
Auf dem Camino Real del Sur.
Diese leichte Wanderung führt auf historischen Wegen durch die Halbhöhenlandschaft von Granadilla und San Miguel de Abona. Hier lernt man viel über die Geschichte und Kultur dieses Landstrichs, der auch heute noch im Schatten des Tourismus-Booms liegt. Schöne Aussichten inklusive.
Auf den ersten Blick scheint diese Streckenwanderung etwas lang, sie ist jedoch nicht anstrengend und bietet unterwegs viele Möglichkeiten für eine Rast. Da sie weitgehend parallel zur Hauptstraße TF-28 verläuft, kann man sie sehr gut mit einer Busfahrt kombinieren. Genaues siehe unten.

Vom Busbahnhof in Granadilla geht man hinauf zur Hauptstraße und auf dieser Richtung Norden. Man kommt an einem großen alten Eukalyptusbaum vorbei und sieht bald rechts eine kleine alte Kirche. Davor zweigt links die Calle Las Aguilillas ab, auf der man später weiter geht. Zunächst lohnt sich aber ein Abstecher zur Plaza González Mena vor der Kirche, die zum ehemaligen Franziskanerkloster San Luis Obispo gehört. Große Exemplare von Indischem Lorbeer spenden Schatten, wie auf vielen kanarischen Plätzen, und beeindrucken durch ihre riesigen Wurzeln.



Das Kloster wurde schon 1665 erbaut und weist eine wechselhafte Geschichte auf. Bei einem Brand im Jahr wurde es komplett zerstört, aber wieder aufgebaut. Ab 1836 diente es dem Militär als Kaserne und Kerker. Ein erneuter Brand 1963 forderte 23 Menschenleben, seit 1985 steht es unter Denkmalschutz, aber 1991 brannte es schon wieder nieder. Heute beherbergt es die Stadtbücherei.

Danach geht man etwa 50m zurück und biegt in die Calle Las Aguilillas ein, die sogleich steil bergauf führt. Nach 250m wird es etwas flacher, und direkt nach den letzten Häusern beginnt links der markierte Wanderweg, der nun auf altem Steinpflaster eben weiterführt. Man kommt am Sportplatz vorbei, überquert die TF-21 und folgt weiter der Beschilderung nach San Miguel. Vor der kleinen Kapelle Virgen del Pino bietet sich eine kleine Erholungspause an.





Danach geht man die Calle Virgen del Pino hinunter, wo man bei einer Informationstafel rechts abbiegt. Wieder kommt ein Wegstück des alten Camino, der nun in ein Barranco hinunter führt. Unten muss man ein bisschen aufpassen: Es geht bei einem weißen Haus noch einmal scharf nach rechts oben weiter, leider steht hier kein Schild. Aber wer es verpasst, findet auf jeden Fall hinunter zur Hauptstraße.
Jetzt befindet man sich im Ort Charco del Pino. Direkt hinter der Dorfkirche, die dem König Louis IX von Frankreich gewidmet ist, beginnt eine schmale Straße zum Aussichtspunkt Chiñama. Ein Abstecher ist lohnenswert, denn hier ist einer der „Balkone des Südens“ mit einem perfekten Blick bis hinunter zur Küste, wo man den Hafen von Granadilla erkennen kann. Der Begriff Chiñama bezeichnet die Gegend, die schon in der Guanchenzeit dicht besiedelt war. In der Umgebung fand man zahlreiche Wohnstätten und Felszeichnungen der Guanchen.





Nun geht es ein kurzes Stück auf der TF-28 weiter. Direkt beim Ortsschild zweigt links wieder der Wanderweg ab, der gleich ein kleines Tal durchquert. Nach etwa 500m beginnt dann der Abstieg in den wilden Barranco de la Orchilla. Die Orchilla ist eine Flechte, die als weiße Fläche auf den Felsen wächst. Aus ihr wurde früher ein purpurroter Farbstoff gewonnen, der heute er E182 heißt, das Orcein. Es war eines der ersten Exportprodukte der Kanaren.





Weiter oben sieht man die Straßenbrücke der TF-28, einer der höchsten Brücken im Süden Teneriffas. Der Aufstieg auf der anderen Seite sieht schlimmer aus, als er ist. Oben kommt man an einem Ziegengehege vorbei. Der Weiterweg auf einem Schottersträßchen ist nicht zu verfehlen. Bald steigt man dann wieder auf einem alten Steinpflasterweg aufwärts und findet links einen großen runden Dreschplatz. Nach der Überquerung einer Nebenstraße komm man am „Haus mit den Dachziegeln“ vorbei. Hier ein Auszug aus der Informationstafel:
Das “Haus mit den Dachziegeln“ ist eine Alte Scheune, welche für die landwirtschaftlichen Fläche, als Lager genutzt wurde und eine der wenigen die eine eigene Wasserquelle besahs. Das Grundstück ist eingezäunt und verfügt über einen Garten an seiner Seite. Da das Haus bereits auf grundlegende schriftlich Anwesen im Jahre 1602, kann man ableiten, einem früheren Baudatum. Derzeit unter Berücksichtigung der Daten, mit dem Konto, können Sie größere Präzision zu erreichen, als zu sagen, es war wohl in den späten sechzehnten Jahrhundert. …
Dieses Haus, typisch für landwirtschaftliche Flächen mit einer Epoche, einem Ofen, Stall, Scheune und Wasserversorgung für den Betrieb der umliegenden Land und das Leben von Pächtern, die in dem genannten Gebäude lebten benötigt.








Das Grundstück ist nicht einzäunt. Hinter dem Haus entdeckt man den alten Brunnen und einen weiteren großen Dreschplatz. (In diesem Artikel findest du ein kleines Video über die Technik, mit der auf solchen Dreschplätzen früher die Arbeit gemacht wurde: Alles, was vier Beine hat.)
Jetzt ist es nicht mehr weit bis zum Ortsrand von San Miguel de Abona. Man geht einfach geradeaus weiter, bis man zur Kirche kommt.
Das historische Zentrum von San Miguel steht seit 2013 ebenfalls unter Denkmalschutz. Entlang der Calle de la Iglesia befinden sich zahlreiche alte Häuser aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Auf dieser Straße kommt man zu der „Kreuzung der 4 Ecken“, wo sich heute ein hübsches Landhotel befindet und gegenüber die Touristeninformation.







Geht man auf der Carretera a Los Abrigos etwa 150m bergab, kommt man zu einem außergewöhnlichen Gebäude, dem „Blauen Haus“. Ein kanarischer Auswanderer, der lange Zeit in Brasilien lebte, hat dieses Haus im brasilianischen Landhausstil errichtet. Typisch sind die Balkone, die große Terrasse auf der Talseite, die Geländer und die hohen Fenster und Türen. Heute ist hier das Rathaus von San Miguel, sicherlich ein sehr „unkanarisches“ Rathaus.






Zurück zu den 4 Ecken und weiter auf der Calle de la Iglesia, kommt man gleich zur „Casa del Capitán“. Es ist ein typisches Anwesen einer reichen Familie, mit großem Innenhof, Weinkeller und Getreidespeicher. Einer der Nachkommen der Familie war Anfang des 19. Jahrhunderts mehrmals Bürgermeister und ein hoher Hauptmann beim Militär, daher der Name des Gebäudes. Nach einem Brand im Jahr 1978 wurde hier das historische Museum von San Miguel eingerichtet (nur vormittags geöffnet).




Geradeaus weiter auf der Straße unterhalb der Casa del Capitán muss man nach 250m etwas aufpassen. Es geht 10m links und gleich wieder rechts. Dort entdeckt man auch wieder ein Wanderschild nach Aldea Blanca. Man kommt an einem alten Tuffsteinbruch vorbei, geht durch ein kleines Tal und weiter auf dem alten Camino Real del Sur.

Wo sich der Weg teilt, sollte man den linken nehmen. Beide führen zum Weiler La Hoya, aber der linke ist interessanter, denn dort kommt man hinunter zur Quelle von Tamaide. Unter riesigen Felsblöcken tritt hier an einer wasserundurchlässigen Schicht das ganze Jahr über Wasser aus. Man hat ein Becken angelegt, wo sich Mensch und Tier mit dem kostbaren Nass versorgen konnten. Die Quelle war ein wichtiger Treffpunkt von Hirten, Wasserträgern oder Passanten auf dem alten Weg. Vom Becken leitet ein Kanal das Wasser zu den Feldern. Üppige Vegetation wächst rundherum, Vögel zwitschern und Frösche quaken.






Hier wächst auch eine bestimmte Kaktusart, die Pencas, auf denen im 19. Jahrhundert die Cochenille-Laus gezüchtet wurde. Aus den in der Sonne getrockneten Läusen wurde der Farbstoff Karmin gewonnen. Der Lebensmittel- oder Kosmetikzusatz ist heute an der Bezeichnung E120 zu erkennen. Allerdings spielt er seit etwa 1870, nachdem andere chemische Farbstoffe zur Verfügung standen, auf den Kanaren keine wirtschaftliche Rolle mehr.

Auf der anderen Talseite kommt man hinauf nach La Hoya. Dies ist der älteste Ortsteil von San Miguel. Hier findet man, etwa 100m links auf der Straße, einen alten Brennofen, in dem Dachziegel hergestellt wurden. Es ist interessant, auf der Informationstafel etwas über den Brennvorgang zu erfahren.





Das Dorf La Hoya zeigt die typische ursprüngliche Bauart der Häuser aus groben Bimsstein, es steht komplett unter Denkmalschutz. Etwa ein Dutzend Häuser sind noch erhalten. Geht man den Hauptweg hinunter, kommt man zu einer Anlage, die als Landherberge hübsch hergerichtet ist.









Dahinter führt der Weg nach rechts in ein Tal hinein und gleich steil bergab. Dort liegt eine weitere wichtige Quelle für die Wasserversorgung der Dorfbewohner, die Fuente de La Hoya. Hier ist das rötliche und wasserundurchlässige Erdreich, genannt Ocker, dafür verantwortlich, dass eingesickertes Wasser zu Tage treten kann. Diese Schicht entstand durch Verbrennen von Vegetation bei Überlagerung mit neuem Eruptionsmaterial.


Gleich danach kommt man in einem Tal an der Resten einer alten Siedlung vorbei, der Casa del Gato. Die alten Terrassenfelder in der Umgebung bezeugen eine einst intensive Landwirtschaft. Es ist schwer vorstellbar, dass diese Ruine früher ein wichtiger Orientierungspunkt war und auf den heute so einsamen Wegen einmal reges Kommen und gehen herrschte.

Nun beginnt der letzte Teil der Wanderung, der Aufstieg zum klar erkennbaren Ziel: Der Aussichtspunkt La Centinela. Oben thront der mächtige Roque de Jama. Er ist vor 1,1 Millionen Jahren durch das langsam abkühlende Magma im Inneren des Vulkans entstanden, und die Kräfte der Erosion haben den harten, einstigen Vulkanschlot freigelegt, indem sie die leicht erodierbaren Materialien des umgebenden Gesteins abtrugen.
In einer Rechtskurve darf man nicht dem ausgeschilderten Wanderweg nach Aldea Blanca folgen, sondern bleibt weiter auf dem zum Aussichtspunkt aufsteigenden Weg. Dort oben ist ein weiterer Balkon des Südens mit einem prächtigen Rundblick. Im Westen sieht man bis nach Los Cristianos, im Süden nach Las Galletas und hinter dem Flughafen die Montaña Roja von El Médano, ganz weit im Osten auch der Hafen von Granadilla. Der Aufstieg hat sich gelohnt.
An der Hauptstraße hinter dem Aussichtspunkt befindet sich die Bushaltestelle für die Rückfahrt. Richtung Los Cristianos ist sie etwa 100m unterhalb der Kurve.
Hier noch einmal das letzte Wegstück in umgekehrter Richtung:
Entfernung: Wanderung 11,6km + Abstecher Chiñama 0,7km (hin und zurück)
Gehzeit: 4 h + Besichtigungen in Granadilla und San Miguel
Höchster Punkt: 717m, tiefster Punkt: 436m

Organisatorisches:
Da auf der TF-28 regelmäßig Busse fahren, kann man die Wanderung in verschiedenen Varianten machen:
Variante 1: Wer von Los Cristianos kommt, kann mit der Linie 416 direkt nach Granadilla fahren und von La Centinela wieder zurück. Der Bus fährt etwa einmal pro Stunde.
Variante 2: Wer mit dem Auto kommt, parkt in Granadilla, wandert zur La Centinela und fährt mit dem Bus zurück nach Granadilla. Oder umgekehrt.
Variante 3: Es gibt auch die Möglichkeit, nach Granadilla von San Miguel aus zu fahren. Dort fährt außerdem die Linie 484, von Las Chafiras kommend.
Variante 4: Man kann auch die beiden Teiletappen Granadilla – San Miguel und San Miguel – La Centinela getrennt erwandern.
Variante 5: Die Hin- oder Rückfahrt mit dem Taxi kostet nur wenige Euro.

San Miguel de Abona hat noch mehr zu bieten. Schau das offizielle Video von TurismoSanMiguel an:
Eine Wanderung zur Montaña Amarilla an der Küste findest du hier: Wüste, Küste, fliegende Golfbälle.
Gehe zu Google Map:
Diese Wanderung als pdf und kmz-Datei für Google Earth: Lies nach auf der Seite SERVICE und schreib mit eine Mail.
Artikel-Nr. 25-2-108