Tisch mit Aussicht (III)

Was machen wir mit Mesa Mota?

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Wir machen einen Plan. Dann machen wir Geld locker. Dann fangen wir an zu bauen. Aber dann haben wir noch einen andere Idee. Dazu brauchen wir mehr Geld. Aber eigentlich haben wir gar kein Interesse mehr. Wir warten mal ab… So verläuft – kurz zusammengefasst – die Geschichte von Mesa Mota.

Zuerst einmal die Geschichte. Eine Rundwanderung um die Mesa Mota ist weiter unten beschrieben.

Mesa Mota ist ein Berg im Stadtgebiet von La Laguna mit einer Hochfläche in etwa 735m Meereshöhe. Von dort oben hat man eine fantastische Aussicht über die ganze Stadt. Man sieht den Teide in der Ferne und nach Norden geht der Blick in das Tal von Tegueste und bis zum Meer. Der Südabhang des Bergs ist bewachsen von Opuntienkakteen und Agaven, auf der Hochfläche wachsen Kiefern, auf der etwas feuchtere Nordseite haben sich Eukalyptusbäume und Baumheide stark vermehrt. Während der Berg heute von weitem recht grün erscheint, zeigt das Foto von 1916 einen kahlen, vegetationsarmen Höhenrücken.

Am Wochenende wird es voll auf der Mesa Mota. Viele Anwohner von La Laguna fahren dort hinauf, denn man kann im Wald schön spazieren gehen, und auf dem schattigen Picknickplatz trifft sich wie üblich die ganze Großfamilie. Das Motocross-Gelände auf dem Nebenhügel wurde Ende 2017 geschlossen und wird ab Februar 2018 renaturiert.

Die wenigsten Ausflügler interessieren sich für das verlassene Gebäude neben dem Picknickplatz, denn keiner weiß so recht, was es damit auf sich hat und wozu es eigentlich gut sein soll.

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Es begann in den 1950er Jahren, als der Tontaubenschießclub von Teneriffa den Bau eines Clubheims in Auftrag gab, das auch als Wohnheim genutzt werden sollte. Doch 1964 wurde der Weiterbau gestoppt, keiner weiß mehr, warum. Was wir heute sehen, ist weitgehend das Gebäude aus dieser Zeit. Lange tat sich nichts.

Erst 2001 beschloss die Stadt La Laguna, das dahinsiechende Bauwerk wieder zum Leben zu erwecken. Es sollte eine Mehrzweckanlage werden, ein Ausbildungszentrum mit einem Wohnbereich und 19 Hotelzimmern, mit Veranstaltungsräumen, Sportanlagen, Schwimmbad, weiträumigen Grünanlagen und Parkplätzen für 130 Autos. Fast 3 Millionen Euro wurde dafür zur Verfügung gestellt. Pikant ist, dass man überhaupt nicht wusste, welche Institution dort einmal einziehen sollte. Die Anlage sollte „unabhängig von ihrer späteren Nutzung“ erstellt werden. Gleichzeitig wurde nebenan der Picknickplatz gebaut, mit Feuerstellen und Spielbereichen – das Einzige, was heute tatsächlich genutzt wird.

Die Zuteilung geht im Jahr 2002 an die Firma FCC, die noch im selben Jahr eine Planänderung forderte, weil sich sowohl am Gebäude als auch bei der Tragfähigkeit des Untergrunds technische Probleme ergaben.

Im September 2003 hatten einige Regierungsmitglieder die Idee, dass man dort ein Zentrum für die biologische Vielfalt Makaronesiens einrichten könnte, wofür es möglicherweise europäische Fördergelder geben könnte. Gleichzeitig forderte aber der zuständige Baudezernent, dort ein Wohnheim für Sportler und ein Rehabilitationszentrum zu schaffen.

Im Juli 2004 wurde ein modifizierter Plan beschlossen, verbunden mit einer Kostenerhöhung von 19,8%. Doch einen Monat später stoppte die Stadt den Weiterbau, weil sie noch eine zweite Planänderung abwarten wollte. Die Bauarbeiten wurden jedoch nicht wieder aufgenommen, und schließlich verlangte die Baufirma die Auflösung des Vertrags und forderte von der Stadt eine Aufwandsentschädigung von 839 037 Euro.

Die Bürgermeisterin von La Laguna favorisierte dann 2006 den Plan, in Mesa Mota ein Kongresszentrum für die Universität einzurichten. So haben wir also eine Menge Geld investiert, ohne eigentlich wirklich zu wissen wofür.

Am 27. März 2007 kam noch ein Denkmal dazu. Zur Erinnerung an die fürchterliche Flugzeugkatastrophe am 27. März 1977 in Los Rodeos errichtete man ein 18m hohes Mahnmal, eine Wendeltreppe in den Himmel aus 12 Tonnen Stahl, geschaffen von dem holländischen Künstler Rudi van de Wint. Natürlich fand die Einweihung unter Anwesenheit der politischen Prominenz statt, aber neue Gedanken zu Mesa Mota kamen nicht zum Vorschein.

Tatsächlich fanden im Jahr 2008 auch zwei Veranstaltungen dort statt, die 1. Interinsularen Umwelterziehungstage und der 5. Kongress junger Krebsforscher. Aber irgendwie hatte man wohl den Eindruck, dass so ein Treffpunkt zwischen dem Picknickplatz für‘s Volk und dem Mahnmal der Flugzeugkatastrophe vielleicht nicht der richtige Ort ist.

In der Folgezeit spielte sich nichts mehr ab. Genauer gesagt, es spielte sich das ab, was bei verlassenen und unbewachten Gebäuden leider immer passiert. Steine fliegen durch die Fensterscheiben, Türen werden aufgebrochen, Mobiliar wird zerstört und elektrische Anlagen werden geklaut. Das blaue Absperrband der Polizei bewirkt nicht viel. Irgendwann werden Fenster und Türen zugemauert und die weiteren Beschädigungen und Wandmalereien beschränken sich auf die Außenanlagen.

Die Unentschlossenheit und das Fehlen jeglicher Aktionen von Seiten der Stadt führt dazu, dass das Gebäude immer mehr verrottet und immer höhere Kosten entstehen, sollte man es jemals wieder in Betrieb nehmen wollen.

Was machen wir bloß mit Mesa Mota? Niemand hat eine Ahnung.

Viele Studentengruppen kommen hier herauf zum Joggen, Trainieren, und natürlich auch zum Feiern. Ärger gibt es dann immer wieder, wenn nach ausgiebigen Festgelagen Berge von Müll zurückbleiben. Die Stadt hat Schwierigkeiten, dies in den Griff zu bekommen, denn private Feiern sind nicht genehmigungspflichtig, und die Gruppen können juristisch nicht belangt werden. Man müsste die Täter in flagranti erwischen, aber dazu fehlt das Personal. Die Studenten wehren sich und sprechen von pauschaler und einseitiger Kriminalisierung. Eine Zugangskontrolle ist nicht möglich, auch das wäre ein zu großer Aufwand. Die Stadt versucht nun wenigstens zu erreichen, dass größere Veranstaltungen vorher angemeldet werden müssen.

In diesem Video sieht man die „Verwüstungen“, die nach einer Veranstaltung der Fakultät für Jura am 15. Oktober 2017 hinterlassen wurden: 1600 kg Müll!

Auch wenn mann weiter „ins Gebüsch“ geht, sieht es nicht sehr hübsch aus.

Eine Woche später jedoch wurde nach einer von der Polizei begleiteten „Macrofiesta“ von 800 Studenten der Picknickplatz komplett sauber verlassen:

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Was alles erlaubt und verboten ist, erklärt ein großes Schild am Eingang des Picknickplatzes. Selbstverständlich müssen Hunde an der Leine geführt werden und der Tyrannosaurus darf erst gar nicht hinein. Seit Jahren amüsieren sich die Studenten über diesen Scherz. Wer dafür verantwortlich ist, bleibt bis heute ungeklärt.

Ein neuer Vorschlag zur Nutzung der Gebäude kam im März 2022. 15 Vertreter aus Städten, die von der UNESCO als Weltkulturerbe anerkannt wurden, trafen sich in La Laguna, um über zukünftige Projekte der Erhaltung ihrer Städte zu sprechen. Der Bürgermeister von La Laguna schlug vor, einen Teil der Fördermittel, die vom Ministerium für Tourismus kommen, für den Ausbau von Mesa Mota zu verwenden. Nach seinen Plänen soll dort ein Parador Nacional entstehen. „Wir setzen uns entschlossen dafür ein, dass wir in sehr kurzer Zeit sagen können, dass unsere Stadt endlich einen Parador bekommt.“

Die sehr kurze Zeit wird noch eine Weile dauern. Eines ist sicher: Der prominente Berg wird auch in Zukunft die Verwaltung weiter beschäftigen. Gibt es noch eine vernünftige Lösung für Mesa Mota?

Mehr über das historische La Laguna findest du hier: Weltkulturerbe.


Wanderung:
Hier ist ein Vorschlag für eine Rundwanderung um den Berg, die durchaus lohnend ist, schon allein wegen den fantastischen Aussichten.

Vorbemerkung: Der erste Teil der Wanderung von A bis B ist ein gemütlicher Waldspaziergang ohne Probleme. Der zweite Teil durch die Südflanke des Bergs von B nach C ist anspruchsvoll. Es gibt kurze Wegabschnitte, die steil und rutschig sind, auch bei trockenem Boden. Es ist nicht empfehlenswert, diesen Weg nach Regenfällen zu begehen. Trittsicherheit ist absolut erforderlich, denn es gibt keine Möglichkeit, sich irgendwo festzuhalten. Eine direkte Absturzgefahr besteht zwar nicht, aber man bewegt sich ständig zwischen einem Gestrüpp aus Brombeeren und Kakteen. Wer sich das nicht zutraut, kann hinter dem Picknickplatz durch den Wald gehen, am Sportplatz vorbei, und sich dann nach rechts einen der Trampelpfade aussuchen, die wieder hinunter zur Straße führen, oder auf der Straße selbst zurücklaufen.

Das Auto stellt man am besten an der Schranke der Zufahrtsstraße (A) ab. Die Fahrt hinauf zum Parkplatz sollten nur hartgesottene Autofahrer wagen, denn es gibt tiefe und große Schlaglöcher, um die man kaum herumkommt.

Links der Straße wurde ein Parkplatz angelegt. Genau dort geht man hinein und gleich rechts, wo ein mit einer Kette versperrter Weg parallel zur Straße durch einen Baumheidewald führt. Der Weg macht eine Linkskurve, geht leicht bergauf, und man kommt durch den Eukalyptuswald. Man bleibt immer auf dem Hauptweg und lässt Abzweigungen nach rechts unbeachtet.

Nach links hat man einen schönen Blick hinunter ins Tal von Tegueste. Von hier aus sieht man sehr deutlich die Mesa de Tejina und den Höhenrücken La Orilla. Das sind andere schöne Aussichtsberge, zu denen eine Wanderung hier beschrieben ist: Tisch mit Aussicht (II).

Nach 850m knickt der Weg in einer Haarnadelkurve nach rechts. Nach einem geraden Stück von 150m hält man sich im Wald wieder links und stößt bald darauf auf die Straße, auf der man nach links oben geht.

Dort öffnet sich der Blick auf die Bergkette des Anaga und über die weite Ebene von Las Mercedes und Jardina. Ein Stück weiter sieht man rechts oberhalb schon den Picknickplatz. Zum oberen Parkplatz kann man mit dem Auto fahren, der untere Parkplatz ist mit einer Schranke abgesperrt (B). An dieser Stelle bietet es sich an, zum Denkmal der Flugzeugkatastrophe zu gehen und um das Gebäude der Mesa Mota herum. Unter den Kiefern findet man bestimmt auch ein schattiges Plätzchen für eine Pause.

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Für den Weiterweg, Teil 2, geht man zurück zum Punkt (B). Etwa 5m hinter der Schranke muss man einen verwachsenen Pfad suchen, der sogleich steil abwärts durchs Gebüsch geht. Ein paar Meter weiter unten entdeckt man dann den Wanderpfad, der nun hangparallel verläuft. Es gibt immer wieder steile Abschnitte, bei denen große Vorsicht angesagt ist. Ein Stolpern könnte einen unangenehmen Sturz in die Kakteen zur Folge haben. Die fantastische Aussicht über La Laguna genießt man am besten nur im Stehen. Der Weg führt unterhalb des Denkmals in stetem Auf und Ab langsam um den Berg herum, bis man zu einer markanten Felsnase kommt. Dort sieht man unterhalb schon die Straße.

Weiter durch den Hang kommt man langsam abwärts und geht oberhalb der Straße bis zu deren Rechtskurve. Von dort geht man auf der Straße ein kurzes Stück zurück zum Ausgangspunkt (C).

Entfernung (beide Teile): 2,9km
Höchster Punkt: 735m, tiefster Punkt: 655m
Karte:mapa

Gehe zu Google Map:

Diesen Text als pdf und die Wanderung als kml-Datei für Google Earth: Sieh nach auf der Seite SERVICE und schreib mir eine Mail.

Geht man am Startpunkt der Wanderung nach links über den Parkplatz, kommt man zu einem schönen Spazierweg über den Höhenrücken. Dort war früher ein hässlicher MotoCross-Platz, der restauriert und aufgeforstet wurde. Den Spaziergang findest du hier: Blumenwiesen.

Lies auch den Artikel Über den Dächern der Stadt, dort findest du Ausblicke auf La Laguna von einer anderen Perspektive. Einen herrlichen Blick über Santa Cruz hat man von einem anderen schönen, aber verlassenen Erholungspark: Tisch mit Aussicht (I).


Artikel-Nr. 17-9-89

3 Gedanken zu “Tisch mit Aussicht (III)

  1. Pingback: Blumenwiesen | Mein Teneriffa - Mi Tenerife

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