Der Hamilton Park
Tacoronte ist nicht unbedingt ein Ziel mit touristischen Highlights. Staus auf der Autobahn und ein überlastetes Stadtzentrum, mehr scheint es da nicht zu geben. Der ruhige und gemütliche Teil der historischen Altstadt liegt aber etwas versteckt. Ein Rundgang lässt sich gut mit einem Bummel durch den Parque Hamilton verbinden.
Dieser Vorschlag ist ein bequemer Spaziergang zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten. Mit dem Auto muss man sich zuerst einmal durch das Stadtzentrum quälen und auf der TF-16 Richtung Tejina fahren. In einer Linkskurve sieht man dann den alten Drachenbaum von Tacoronte, der wird später noch genauer begutachtet. Am nächsten Kreisverkehr geht es links Richtung Mesa del Mar, nach 250m kommt man zu einem kleinen Platz mit einem modernen Brunnen und einer alten Kapelle, dort gibt es Parkplätze direkt vor dem Eingang zum Parque Hamilton.
Zunächst einmal kann man sich auf der gegenüber liegenden Straßenseite die Alhóndiga anschauen, ein mächtiges, altes Haus mit schlichter Fassade. Es ist der ehemalige Kornspeicher, in dem die Gemeinde ihre Schätze aufbewahrte, die die Bauern ablieferten, das waren vor allem Säcke mit Weizen. Vor 300 Jahren und bis ins 19. Jahrhundert hinein war hier die lebhafteste Ecke von Tacoronte. Die erhöhte Lage über der Straße betonte die Wichtigkeit dieses Gebäudes und bot dem Getreide Schutz vor Feuchtigkeit, Ratten und Ungeziefer. Der Lagerraum war im oberen Stockwerk. Im Erdgeschoss befand sich eine Bäckerei, der Schlachthof und das Gefängnis. Deshalb trafen sich rund um die Alhóndiga jeden Tage viele Bürger von Tacoronte. Heute wird das Haus zu kulturellen Zwecken genutzt, in der „Woche des Weins“ finden hier Tagungen und Ausstellungen statt.
Gegenüber befindet sich ein kleiner Platz mit kanarischen Kiefern und einer Kapelle. Es ist die letzte Station des Kreuzweges, am Hauptverbindungsweg von Tacoronte mit La Laguna, und eine Pflichtpause für alle Pilger. Auf dem Steinpflaster zwischen den Bäumen rutschten sie auf Knien zum Kreuz.
Der eigentliche Spaziergang beginnt nun am Eingang des Parque Hamilton. Dort sieht man zunächst ein paar Beispiele für die unterschiedliche Erziehung von Weinstöcken hier auf der Insel. Tacoronte-Acentejo ist eine der fünf Weinbauregionen Teneriffas, im Ort gibt es zahlreiche renommierte Weinkellereien. Weiter oben ist der Park ein kleines Naturmuseum mit zahlreichen einheimischen Bäumen und Pflanzen aus dem „Monteverde“. In dem kleinen Tal mit einem Bachlauf, den man auf einer Holzbrücke überquert, wachsen noch beachtliche Exemplare von Viñátigos, den kanarischen Lorbeerbäumen. Ein größerer zusammenhängender Lorbeerwald existiert noch oberhalb von Tacoronte beim Ort Agua García. Lies hierzu den Artikel Märchenwald.
Der Park hat seinen Namen zu Ehren der englischen Familie Hamilton, die hier in Tacoronte Grundbesitz hatte. Die Hamiltons zählten zu den Wegbereitern des kanarischen Fremdenverkehrs. Sie waren vom touristischen Potenzial der Inseln überzeugt und ermöglichten zahlreichen Landsleuten einen Besuch der Insel.
Lewis Hamilton kam 1816 als junger Mann nach Teneriffa und gründete später zusammen mit seinem Kompagnon die Bruce Hamilten Co., die sich mit dem Export von Wein, Tomaten, Kartoffeln und Cochinilla beschäftigte. Seine Söhne und Enkel hatten einen wichtigen Einfluss auf das wirtschaftliche Geschehen in Teneriffa und förderten den Tourismus.
Die Hamiltons bauten auch im Anaga-Gebirge eine Signalstation, mit der die Ankunft von Handelsschiffen in Santa Cruz angekündigt wurde. Sie ist heute eine fantastisch gelegene Ruine bei Igueste de San Andres: Semáforo de Igueste. Ein weiteres Werk der Familie Hamilton ist das Pumpwerk La Gordejuela an der Küste von Los Realejos, mit dem das Wasser einer Quelle auf die höher gelegenen Felder gepumpt wurde.
Am oberen Ende des Parks kommt man auf einen gepflasterten Weg, den Callejón José Izquierdo, er steigt etwas an und endet am Kirchplatz.
Dort geht man zunächst links bis zur Hauptstraße und dort ein Stück abwärts bis zum Drachenbaum. Es handelt sich ebenfalls um ein gigantisches Exemplar, das bestimmt schon viele hundert Jahre alt ist. Leider ließ es sich nicht vermeiden, den Stamm mit einem Eisenkorsett zu stützen.
Ein bisschen weiter oberhalb biegt man von der Hauptstraße rechts ab und kommt zur Plaza del Cristo. Vielleicht wäre jetzt ein Eis angesagt, in der Bar „La Dulzura de Oyá“ (kubanischer Name für die Jungfrau von Candelaria), oder ein Bierchen in der Bar „La Nueva Esquina“.
Auf der einen Seite des Platzes steht das schlichte Rathaus von Tacoronte, davor eine Tafel, die daran erinnert, dass im Jahr 1911 der König Alfonso der 13. diesen Ort zur Stadt erklärt hat. Gegenüber erhebt sich die Kirche des Allerheiligen Christus der Schmerzen mit einer absolut symmetrischen Fassade aus schwarzem Basalt, sie wurde ab 1664 erbaut. Im Inneren fallen die schlichte, weiß gekalkten Wände auf, die silbernen Leuchter und die prächtige hölzerne Kanzel.
Daneben, glänzend weiß, die glatte Fassade des ehemaligen Augustinerklosters aus dem 17. Jahrhundert. Seit 1837 gehört es der Gemeinde, beherbergt heute eine Musikschule und wird für kulturelle Veranstaltungen genutzt wird.
Auf dem gleichen Weg geht man wieder zurück, entweder wieder durch den Park oder geradeaus hinunter bis zur Kreuzung El Calvario.
Wie könnte es anders sein. Auch dieser kleine Park gibt Anlass zu politischen Meinungsverschiedenheiten. Nachdem der Park im Mai 2019 neu eröffnet wurde, kritisierte die Opposition im Rathaus vier Monate später – nach dem Regierungswechsel – den vernachlässigten Zustand. Der Rasen würde nicht mehr gepflegt und es würde immer mehr Unkraut wachsen. Von der anderen Seite kommt die Entschuldigung, dass eine Konzession ausgelaufen sei und man noch keinen neuen Unterhaltungsvertrag abschließen konnte.
Entfernung: 1,5km
geringe Höhenunterschiede
Karte:
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Artikel-Nr. 29-2-161