Ein Spaziergang von Tegueste nach Tejina.
Auf dieser bequemen Tour entdeckt man romantische Ecken im beschaulichen Städtchen Tegueste, durchquert die Schlucht der Guanchen und wandert mit schönen Aussichten am Fuß des Berges nach Tejina. Es ist eine Streckenwanderung, die Rückfahrt erfolgt mit dem Bus.
Man beginnt die Tour am besten am Fußballstadion von Tegueste direkt an der TF-13. Dort gibt es Parkmöglichkeiten und eine Bushaltestelle. „Küss mich so lange, bis Tegueste einen Strand hat.“ Ein Wunsch an der Mauer mit Hintergrund. Mehr davon später.

Direkt beim Wartehäuschen beginnt der Camino de los Laureles. Dieser Weg ist ein Teil des alten Verbindungswegs, der schon lange vor der Eroberung der Insel zum Dorf führte, seine Fortsetzung hat er auf der anderen Seite der Straße im Camino de las Peñuelas, der über die Berge Richtung La Laguna verläuft. Anfang der 90er Jahre wurde der Weg gepflastert und mit Steinmauern eingesäumt. Hier stehen noch Überreste des Lorbeerwaldes, die diesen symbolträchtigen Ort verschönern. Historiker sind sich anhand Belegen aus dem frühen 16. Jahrhundert sicher, dass dieser Weg einmal weiter bis nach Tejina führte.



Weiter unten befindet sich die Finca der Familie Tacoronte mit Gärten und Obstplantagen. Nach der Eroberung wurden im Jahr 1509 die Söhne der Menceys von Tacoronte und Tegueste von Fernando de Lugo für ihre Kooperation mit reichen Ländereien in der Gegend belohnt und wurden Geschäftspartner. Don Pedro de Tacoronte und Don Juan de Tegueste verwalteten eine Schweineherde, die dem Eroberer Gonzalo del Castillo gehörte. Ihre Familiengeschichte lässt sich bis ins 19. Jahrhundert verfolgen. Einer der Nachkommen, Fernando Tacoronte, heiratete die Enkelin eines französischen Barons, und so ergab sich eine interessante Verbindung zwischen Franzosen und Guanchen.

Ab 1879 war das Anwesen die Residenz des französischen Konsuls Baron de Chasserieu, der das massive Herrenhaus baute, das man am Weg sehen kann. In diesem historischen Monument weilten zahlreiche Persönlichkeiten der damaligen Zeit, Fürsten, Reisende und Politiker, und es war ein Aufenthaltsort für französische Seeleute, die im Hafen von Santa Cruz ankamen. Bei den einfachen Bürgern von Tegueste war die illustre Gesellschaft nicht sehr beliebt, denn während die Armen in ihrer Not auswandern mussten, genossen die reichen Franco-Guanchen ihr Leben im Überfluss.
Der Weg mündet in einen kleinen Platz mit einem Brunnen und der Kapelle, offiziell Placeta Pedro Melián Diaz genannt. Dieser war ein Auswanderer aus Tegueste, der als reicher Mann aus Havanna zurückkehrte und im Jahr 1909 die Eisenrohre spendete, die das Wasser zum Brunnen leiten. Ende April startet von hier die berühmte Romería de San Marcos.


Zwischen einfachen Reihenhäuschen geht man nach links in die Calle El Tejar und kommt zur auffälligen roten Casa de Los Zamorano, ein weiteres Juwel der Stadt. Ursprünglich, zu Beginn des 20. Jahrhunderts, war es das Haus einer Familie, die das angrenzende Grundstück als Pächter bewirtschaftete. Es besteht aus zwei Gebäuden, einem traditionellen kanarischen einstöckigen Haus und einem Nebengebäude. Hier befindet sich das Centro de Interpretación de la Villa, ein Projekt zur Erhaltung und Verbreitung des kulturellen Erbes der Stadt durch ein attraktives Kommunikationssystem mit dem Ziel, die Werte von Tegueste zu bewahren und das Bewusstsein der Besucher zu stärken.
Im Januar 2024 haben sich die Inselregierung von Teneriffa und der Stadtrat von Tegueste bereit erklärt, die Räume der Casa Los Zamorano für das Fremdenverkehrsbüro und das Informationszentrum des Biosphärenreservats des Anaga-Massivs zu nutzen. Diese Verpflichtung ist Teil des touristischen Nachhaltigkeitsplans für das Reservat, der darauf abzielt, die Werte der Naturgebiete von Anaga zu fördern und zu schützen.






Im Hauptgebäude gibt es noch eine alte Weinpresse aus dem 18. Jahrhundert. Die Familie Zamorano beschäftigte sich unter anderem auch mit Weinbau, denn das Tal von Tegueste ist ein besonders günstiges Gebiet dafür. Die uralten, stark verwitterten Tonböden geben dem Wein angeblich eine ganz besondere Note. Angebaut werden einheimische Sorten wie z.B. Listan Negro, Listan Blanco, Tintilla oder Malvasía Rosada, letztere gibt es ausschließlich hier in Tegueste.







Auf der anderen Straßenseite liegt die zugehörige Finca, die 2001 von der Stadt gekauft wurde. Auf 60 000 Quadratmetern wird das Gelände heute ökologisch bewirtschaftet und besitzt ein staatliches Zertifikat. Hier werden alte Kartoffelsorten angebaut, Wildkräuter, Gemüse und Getreide. 25 verschiedene Sorten von Birnbäumen findet man dort. Aber auch für die Freizeit hat man einiges getan. 2011 hat man eine Jogging-Strecke eingerichtet und einen Sportpark, in dem sogar die Polizisten der Guardia Civil trainieren. Die Finca lohnt sicher einen Besuch bei einer anderen Gelegenheit.
Am großen Parkplatz steht das alte Tor, das noch vom ursprünglichen Haus der Zamorano übrig ist. Man geht hindurch und kommt 100m weiter unten zur zentralen Plaza de San Marcos mit der gleichnamigen Kirche. Sie stand Anfang des 16. Jahrhunderts noch an einem anderen Ort, an der Plaza La Arañita, und wurde ab dem Jahr 1700 hier her verlegt. Sämtliche wichtigen Ereignisse und Feste der Stadt finden auf dem weitläufigen Platz statt.







An der Ecke gegenüber des Brunnens steht die Bronzefigur von Antoñito dem Briefträger. Ihn kannten alle, und er kannte alle Bewohner der Stadt. Er hatte ein phänomenales Gedächtnis und ordnete seine Briefe nicht nach den Straßen, sondern nach Namen. 40 Jahre lang trug er die Briefe aus, von früh bis spät. Nicht nur 600, wie allgemein üblich, sondern bis zu 3000 an einem Tag. Oft stieg er noch abends aus dem Bus mit seiner schweren Tasche, denn er wollte immer, dass die Post pünktlich ihren Empfänger erreicht. Sein Vater war Pepe „der Mechaniker“ und seine Mutter Cristina „die Heilkünstlerin“, die allen Kindern der Stadt bei ihren Wehwehchen half.
Wenn gerade kein Fest ist, geht es auf der Plaza San Marcos sehr ruhig zu, denn die Lokale und Läden liegen versteckt in den Nebenstraßen. Neben dem Rathaus beginnt auch die kurze Fußgängerzone, aber auch auf den anderen Straßen in der beschaulichen Stadt ist der Autoverkehr kein Problem.






Auf den stillen Straßen geht man nun weiter, zuerst die Calle El Casino hinunter, dann nach rechts in die Calle El Carmen und danach links in die Calle Los Pobres. Die Straße der Armen ist kurioserweise die längste der Stadt. Und noch kurioser: 2018 verkaufte ein kleines Lädchen namens Casa Félix in dieser Straße eine Lostranche der Weihnachtslotterie – und es wurden 2,4 Millionen Euro in der Straße der Armen verteilt.

Die kurze Sackgasse Calle Mencey Tegueste führt nach rechts an der Arena für die Lucha Canaria vorbei, dem Stadion für kanarischen Ringkampf. Tegueste gilt als die Wiege der Lucha Canaria, der hier ansässige Kampfclub spielt immer auf den obersten Plätzen mit. Im großen Kreisverkehr an der TF-13 steht auch eine Skulptur zu Ehren der Kämpfer.
Weiter geht es in die Calle Pancho Caldera, ebenfalls eine Sackgasse. An deren Ende beginnt ein Fußpfad hinunter in die Schlucht, und plötzlich ist man mitten in der wilden Natur. Über ein paar Felsen und zwischen mächtigen Eukalyptusbäumen steigt man in den Talgrund hinunter und auf der anderen Seite wieder hinauf. Im Bachbett selbst kann man nicht weiter gehen, den bald kommt ein steiler Sprung, wo es nach dem Regen sogar einen richtigen Wasserfall geben kann.







In den Felswänden des Barranco Agua de Dios fand man unzählige Funde aus der Guanchenzeit, denn dort entdeckte man mehr als 30 Wohn- und Beerdigungsstätten der Ureinwohner. Die Schädel, Schmuckstücke, Keramikartikel, ja sogar komplette Mumien wurden ab etwa 1840 aus den Höhlen geschafft und sind auf der ganzen Welt in Museen und Privatsammlungen verschwunden. Besonders die als El Murgaño bekannte Zone gilt als eine der wichtigsten archäologischen Fundstätten Teneriffas. Während der spanischen Eroberung gehörte das Reich des Königs Tegueste zu denen, die sich besonders wehrhaft gegen die Invasion stellten, den so genannten Kriegsverbänden (bandos de guerra). Die Forscher bedauern sehr die Zerstörung durch die darüber liegende Bebauung, Abwassereinleitungen und landwirtschaftliche Nutzung. Erst die Erklärung zum nationalen Kulturgut (BIC) als archäologische Zone im Jahr 2006 konnte den weiteren Verlust von wichtigem Material verhindern.


Hier soll der erste archäologische Park Teneriffas entstehen. Eine besondere Höhle, die Cueva de los Cabezazos, soll durch einen beschilderten Fußweg zugänglich gemacht werden. In ihr fand man zuletzt im Juni 2023 zahlreiche menschliche Knochen. Es handelt sich dort um eine große Begräbnisstätte. In einem historischen Haus an der Plaza San Marco soll ein ein Museum und Informationszentrum entstehen.

Nach dem Ausstieg aus der Schlucht geht man auf einer Straße nach links, vorbei an einem seltsamen Gemälde an einer Mauer. Dort zweigt nach knapp 100m ein Fußweg ab, der sich zu einem wunderschönen Wanderweg entlang der Schlucht entwickelt. Immer an Steilabhang entlang, aber ganz gefahrlos, geht man weiter. Nach 500m kreuzt der Weg wieder eine kleine Straße.





Der Weg ist teilweise zugewachsen mit Katzenschwanzgras, eine extrem invasive Pflanze, die eigentlich nicht hier her gehört. Ebenso wie der Eukalyptus, die Agaven und die Feigenkakteen, nimmt es den einheimischen Arten den Platz weg. Heimisch sind hier eigentlich Tabaibas und Cardones, Palmen und Drachenbäume, Balos und Essigbäume. (Lies dazu auch die Artikel über das Katzenschwanzgras und die Tabaiba.)





Man kommt unterhalb von verfallenen landwirtschaftlichen Gebäuden vorbei und danach zu einem Gittertor, aber man kann getrost weiter gehen, hier steht nur ein altes Steinhaus. Ein Stück weiter, bei einem Baum, muss man etwas aufpassen, dort geht der Weg unterhalb des Baums weiter. Er geht dann kurz etwas steiler nach unten und wieder hinauf. Hier steht man direkt oberhalb der Brücke der Umgehungsstraße von Tejina. Der Ort liegt genau gegenüber und ist schon wieder ein Ortsteil des Municipios von La Laguna.



Die Gemeinde Tegueste ist komplett umgeben von der Gemeinde La Laguna und will auch weiterhin unabhängig bleiben. Mehrere Versuche der Angliederung an La Laguna sind im Laufe der Geschichte gescheitert. Tejina, Valle de Guerra und Punta del Hidalgo sind schon mit La Laguna vereinigt. Bereits 1838 schlug auch der Bürgermeister von Tegueste dies vor, aus dem einfachen Grund, dass kein Geld vorhanden war, um den Sekretär zu bezahlen. Doch die Teguesteros und Teguesteras sammelten Geld und konnten unabhängig bleiben. 1852 gab es wieder einen Versuch, die wichtigsten Männer der Stadt durften dreimal abstimmen, mit klarem Ergebnis: 5:3 und 9:4 und 17:5 für die Unabhängigkeit. In Tejina dagegen gab es umgekehrt vier Versuche, sich wieder von La Laguna zu lösen, aber alle waren erfolglos.

Vorsicht dort, wo eine Stromleitung kreuzt, dort stehen Bienenkästen. Der Weg ist jetzt wieder breit und endet auf der Terrasse La Tejinetilla. Immer im August stehen hier große Herzen, die bei Nacht beleuchtet sind. Denn am 24. August findet in Tejina die Fiesta de los Corazones statt, die seit 2003 als offizielles Kulturgut gilt. Dabei werden Herzen aus Blumen und Früchten durch die Stadt getragen und natürlich auch die Statue des örtlichen Heiligen, San Bartolomé.
Die Aussicht geht weit nach Westen über Tejina und nach Osten bis zum Leuchtturm von Punta del Hidalgo. Der Dichter und Historiker Antonio de Viana erwähnt in seinem Gedicht La Conquista de Tenerife, dass Tegina der Name der Ehefrau des Menceys Tegueste und Tochter des Königs von Tacoronte war und dass dieses Gebiet nach ihr benannt ist. Seltsamerweise gibt es einen zweiten Ort namens Tejina, ganz im Westen der Insel.


In Tejina steht eine der zwei Rum-Destillerien Teneriffas. Hier werden die Marken Guajiro, Aguere und Cocal produziert. Mehr darüber kannst du im Artikel Die Zuckerinsel lesen.
Vom Aussichtspunkt La Tejinetilla aus geht man im Zickzack auf den kleinen Straßen nach unten, zuerst auf dem Camino Napolés, dann auf dem Camino Toscana. Unten sieht man den Kreisverkehr, gleich daneben kommt man direkt an der Bushaltestelle heraus.
Die Buslinien 050 oder 105 fahren zurück nach Tegueste.
Entfernung: 5,6km
Gehzeit: 2,5 Std.
Höchster Punkt: 450m, tiefster Punkt 150m
Einstufung: C3*BL (Erklärung siehe hier)
Karte:


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Der Berg, an dessen Fuß man entlang geht, ist die Mesa de Tejina, er kann von Tegueste aus auch leicht bestiegen werden: Tisch mit Aussicht. Auf der anderen Seite des Tals kannst du hinauf wandern nach El Portezuelo: Blick ins Tal.
Artikel-Nr. 30-11E21936
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