Im Wald von Vilaflor.
Oberhalb von Vilaflor ist der Wald nicht so dicht wie auf der Nordseite der Insel. Aber dort stehen zwei Riesen, die größten Kiefern der Insel. Nicht weit davon ist auch noch der Zwerg, ebenfalls eine Kiefer, und nicht ganz so klein wie der Name vermuten lässt. Von Vilaflor aus wandert man in die Berge und entdeckt noch eine besondere Überraschung: Kunst oder Chaos?

Einer der Riesen hat sich beworben. Er steht auf der Kandidatenliste für den Baum des Jahres 2023. Er überragt seine Kollegen der Umgebung um rund das Doppelte. Es ist der Pino Gordo, die dicke Kiefer, ein wahrhaft majestätisches Exemplar vom 45m Höhe. Ihr Stamm hat an der Basis einen Umfang von mehr als 9 Metern, die dickste von ganz Spanien. Regelmäßig kommen ganze Großfamilien und versuchen gemeinsam, den Stamm zu umfassen, was selten gelingt. Sie steht direkt an der Straße von Vilaflor de Chasna Richtung Cañadas.
Auf der anderen Seite der Straße steht noch ein weiteres beachtliches Exemplar, der Pino de las dos Pernadas (zwei Fußtritte). Diese Kiefer ist sogar noch ein bisschen höher, die höchste von ganz Spanien, ein Hochhaus mit 18 Stockwerken, sie ist aber nicht ganz so dick. Beide sind jedoch viele hundert Jahre alt. Sie konnten hier in Ruhe wachsen, weil die steilen Hänge nie landwirtschaftlich oder für Holzeinschlag genutzt wurden. Und sie wurden so groß, weil ihre Wurzeln tief ins Gestein reichen, dort wo in der Schlucht immer noch genügend Feuchtigkeit ist. Sie sind uralt, aber kerngesund, denn ihr Kernholz, das Tea, gehört zu den widerstandsfähigsten Holzarten der Welt.

Leider kann man die folgende Wanderung nicht so gehen, dass man an den beiden Riesen vorbeikommt, man müsste ein Stück auf der Straße gehen. Aber mit dem Auto sind es nur ein paar hundert Meter. Beim Rückweg der Wanderung liegt der kleine Bruder, der Zwerg, jedoch direkt am Weg.
Die Wanderung beginnt im Zentrum von Vilaflor, am städtischen Parkplatz. Daneben steht das Heiligtum von San Pedro. Es ist dem einzigen heiligen Ziegenhirten der Welt gewidmet, dem Bruder Pedro, und steht an der Stelle seines Geburtshauses. Er wurde zu einem berühmten Wohltäter in Lateinamerika, vor allem in Guatemala, wo er den Armen, Kranken und Waisen half und viele Krankenstationen gegründet hatte. Daneben steht die weiß gekalkte Mutterkirche San Pedro Apóstol, seit 1985 Nationales Kulturgut.






Auf der anderen Seite des Platzes hinter der Kirche kommt man zum Fernwanderweg La Esperanza – Arona und geht dort auf der Straße nach rechts und ein Stück weiter ebenfalls nach rechts bergauf.

Nach 250m kommt man zu den alten Waschplätzen, el Chorillo. Seit alters her war hier ein wichtiger Punkt für die Wasserversorgung des Ortes. Von hier gingen Leitungen ins Dorf, man brachte das Vieh hierher zum tränken, und die Frauen trugen die Wäsche von den Häusern hier herauf. Der Brunnen aus dem Jahr 1903 mit sechs Wasserspeiern und die Waschbecken waren ein zentraler Punkt des gesellschaftlichen Lebens. Die Frauen suchten immer möglichst das Becken zu nutzen, das am nächsten zum Brunnen lag, denn dort war das Wasser am saubersten. Die Wäsche von Kranken oder Kindern wurde am Ende des Beckens gewaschen. 1936 baute man über den Becken auch ein Dach, 2005 wurde die ganze Anlage renoviert.


100m weiter oben kommt man am Restaurant La Paz vorbei und überquert dort die Straße. Ein breiter Weg geht in den Wald hinein, von dort zweigt in der Rechtskurve ein Wanderweg ab. Aber gleich danach bemerkt man einen großen Stein und dahinter eine Kiefer, hier darf man nicht geradeaus weiter gehen. (Dieser Weg würde zwar auch nach oben führen, aber die hier beschriebene Route ist spannender.) Direkt hinter dem Baum geht ein schmaler Pfad nach rechts den Hang hinauf, vorbei an einer alten Wasserleitung.
Der Weg schwenkt dann nach links, und weiter links geht es zunächst über ein paar Felsen aufwärts, danach ist der Weg gut erkennbar und mit Steinen eingefasst. 100m weiter kommt man gleich an einem alten Dreschplatz vorbei, ein Zeichen dafür, dass früher auch in dieser Höhe von 1500m noch Getreideanbau betrieben wurde.





Auf den nächsten 800 Metern des Wegs wird man 150m an Höhe gewinnen. Es geht immer geradeaus, mal etwas steiler, mal etwas sanfter, aber immer parallel zu einem Wasserrohr. Auch hier bewundert man immer wieder tolle Exemplare von Kiefern.
Auf rund 1650m Meereshöhe kommt man zu einer großen Überraschung. Dort steht die riesige Ruine einer ehemaligen Abfüllstation für Mineralwasser. Die Marke „El Pinalito“ war früher ein bekanntes Mineralwasser aus den Bergen von Vilaflor. Die Produktion wurde aber am 15. Januar 2004 eingestellt. Die Betreiberfirma Compañía Cervecera de Canarias (CCC) gab als Grund die nachlassende Nachfrage an. Angeblich habe das Wasser einen zu hohen Mineralgehalt gehabt, der von den Verbrauchern nicht mehr geschätzt würde. Die Zusammensetzung des Mineralgehalts konnte jedoch nicht beeinflusst werden, und die Konkurrenz mit weicheren Wässern sei zu groß gewesen.







Die CCC produziert auch die Biermarken Dorada und Tropical, gehört aber seinerseits zum multinationalen Konzern Anheuser-Busch. Die Arbeiter der Abfüllanlage von Vilaflor vermuteten damals, dass hinter der Schließung letztlich die Interessen des Konzerns steckten, sich von solchen kleinen und unproduktiven Anlagen zu trennen.
Das Mineralwasser aus Vilaflor kommt heute unter der Marke FuenteAlta auf den Markt, die Abfüllanlage befindet sich direkt am Ortsrand von Vilalfor, etwas unterhalb des alten Waschplatzes. Es handelt sich aber um eine andere Quelle.










Die große Überraschung ist einerseits die riesige Industrieruine, andererseits das heutige Innenleben. Denn dort haben Graffiti-Künstler ihre Werke hinterlassen und den morbiden Wänden ein neues Leben eingehaucht. Kunst oder Schmiererei? Das ist auch hier wieder die Frage. Aber spannend ist es allemal, zwischen all dem Rost, dem Müll und den vermoderten Getränkekartons herumzustolpern und die farbige und raffinierte Spray-Kunst zu entdecken.










Oberhalb des blauen Nebengebäudes, wo die asphaltierte Zufahrtsstraße beginnt, geht man nach links auf einen etwas verwachsenen Weg. Dort steht ein blauer Pfosten mit der Zahl 1007, weiter unten entdeckt man im Tal eine gemauerte Brücke, über die eine Piste führt. Dort geht es in einem Linksbogen weiter auf der anderen Talseite.




Die Piste steigt etwas an und dreht dann scharf nach rechts. Hier kommt von links der Wanderweg herauf, den man unten, kurz nach dem Restaurant La Paz, beim dem Stein und dem Baum, verlassen hat. Es geht noch ein Stück bergauf, dann trifft man auf eine größere Piste und geht links haltend weiter aufwärts. Ein Blick Richtung Berg lohnt sich, dort oben erhebt sich der markante Sombrero de Chasna.





Links der Piste läuft ein Wasserrohr. Man darf eine wichtige Stelle nicht verpassen, wo man über das Rohr steigen muss und wo der Abstiegsweg beginnt, der aber gut erkennbar ist. Gegenüber liegt im Hang ein kleiner Steinbruch.
Nun geht es mehr oder weniger bequem, aber anhaltend bergab. Knapp 20 Minuten später bemerkt man eine leichte Verebnung mit weniger Bäumen und vielen braunen Felsen. Dort steht am Rand des Abhangs der Pino Enano, die Zwergkiefer. Direkt darunter ein Picknicktisch mit hervorragender Aussicht.






Der Zwerg ist gar nicht so klein, aber im Vergleich zum Riesen doch ganz anders. Er ist nur etwa 20m hoch und sein Stammdurchmesser ist weniger als ein Meter. Aber wahrscheinlich ist er genau so alt. Seine Gestalt ist eher gedrungen als hoch, er verzweigt sich schon weit unten und seine Form ist eher rund. Er hat es einfach nicht geschafft, an dieser Stelle, auf einem viel felsigeren Untergrund, so groß zu werden wie sein Bruder. Ganz beachtlich ist jedoch, dass er an dieser exponierten Stelle, direkt am Abgrund, die Jahrhunderte überlebt hat.
Wenn man sich an seinem Fuß ausruht, blickt man hinunter ins Tal. Dort unten steht der Riese. Und der wunderschöne Ausblick über das Tal und den Ort Vilaflor könnte fast im Schwarzwald oder im Fichtelgebirge sein.
Weiter geht es nun auf dem breiten, aber etwas felsigen Weg bergab, und es kommen noch mehrere Aussichtspunkte und Picknicktische. Bald wird der Weg bequemer und dreht nach rechts in ein Tal hinein, und bald danach ist man bei den Sportanlagen von El Salguero.
Unterhalb des Hotels Spa Villalba hält man sich halb links auf der Straße Camino El Roque. Man kommt zur Kapelle San Roque, die im Jahr 1614 von der Familie Soler gestiftet und 1778 vergrößert wurde. Sie ist ein kleiner, rechteckiger Bau mit einem Holzdach und besitzt einen kleinen Altar mit drei Flügeln, eine kleine Sakristei an der Seite und einen kleinen Glockenturm. Von der Terrasse davor hat man wieder einen schönen Blick hinunter zum Ort.






Auf der Straße geht es in einer Kurve vollends hinunter in den Ort.
Entfernung: 5,5km
Gehzeit: 2,5 Std.
Tiefster Punkt: 1425m, höchster Punkt 1730m
Karte:


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Eine schöne und weniger steile Waldwanderung findest du hier: Allein im Wald.
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Artikel-Nr. 31-2-248
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