Klettern oder nicht? Eine Wanderung zum Roque Igara.
In der Gemeinde Arona ist das Valle San Lorenzo ein stark zersiedelter Raum und wenig attraktiv für Wanderungen. Dort gibt es mehrere herausragende Berge, die wie Felstürme in der Landschaft stehen. Sie hatten schon für die Guanchen eine besondere Bedeutung. Kommt man dort hinauf oder nicht?
Geologisch gesehen sind es die Reste von Vulkanschloten. Sie entstanden, als durch die Erdkruste zähflüssige Laven aus dem Innern entweichen konnten und erstarrten. Im Laufe von Jahrmillionen wurden die weicheren Schichten von der Erosion abgetragen, und das harte Innere des Schlots blieb erhalten. Auch diese Gesteine sind zerbrochen, stehen aber immer noch als harte Brocken in der Landschaft.
Der Roque Igara ist einer davon, wobei die Bezeichnung eigentlich eine Tautologie ist. Denn „Roque“ bedeutet „Turm“ und wird auf den Kanaren auch für einen monolithischen Felsbrocken größeren Ausmaßes verwendet. Die Silbe „gara“ stammt aus der Guanchensprache und bedeutet ebenfalls „Fels, Berg, Erhebung“, taucht aber niemals alleine auf. Es gibt z.B. Landschaftsbezeichnungen wie „Tágara“ oder „Niágara“. Das „I“ am Anfang steht für einen männlichen Singular und für „hart, fest“. So ist der Roque Igara also ein besonders harter Felsbrocken. Auf manchen Karten wird er auch „Higara“ geschrieben, aber das ist vermutlich eine Erfindung der Spanier, damit er etwas „spanischer“ aussieht.

Im Dezember 2023 erschien eine ausführliche Studie über die Art, wie die Guanchen im Bereich von Arona lebten und diesen Raum nutzten, und welche Spuren sie hinterließen. Sie befasst sich mit der Verteilung der archäologischen Stätten und zieht Rückschlüsse auf Siedlungsmuster, territoriale Mobilität, wirtschaftliche Dynamik, soziale Praktiken und den Standort von Felsmalereien.

Der Roque de Chijafe, der Roque de Vento und der Igara selbst wurde zu archäologischen Schutzzonen erklärt. Am Westhang des Chijafe wurden bedeutende Felsgravuren entdeckt. Dort gibt es etwa 50 Tafeln mit einer großen Vielfalt an figurativen und geometrischen Motiven, die mit flachen und tiefen Einschnitten und vielen langen und breiten Strichen ausgeführt wurden. Die Standorte wurden gewählt, um die Tagundnachtgleiche zu beobachten und zu markieren, wann die Sonne über dem Gipfel des Chijafe an einem sehr wichtigen Tag im rituellen Kalender aufgeht.
Auch direkt unter der Spitze des Igara gibt es an den Felsen solche Gravuren. Sie bestätigen, dass der Felsbrocken in früheren Zeiten eine besondere Bedeutung gehabt haben muss, und natürlich auch, dass schon die Guanchen dort hinauf geklettert sind. Schafft man das heute auch noch? Aber selbst wenn nicht – auch eine Wanderung am Fuß des Berges ist spannend und abwechslungsreich.
Wanderung
Die Route beginnt im Ort La Camella, von wo aus der Camino Los Chijafes geradewegs auf den gleichnamigen Höhenrücken zu führt. Kurz bevor die Straße wieder ansteigt, gibt es Möglichkeiten, das Auto abzustellen. (Für die Anreise mit dem Bus siehe Beschreibung unten.)
Man geht nach rechts abwärts auf dem Camino Charco Redondo und nach 170 m halb links auf einen gut erkennbaren Wanderpfad. Er verläuft bequem und fast eben am Hang entlang. Nach rechts hat man einen Blick auf den berühmten Hausberg von Arona, den Conde, und dahinter in der Ferne auf den Roque Imoque, ebenfalls ein markanter Brocken in der Gegend (siehe Wanderung Rund um den Berg).




500 m weiter überquert man einen kleinen Rücken und hat jetzt einen Blick hinunter nach Los Cristianos. Weiter geht es am Hang des Roque de Chijafe entlang, bis man zu einem Sattel aufsteigt, wo man wieder in beide Richtungen blicken kann. Links unten liegt der Ort Cabo Blanco, und gerade voraus steht der Roque Igara, der von hier aus schon ganz beachtlich aussieht.



Man steigt hinauf zu dem Hochspannungsmasten und danach hinunter zum nächsten Sattel. Dort gibt es einen kleinen, interessanten Heiligenschrein in der Felswand mit allerlei Figuren und Bildchen. Die größte Figur stellt den Heiligen Bruder Pedro dar, den einzigen heiligen Ziegenhirten der Welt. Er stammte aus Vilaflor und betätigte sich Mitte des 17. Jahrhunderts in Guatemala als Missionar und Arzt. 2002 wurde er vom Papst heilig gesprochen.






Direkt rechts daneben, an der roten Felswand, beginnt ein alter Kanal aus weißem Tuffgestein. Dort geht man neben dem Kanal auf einem Pfad weiter. Der Kanal ist immer wieder zerbrochen, und man sollte an einigen Stellen etwas Vorsicht walten lassen, besonders dort, wo es direkt an einer Felswand vorbei geht. Nach 400 m verlässt der Pfad den Kanal. Bald danach steht man wieder auf einem Sattel und hat nun einen Blick auf den Roque Igara von der anderen Seite.





Scharf nach links geht es weiter am Hang entlang und hinüber bis zum Sattel unterhalb des Igara. Dort 100m nach rechts und dann nach links oben kommt man zu einem schönen Rastplatz mit Ausblicken in alle Richtungen. Irgend jemand hat hier einmal eine Matratze herauf geschleppt…


Hier stellt sich nun die Frage, klettern oder nicht? Wer tatsächlich auf die Spitze des Roque Igara kommen will, braucht viel Mut und Erfahrung.
ACHTUNG: Dies hier ist keine Empfehlung für den Aufstieg. Er ist gefährlich, und es gibt keinen Weg!


Man könnte zunächst einmal eben weiter gehen bis zu einem auffälligen, großen Cardón unterhalb eines braunen Felsens. Danach müsste man nach oben klettern, über lockere Steine und große Felsbrocken, zwischen stachligen Kakteen und klebrigen Tabaibas, an denen man sich nicht festhalten kann. Der Blick nach oben ist entmutigend, es sind rund 80 Höhenmeter allersteilstes Gelände. Noch einmal: Es gibt definitiv keinen Weg. Der Abstieg wird schwieriger sein als der Aufstieg. Bei einem Sturz gibt es keine Hilfe! 2021 musste ein 62-jähriger Wanderer hier mit dem Hubschrauber heraus geholt werden.
Wie es da oben aussieht, kann man sich auch in diesem Video anschauen:
Der Normalwanderer sucht sich jetzt vom Sattel einen Weg hinunter zum Fußballplatz. Ein etwas mutigerer Normalwanderer geht weiter auf dem Weg, der den Roque Igara südlich umrundet. Auch dort gibt es noch genug Felsen zum Klettern.

Auf dem Weg unterhalb des Rastplatzes geht es zunächst einmal 200 m weiter, mit einem kleinen, etwas steileren Aufstieg zu einem Bergrücken. Danach geht es links abwärts, wobei man den Weg aber zunächst etwas suchen muss. Er läuft steil abwärts auf einen Grat zu, und dort gibt es ein paar Stellen, wo man zwischen den Felsen hinunter klettern muss. Es ist ein kurzes, aber steiles Stück durch diese Felspartie, bis man schließlich unten im Tal ankommt.


Man geht ein Stück über besonders hellen Untergrund, und biegt dann rechts ab hinüber zum Fußballplatz von Cabo Blanco. Hier spielt und trainiert der Verein CD I’gara (mit dem Apostroph nach dem I).



Nun muss man leider ein Stück durch die Stadt gehen. Zuerst über einen wilden Parkplatz und und dann in die schmale Gasse Calle Guacimara hinein, an deren Ende nach rechts bis zu einer größeren Straße, und dort wieder links. 300 m weiter oben biegt man an einem kleinen Kreisverkehr scharf links ab in die Calle La Luz. In der Siedlung 400 m weiter oben biegt man an der vorletzten Querstraße links ab, es ist die Calle El Cercado. Von dort aus geht es durch ein kleines Tal und auf der anderen Seite steil hinauf zum Ausgangspunkt der Wanderung.
Entfernung: 5 km
Gehzeit: 3 Std.
Höchster Punkt: 330 m, tiefster Punkt 240 m
Einstufung: C1**WBR (Erklärung siehe hier)
Wer den Rückweg durch den Ort Cabo Blanco nicht machen will, kann unterhalb des Fußballplatzes auf einer Piste weiter gehen, die das Tal in einer Rechtskurve durchquert. (Karte grün) Dann mehr oder weniger geradeaus bis zur Hauptstraße und zu einer Bushaltestelle. Das empfiehlt sich auch für diejenigen, die ohnehin mit dem Bus nach La Camella anreisen.
Karte:

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Zu Niágara und Tágara findest du Wanderungen hier: Wildnis bequem, In luftiger Höhe.
Artikel-Nr. 04-02636C94
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