Fisch und Kunst

Das Fischermuseum in Puerto Santiago

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Die Fassade fällt auf. Sie ist Kunst und ehrt die Fischer und die Geschichte des kleinen Hafens im Westen der Insel, ein Ort, der heute überformt ist vom Tourismus und seine einstige Funktion völlig verloren hat. Seit Juli 2019 ist das renovierte Fischermuseum wieder einen Besuch wert.

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Es ist mehr als nur eine Verschönerungsarbeit, es ist ein dreidimensionales Kunstwerk aus Farbe und Skulpturen aus Glasfaser, das der französischer Künstler Bernard Romain in Puerto de Santiago fertig gestellt hat. Seine Besonderheit besteht darin, dass es mit Motiven bemalt ist, die an das Leben im Meer erinnern, an die Verbindung zwischen den Kanarischen Inseln und einigen ihrer Mythen, wie zum Beispiel der legendären Insel San Borondón. Von Seiten der Stadtverwaltung von Santiago del Teide wird hervorgehoben, dass dieses Werk von Romain die Leidenschaft dieses Künstlers für „die Geschichten, Landschaften und Menschen der Kanarischen Inseln“ widerspiegelt.

Die Fassade ist mehr als nur eine Wandmalerei, sie enthält Skulpturen von Fischern, die an der Kaimauer ihren Fang ausladen, oder von Delphinen, die aus dem Wasser springen. Bernard Romain ist ein Freund des ehemaligen Bürgermeisters von Santiago del Teide, Pancracio Socas, der ihn 2001 mit diesem Werk beauftragte. Romain hat an zahlreichen nationalen und internationalen Ausstellungen teilgenommen und ist der Schöpfer großer Werke wie der Kolorierung der Klippen von Le Treport in der Normandie, in den Farben bleu, blanc et rouge, oder der Statue des in Frieden vereinten Europas bei der Europäischen Kommission in Brüssel. Er besaß ein Studio in Icod de los Vinos. Während der Ausarbeitung des Werks hing er täglich vom Dach des Gebäudes an einer Strickleiter, und gelegentlich diskutierte er auch seine Pläne mit den Passanten.

Wenige Tage vor der Einweihung des Museums wurde Bernard Romain vom Inselpräsidenten Carlos Alonso zum offiziellen Botschafter der Tourismus-Kampagne #YoSoyTenerife ernannt.

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Auch der einzige große Raum im Innern des Museum ist anspruchsvoll und abwechslungsreich gestaltet. Man erfährt dort viel über die Geschichte des kleinen Hafens und seiner Fischer.

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Die ersten Fischer von Puerto Santiago (oder von Caleta de Santiago, so der ursprüngliche Name) waren die Guanchen, die in den Höhlen der Gegend lebten, wie die archäologischen Ausgrabungen belegen.
Die Guanchen hatten eine sehr enge Beziehung zum Meer. Es gehörte in vielerlei Hinsicht zu ihrem Leben. Sie waren ausgezeichnete Fischer, Muschelzüchter und Schwimmer. Sie praktizierten die Fischerei von der Küste aus mit Haken aus Horn oder Knochen.
Eine andere weit verbreitete Technik war das „Vergiften“ oder „Verhexen“. Bei dieser Technik bauten sie bei Ebbe in den Tümpeln an der Küste kleine Deiche aus Steinen, die wie Mauern angeordnet waren. Als die Flut stieg, schwammen die Fische dort hinein, und die Guanchen warfen Stücke von Tabaiba oder Cardón (Euphorbiengewächse) hinein, die ihre giftige Flüssigkeit freisetzten und die Fische betäubten. Erst dann wurden sie gefangen.
Aber aus dem Meer bezogen sie nicht nur Nahrung, sondern auch Rohmaterial für die Herstellung ihrer Werkzeuge. Zwei Beispiele dafür sind die Muscheln und die Callaos (zugerundete Steine).

Das Meer hatte in ihrer Welt des magisch-religiösen Glaubens eine große Bedeutung, denn über das Meer kamen die Seelen der Vorfahren, und es war der Ort, an dem die Sonne auf- und unterging, der Stern, der ihr Leben beherrschte.

Die organisierte Fischerei als Lebensgrundlage für die lokale Bevölkerung begann wohl im 17. oder 18. Jahrhundert. Puerto Santiago war seitdem immer ein Fischerhafen. Es gibt dokumentierte Hinweise aus dem Jahr 1793, in denen es heißt, dass „es drei Fischerboote gab, mit 22 Personen, die sich dieser Arbeit widmeten“.

Die einfachste Ausrüstung der Fischer bestand aus einer Hauptleine, oder Mutterleine, die senkrecht nach unten fällt. Daran hängen eine oder mehrere Angelschnüre oder Leinen mit ihren jeweiligen Haken. Gewöhnlich wird ein Gewicht an das Ende der Leine gehängt, damit sie schneller den Boden erreicht.

Auf verschiedenen Bildern kann man auch andere Techniken sehen. Muränen, die sich gerne in Höhlen aufhalten, lockte man in eine Reuse in der Form einer dunklen Trommel, aus der sie nicht mehr herauskamen. Andere Reusen wurden mit einer mit Luft befüllten Schweinsblase knapp über dem Meeresgrund gefestigt. Wurfnetze und Legeangeln waren andere Techniken.

Wenn die Fischer zurück kamen, gingen die Frauen zur Anlegestelle im Hafen und brachten Essen, Kaffee oder Schnaps und halfen bei der Entladung der Fische. Der Fisch wurde in Stücke geschnitten, vorverarbeitet oder in der Sonne getrocknet und gegen andere Produkte eingetauscht: Kartoffeln, Zwiebeln, Käse, Obst usw. So kamen die Frauen schwer beladen aus den Dörfern zum Hafen und gingen genau so schwer beladen wieder in die Berge. Sie trugen die Fische nach Aripe, Chirche, Masca und sogar bis nach Icod.

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Heutzutage trägt das Fischerhandwerk nur einen kleinen Betrag zu den Einnahmen der Gemeinde bei, aber es hat einen bedeutenden Platz in ihrer Geschichte. Menschen, die mit ihren Anstrengungen und ihren vom Wasser zerfurchten Händen dazu beitrugen, so vielen Familien den Lebensunterhalt zu sichern.

Die Straße, die vor dem Museum vorbei führt, gehört nicht gerade zu den architektonischen Meisterleistungen des Ortes. Aber unterhalb der Brückenkonstruktion hat man eine hübsche Terrasse angelegt und die Wände künstlerisch gestaltet mit Keramik Bruchstücken, ebenso wie den zum hübschen Leuchtturm umfunktionierten Brückenpfeiler. Natürlich auch mit Motiven zum Thema Fischfang und Meer. Von dort hat man auch einen schönen Blick hinunter in die Bucht mit dem ehemaligen kleinen Hafen.

Wer Appetit auf Fisch bekommen hat, findet in Puerto de Santiago zahlreiche gute Restaurants, manche auch mit einer schönen Terrasse direkt über den Felsen. Und wer es etwas rustikaler mag, geht die steilen Treppenwege hinunter zur Bucht. Dort gibt es alles, was aus dem Wasser kommt, zu erschwinglichen Preisen und rustikal zubereitet.


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Die größte Auswahl an Fisch auf der Insel gibt es im Markt von Santa Cruz: Alles, was aus dem Wasser kommt. Und über den größten Thunfisch kannst du hier etwas lesen: Ein dicker Fisch.


Artikel-Nr. 28-3-167

4 Gedanken zu “Fisch und Kunst

  1. Jetzt bin ich auch einmal in diesem Museum gewesen 🙂 Wir haben leider das Pech, dass dort – ebenso wie bei uns – die Tore am Montag geschlossen sind. Aber irgendwann schaffen wir es vielleicht auch, selbst dort hin zu fahren!

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  2. Pingback: TEA – super und modern | Mein Teneriffa - Mi Tenerife

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