Im Abseits (II)

Das Fischerdorf El Caletón

81 Bewohner sollen es sein, die hier unten ihr kärgliches Leben fristen. Doch bei einem Spaziergang durch dieses Dorf hat man den Eindruck, als seien sie alle weg. El Caletón ist nicht weit von der Autobahn entfernt und liegt trotzdem noch völlig unberührt von der modernen Zeit und dem Tourismus in dieser unzugänglichen Gegend. Nur am Wochenende werden es mehr, denn vieles sind Wochenendhäuschen.

Die einzige steile und kurvenreiche Straße dort hinunter ist in sehr schlechtem Zustand. Tiefe und große Schlaglöcher, vor allem in den engen Haarnadelkurven, erfordern höchste Aufmerksamkeit.

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Der Abhang ist so steil, dass man kaum sieht, wo eigentlich die Häuser dort unten sind. Erst kurz bevor man unten ankommt sieht man die kleine Bucht, um die sich ein paar Häuser gruppieren. Die Menschen dort unten leben noch in einer Abgeschiedenheit, wie es sie selten auf Teneriffa gibt, vor sich das wilde Meer und hinter sich steile Felswände. 380 Höhenmeter trennen das Dorf vom Rest der Welt. Zum Glück gibt es Fernsehantennen.

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Vom Parkplatz, der nichts weiter ist als ein abschüssiger Schotterhang, kann man über ein paar Treppenwege zwischen den einfachen Hütten bis zur Landspitze hinuntergehen. Das Zentrum des Ortes findet man, wenn man rechts des Parkplatzes hinabsteigt. Nur durch schmale und steile Gassen kommt man hinunter zum „Hafen“, der eigentlich nur aus einer kurzen Rampe für die Boote besteht. Ein paar Boote liegen hier, gelegentlich kommen Taucher, die von hier aus zu den Felsen hinaus schwimmen.

Dass diese kleine Bucht früher mal ein Fischerhafen war, sieht man an den alten, verrosteten Kränen. Im Hafenbecken erschweren starke Wellen das Anlegen, unter schwierigen Bedingungen musste hier früher der Fang ausgeladen werden.

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Im Sommer kommen an Wochenenden auch Badegäste hierher, die mühsam über die Felsen oder die steilen Leitern klettern, um ins Wasser zu kommen.

Noch spannender wird es, wenn man vom Parkplatz aus nach links geht. Dort führt ein schmaler, mit einem wackligen Geländer gesicherter Weg unter einem Felsüberhang hindurch zu abenteuerlich an die Felsen geklebten Hütten. Unglaublich, dass man dort wohnen kann. Hier ist man wirklich im Abseits.

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Das Dorf liegt in der geschützten Zone „Costa de Acentejo“. Hier darf nicht gebaut und nichts an der bestehenden Bausubstanz geändert werden – Teneriffa, wie es früher einmal war. Doch das spanische Küstenschutzgesetz erklärt alle diese Häuser für illegal. Sie müssten abgerissen werden. Ein Widerspruch!

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Im Februar 2023 kam das Dorf El Caletón in La Matanza de Acentejo erneut in den Mittelpunkt des Interesses, als der Sonderplan für das Landschaftsschutzgebiet Costa de Acentejo, der vom Cabildo von Teneriffa ausgearbeitet und veröffentlicht wurde. Das Dokument enthält zwei Vorschläge der Direktion für Nachhaltigkeit im Küsten- und Meeresbereich, die den Abriss von Gebäuden vorsehen, um einen Teil der Küste wiederherzustellen.

Der wichtigste Unterschied zwischen den beiden Varianten besteht darin, dass im ersten Fall die Enteignung im sozialen Interesse und der anschließende Abriss von insgesamt 98 Wohnungen vorgeschlagen wird, während im zweiten Fall, um so viele wie möglich zu erhalten, nur 32 Wohnungen gestrichen werden, für die es keine gute Alternative gibt.
Beide Optionen sehen eine Promenade entlang der abzureißenden Häuser Küste vor, unter Beachtung des Gesetzes über die Zugänglichkeit und die Beseitigung physischer Barrieren auf den Kanarischen Inseln, sowie die Schaffung von drei Aussichtspunkten. Außerdem eine asphaltierte Straße und einen Parkplatz.

Doch die Sache ist kompliziert, denn weder die Inselregierung noch die Gemeinde können etwas tun, da die Zuständigkeit bei der Küstenbehörde liegt. Diese müsste zuerst klären, wo die Grenze zwischen dem öffentlichen Gelände und dem der Gemeinde La Matanza liegt und welche Häuser dazu gehören.
Letztere ist der Meinung, dass El Caletón zu einem offiziellen Stadtteil innerhalb des Schutzgebiets erklärt werden sollte. Denn offiziell ist hier gar nichts, alle Häuser wurde ohne Genehmigung gebaut und lange bevor 1988 das Küstenschutzgesetz in Kraft trat. So könnte es ein längerer Prozess werden, bis all die hübschen Häuschen verschwunden sind. Ein paar Kilometer weiter an der Costa El Sauzal wurde die Umgestaltung bereits verwirklicht.


Anfahrt:
Autobahnausfahrt La Matanza, nach der Abzeigung Richtung El Sauzal verläuft unmittelbar neben der Autobahn eine Straße (Carretera vía de servicio). Von dieser zweigt nach ca. 1km rechts die schmale Calle Acentejo ab, es stehen einige Schilder da und man entdeckt auch „El Caletón“. Nach 300m muss man noch einmal rechts abbiegen, und dann geht es abwärts ins Abseits.

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Auf dem abschüssigen und steinigen Parkplatz unterhalb der Müllcontainer kann man das Auto abstellen und einen Rundgang durch das Dorf machen.

Gehe zu Google Map:

Ein paar Kilometer weiter, im Municipio von El Sauzal, hat man die alten Häuser und Dörfer alle entfernt und einen schönen Küstenspazierweg angelegt: Costa El Sauzal

Von El Caletón aus erkennt man auch Das Skelett von La Matanza.


Artikel-Nr. 18-2-54

2 Gedanken zu “Im Abseits (II)

  1. Heute waren wir dort. An eine Stelle war das Wasser,-umgegeben von Felsen,-sehr trüb und gelb. An die Felsen klebte sandfarbiger Dreck und roch stark nach Chlor.Uns ist klar geworden, das hier Abwasser reingelassen wir,-womöglich auch Fekalien.Paar meter weiter war das Wasser kristallklar und türkis.
    Statt die Häuser abzureissen, sollte erstmal um das Abwasser kümmern.

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    • Liebe Eva.
      Danke für deinen Bericht. Leider ist es immer noch so, dass 90% der Abwässer der Insel ungeklärt ins Meer fliessen. Zwei Drittel der Einleitungen sind ausserdem nicht genehmigt. Die meisten Gemeinden haben keine Kläranlage. In so genannten „Pumpstationen“ werden die Abwässer nur hinausgepumpt. Wenn das wegen eines Defekts nicht funktioniert, dann sieht man die Brühe eben auch direkt am Ufer.
      Diese Tatsachen werden natürlich nicht gerne publiziert. Hier besteht dringender Handlungsbedarf von Seiten der Regierung.

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