht. Man darf nicht vergessen, dass die Guagua nicht unbedingt dann an den erwähnten Haltestellen vorbeikommt, wann man sie braucht, sondern wann es das Transport-Orakel vorschreibt. Das Transport-Orakel ist eine archaische, geheimnisvolle und mächtige Kraft, die von den Transportunternehmen und den öffentlichen Verwaltungen in unregelmäßigen Abständen angerufen wird und in geheimen Riten die Zeiten festlegt, an denen die Guagua an den betreffenden Haltestellen vorbeikommen sollte.
Aus diesem Grund gibt es auch an den Haltestellen keine Tabelle mit Abfahrtszeiten, sondern nur einen QR-Code. Es gibt auch eine App, in der man die Haltestellen-Nummer eingeben kann. Dann erhebt man das Handy betend zum Himmel, und mit viel Glück zeigt es dann an, welcher Bus wann vorbeikommen sollte. Man sollte dann eine Toleranz von plus oder minus 30 Minuten berücksichtigen, um einigermaßen sicher zu gehen, die Guagua zu erwischen. Dieser zusätzliche Sicherheitspuffer ist um so höher, je länger die bereits zurückgelegte Fahrstrecke ist. Denn es könnte sein, dass das alte Mütterchen im Dorf nur mühsam die Stufen hochkommt und dann noch dem Fahrer den neuesten Klatsch erzählen muss, oder dass die müden Mountainbiker besonders lange brauchen, um ihre Räder im Bauch der Guagua zu verstauen. Auf der anderen Seite könnte sich der Sicherheitspuffer auch ins negative umkehren, sollte es ausnahmsweise mal keinen Stau an den allseits bekannten kritischen Punkten geben. Wer regelmäßig fährt, wird aus Erfahrung klug.
Nur eines ist klar: An den Busbahnhöfen startet die Guagua absolut pünktlich, denn ein akustisches Signal erinnert den Fahrer daran, seine Zeitung wegzulegen und loszufahren.
Bringt mich die Guagua bis vor die Haustüre?

Nicht mit einem motorisierten Fahrzeug bis direkt vor die Haustüre zu kommen, ist in der Mentalität der Inselbewohner in der Regel keine Option. Die Jahrzehnte lange Gewohnheit, aus dem Privatauto direkt vor dem Haus aussteigen zu können, selbst wenn der nachfolgende Verkehr etwas warten muss, ist in der Allgemeinheit zu einer Art Recht geworden. Doch der öffentliche Nahverkehr kann dieses Recht leider nicht jedem Bürger garantieren. Es könnte sein, dass die Haltestelle genau da ist, wo man sie braucht, aber in den meisten Fällen wird man mehr als 100 Meter zu Fuß gehen müssen.
Die Anstrengungen der TITSA, wenigstens einmal am Tag einen Service in die entlegensten Weiler zu bringen, sind aber mehr als anerkennenswert.
Wie schnell fährt die Guagua?
Das hängt ganz von der aktuellen Verkehrssituation ab. Auf einer freien Autobahn ist die Guagua in der Regel schneller als der Durchschnitt aller anderen Fahrzeuge. Auf einer nicht ganz freien Autobahn oder im Stadtverkehr ist sie genau so schnell wie der Durchschnitt. Auf den Landstraßen hängt die Geschwindigkeit stark davon ab wie nahe der Feierabend des Busfahrers ist.

Was ist an den Haltestellen zu beachten?
Erste Pflicht ist absolute Aufmerksamkeit. Sollte der Fahrer nicht rechtzeitig die Absicht bemerken, dass man mitfahren will, könnte es sein, dass er einfach vorbeifährt. An einigen Wartehäuschen gibt es einen Knopf, den man drücken muss. Wurde er nicht gedrückt, fährt die Guagua ebenfalls rücksichtslos daran vorbei. Wurde er gedrückt, kann es aber auch sein, dass ein Bus hält, den man gar nicht braucht.
Einige Linien fahren immer nur in die eine Richtung, für die Rückfahrt, an der Haltestelle gegenüber, ist es dann nicht dieselbe Linie. Und an einigen Haltestellen halten die Guaguas derselben Linie, fahren aber in unterschiedliche Richtungen, oder die Guaguas von verschiedenen Linien, die aber in dieselbe Richtung fahren, oder Guaguas, die zu verschiedenen Zeiten in unterschiedliche Richtungen fahren, oder Guaguas die an manchen Tagen oder zu bestimmten Zeiten unterschiedliche Nummern tragen, aber trotzdem in dieselbe Richtung fahren, oder auch nicht…
Achtung bei der Linie 999: Es könnte lange dauern, bis sie los fährt.
Wie ist es im Innern einer Guagua?
Es ist ein ganz besonderes Gefühlserlebnis und führt uns ein interessantes menschliches Mosaik vor Augen. Man muss daran denken, dass man fast immer diesen Raum mit mehr als vier Personen teilen muss. Unter Umständen führt die Bewegung des Fahrzeugs auch zu unerwünschten Kontakten unter den Mitreisenden. Hinzu kommt, dass in den supermodernen Fahrzeugen die Einrichtung von Mal zu Mal minimalistischer wird. Weniger Sitze, und dünnere Polster. Im Gegenzug gibt es aber dann einen Bildschirm, auf dem Endlos-Videos gezeigt werden, kostenloses WiFi und USB-Steckdosen, damit jeder Fahrgast jederzeit sein Handy benutzen kann. So hat auch der Fahrgast nebenan garantierte Unterhaltung.
Auf den Langstreckenlinien gibt es keine Stehplätze. Wer Pech hat, bleibt an der Haltestelle stehen.
Was darf man in der Guagua mitnehmen?
Alles in der Größe einer Einkaufstüte oder einer Damenhandtasche, auch wenn darin ein Schoßhündchen oder eine Katze versteckt ist. Größere Tiere sind nicht erlaubt, auch nicht im Gepäckfach. Eis am Stiel ist ebenfalls verboten.
Ist Busfahren sicher?
Im Prinzip ja. Man erzählt sich, dass irgendwann mal ein Bus irgendwo in Brand geraten sei, aber ohne weitere Konsequenzen. Unfälle mit Guaguas sind selten. Denn die Fahrer kennen ihre Strecken genau und könnten auch die kurvigsten Bergstraßen blind fahren. Selbst wenn die steile und enge Landstraße nur wenige Zentimeter breiter ist als die Guagua oder die Hauswände auf beiden Seiten bedrohlich nahe kommen, das routinierte Personal kennt sämtliche Tricks, um schnell und sicher an allen Hindernissen vorbeizukommen. Außerdem gehen alle anderen Fahrzeuge den grünen Ungetümen rechtzeitig aus dem Weg.
Unfälle im Innern der Guagua sind ebenfalls selten. Denn jeder weiß spätestens nach dem zweiten Versuch, dass es der Fahrer eilig hat und nicht unbedingt wartet, bis alle Fahrgäste sitzen. Es gibt ja genügend Haltegriffe. Sollte trotzdem mal etwas passieren, ist dies allerdings kein Grund, eine Rückerstattung des Fahrpreises einzufordern.
Welche Busgesellschaft auf Teneriffa ist die Beste?
Welch unschuldige Frage! Die Antwort ist einfach: Es gibt nur eine, und keine Alternative.
Warum heißt die Guagua eigentlich Guagua?
Die Antwort erfährst du hier: Was für ein Wort!

ACHTUNG: Dieser Artikel wurde am 28. Dezember veröffentlicht. Das ist der „Día de los Santos Inocentes – Tag der Heiligen Unschuldigen“. Glaub nicht alles, was du an diesem Tag liest oder hörst! Es ist eine Tradition, dass Zeitungen Nachrichten veröffentlichen, mit der Warnung, dass es der Tag der Unschuldigen ist. Es kann eine Nachricht sein, die ein offensichtlicher Spott über ein kürzlich stattgefundenes Ereignis ist, oder eine, die ernst erscheint und den ahnungslosen Leser täuscht. Den Tag der Unschuldigen kennt man der ganzen spanischsprachigen Welt. Er geht auf ein biblisches Ereignis zurück, das angeblich am 28. Dezember stattgefunden haben soll. König Herodes ordnete an, alle Kinder unter zwei Jahren in Bethlehem zu töten, um sicher zu sein, dass der angekündigte Messias nicht überlebt. Der Zusammenhang ist einfach: An diesem Tag darf man niemandem trauen – es könnte ein Soldat von Herodes sein.
Schau nach, was in den Vorjahren am 28.12. passiert ist: 2021, 2020, 2019, 2018, 2017
Artikel-Nr. 0-55-238
Es stimmt, dass sich der öffentliche Bus und Straßenbahnverkehr auf Teneriffa sich sehr verbessert hat. Nur könnte man auf Umsteigeverbindungen gehen. Viele Linien fahren übereinander. (So wie die Fähren auch). Man könnte dadurch sogar Busse einsparen.
LikeLike
Vor 4 Jahren wurde im Norden der Insel das Busnetz stark umgebaut. Viele Verbindungen wurden dann nur noch mit Umsteigen möglich, um doppelte Linienführungen zu verringern. Das hat für viel Unmut bei der Bevölkerung gesorgt, weil Direktverbindungen wegfielen.
Inzwischen hat man sich dran gewöhnt und es funktioniert gut. Die Frequenz vieler Linien wurde deutlich verbessert.
LikeLike
Das gibt Hoffnung. Dann könnte man ja im Süden, Süd-Westen weitermachen.
LikeLike
Einfach nur köstlich… herzlichen Dank für den unterhaltsamen Bericht!
LikeLike