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Rund um die Templetes

Im 19. Jahrhundert brauchte jede Stadt einen Musikpavillon. Ein Konzert am Sonntag und andere Musikveranstaltungen waren ein fester Bestandteil des kulturellen Lebens. Auf Teneriffa sind noch viele dieser hübschen Bauwerke erhalten, und noch immer sind die Plätze, auf denen sie stehen, beliebte Treffpunkte der Bevölkerung, für einen Schwatz, für ein Feierabendbier, oder einfach nur zum Ausruhen.

Die Plätze können sehr verschieden sein, aber meist stehen dort Bäume, die Schatten spenden, oft sind es die gewaltigen Indischen Lorbeerbäume, die aus der Karibik stammen.

Die grundlegenden Merkmale eines Templetes sind immer gleich. Es ist eine sehr offene Konstruktion, radialsymmetrisch in Bezug auf die zentrale Achse und mit einem polygonalen Grundriss, der aus einem Sockel besteht, dessen mehr oder weniger erhöhter Boden die Bühne bildet, die den akustischen Anforderungen gerecht werden muss und gleichzeitig den notwendigen Schutz vor wechselhaftem Wetter bietet. In der Regel haben sie einen achteckigen Grundriss, und acht Säulen tragen das Dach.

Die Baumaterialien können Holz, Metall oder Stein sein. Verzierungen und Schmuckornamente sind immer vertreten, aber sehr unterschiedlich. Es gibt einfache Trägerkonstruktionen, oder auch verspielte Blumenmotive oder Bögen im arabischen Mudéjar-Stil.

Ursprünglich stammt diese Konstruktion aus dem antiken Griechenland, inspiriert vom Tholos, einem kreisrunden Tempel, dessen Standort sich neben der Agora befand (Vorläufer der heutigen Plätze). Viele Pavillons in England wurden in der viktorianischen Ära gebaut, als die britische Blaskapellenbewegung an Bedeutung gewann. Anfang des 20. Jahrhunderts boten die neuen Baumaterialien Eisen und Beton auch innovative Konstruktionsmöglichkeiten.

Obwohl von der Form her vergleichbar mit einem Pavillon, haben die Templetes doch eine ganz andere Funktion. Die Pavillons erscheinen in der Architektur Europas schon im Barock in den Parks und Gärten des Adels, als Nebengebäude eines Schlosses, als Ruheplatz, Aussichtspunkt oder einfach als gestalterisches Element. Die Templetes waren aber immer ein Ort des Zusammenseins, ein zentraler Punkt des kulturellen Lebens in der Stadt.

Oft wird auch der Begriff Kiosk verwendet, mit verschiedenen Schreibweisen (kiosco, quiosco), der aus der persischen und türkischen Sprache stammt. Aber damit ist heute meistens der temporäre Verkaufsstand gemeint, der Blumen, Süßigkeiten, oder Schreibwaren verkauft, oder auch das Café rund um den Templete, dessen kleine Bar und Küche sich oft im unteren Sockel befindet.


Einer der hübschesten Templetes steht in La Orotava auf der Plaza de la Constitución, die auch als Plaza del Quiosco bekannt ist. Hier ist der schönste Platz in der Altstadt mit einer Aussicht bis hinunter zur Küste. Immer wieder finden hier Ausstellungen, Handwerkermärkte oder Musikvorführungen statt.

Der Templete stammt aus dem Jahr 1916 und wurde schon ein Jahr später elektrifiziert. Bis heute ist dieser Kiosk eines der wenigen Gebäude, in denen die arabische Linie in ihrer Gesamtheit und vor allen anderen Einflüssen vorherrscht. Im Einklang mit dem damaligen architektonischen Geschmack, der zwischen Eklektizismus und Historismus hin- und hergerissen war und sich an Wiederbelebungen orientierte, wurde dieses Gebäude nach den Grundsätzen des Neo-Mudéjar- oder Alhambra-Stils entworfen. Der angesehene Baumeister Diego Álvarez aus La Orotava ließ in seiner Dekoration den Hufeisenbogen vorherrschen, ein Element, das als repräsentativ für die spanische islamische Kunst angesehen wurde. Seine Baufirma hatte auch bei anderen Gebäuden großen Erfolg bei der Verwendung von Portlandzement und seiner Entwicklung zu einem edlen Material.

Bei jeder Festlichkeit der Stadt wird der Templete reich dekoriert, besonders im Mai bei der großen Romería zu Ehren von San Isidro, aber auch zu Weihnachten und im Karneval. Die Hauptfunktion dieses besonderen und strategischen architektonischen Elements ist leider verloren gegangen. Früher gab es ein reichhaltiges und regelmäßiges Programm der städtischen Musikkapelle, die mit großem Erfolg das gesamte musikalische Repertoire der verschiedensten Genres von Pasodobles, Zarzuelas und den klassischen Werken von bedeutenden Komponisten der Musikszene darbot. Aber leider wurde das Orchester mit der Zeit immer größer, und der Platz im Templete reichte nicht mehr aus.

Im Jahr 2018 hatte der schöne Platz ein ziemlich trauriges Aussehen. Die alten Bäume mussten aus Sicherheitsgründen stark beschnitten werden, sieben wurden ganz gefällt. In jenem Sommer gab es leider keinen Schatten auf dem Platz. (Lies mehr dazu im Artikel Trauriger Anblick)


Die Plaza del Príncipe de Asturias in Santa Cruz war bis 1820 ein Garten der Franziskanermönche und danach in Privatbesitz. Die Stadt hatte ab 1852 versucht, das Gelände zu erwerben, konnte aber nicht den Preis von 90 000 Reales aufbringen. Mehrere Stadträte und großzügige Steuerzahler spendeten das Geld. Man errichtete die Mauern und den schmiedeeisernen Zaun. Der Platz wurde im Jahr 1860 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, war aber noch nicht ganz fertig. Es wurden Feste und Tombolas veranstaltet, um das restliche Geld zusammen zu bekommen. 1864 kamen die indischen Lorbeerbäume aus Cuba, die heute noch dem Platz Schatten spenden. Die ersten Bänke kamen 1873 aus Paris.

Der belgische Schriftsteller Jules Leclercq beschreibt in seinem Buch Viaje a las Islas Afortunadas (1879) die Plaza del Príncipe als „die Perle von Santa Cruz“, schöner als der Prado in Madrid.

Zuerst gab es nur einen eleganten kleinen Templete aus Holz. Er wurde dann 1930 durch den etwas kolossal geratenen Templete aus Zement ersetzt.


In Icod de los Vinos gibt es auf der Plaza Lorenzo Cáceres sogar zwei Templetes. In der Ecke, von der aus man den berühmten Drachenbaum bewundern kann, steht ein traditioneller, auf dem Platz hinter der Kirche ein moderner mit einem kleinen Café-Restaurant.


Auf der Plaza de la Libertad in Garachico gibt es einen hübschen Kiosk aus Holz, der Anfang des 20. Jahrhunderts erbaut wurde. Unter den großen Bäumen sitzt man schön im Schatten im Café. Gegenüber steht die Statue von Simón Bolívar, dessen Vorfahren aus Garachico stammten, und im Pflaster sieht man die Wappen der bolivarianischen Staaten in Südamerika.

Mehr über die Denkmäler Garachicos findest du hier: Denkwürdiges.


Der kleine Park Los Dragos mitten im Universitätsviertel von La Laguna wurde 2008 umbenannt in Parque Javier Fernández Quesada, in Erinnerung an den Biologiestudent, der 1977 von der Guardia Civil erschossen wurde. Als anlässlich eines Generalstreiks die Guardia Civil mit Waffen die Universität stürmte, traf eine Kugel den Studenten. Alle juristischen Untersuchungen dieses „Staatsverbrechens“ verliefen im Sand.

Der Park, der 1992 eingerichtet wurde, ist kein besonderes Highlight zwischen den Hochhäusern der Universität und den Wohnblocks, aber ein kleiner grüner Punkt in dem sich Studenten, Professoren und Anwohner treffen, die mit dem Hund spazieren gehen. Dort steht ein kleiner Templete, Treffpunkt für Liebespaare oder Studenten, die sich an der frischen Luft konzentrieren wollen. Leider war er viele Jahre lang verfallen und in einem bedauernswerten Zustand.

Der Unterbau ist aus Stein und Beton, auf jeder der acht Seitenflächen gibt es ein Fenster bzw. eine Türe. Die Säulen, Geländer und das Dach sind aus Eisen, alle Teile wurden vorgefertigt und am Ort montiert.

Der Club Poeteca nutzt den Kiosk als Raum für Dichtung und Literatur, wo Autoren ihre Werke dem Publikum vorstellen. Im Park gibt es einen kleinen Kinderspielplatz und einen Hundeplatz, beide wurden im August 2023 renoviert. Der Sockel wurde bunt angemalt, ein willkommener Farbklecks.


Ein herrliches Exemplar von Templete steht in Los Realejos vor der Kirche des Apostels Santiago. Der Platz ist etwas Besonderes, denn er ist dreieckig. Der Kiosk wurde Mitte des 20. Jahrhunderts im neokanarischen Stil nach den Vorgaben des Architekten Tomas Machado erbaut, von denen einige noch heute in der Gemeinde zu sehen sind, wie zum Beispiel die alte Schule neben dem Platz, die vom Kiosk aus zu sehen ist. Davor wurden jedes Jahr während der Fiestas der Stadt verschiedene Kioske oder Stände aufgestellt, bis man in den 1950er Jahren beschloss, den heutigen Kiosk im zentralen Bereich des Platzes zu errichten.


In Arafo, der Stadt der Musik, gibt es auf dem Platz vor der Kirche San Juan Degollado einen besonders großen Templete, der 1926 eingeweiht wurde. Davor gab es schon seit 1903 eine einfache Holzkonstruktion.

Zu dieser Zeit gab es in der Gemeinde zwei Musikkapellen, und es entbrannte ein Streit um die Nutzung des Musikpavillons. Der Kapelle „La Candelaria“ wurde die Nutzung jahrelang verweigert, bis 1931 die Kapelle „Nivaria“ alle Rechte zur Nutzung des oberen Teils des Pavillons aufgab.

Unten ist, wie üblich, eine kleine Cafetería untergebracht. Das Obergeschoss ist offen und mit einer schmiedeeisernen Brüstung versehen. Das schräge Dach ist mit gebogenen Ziegeln bedeckt. Ringsherum findet unter den sechs gewaltigen Lorbeerbäumen der lokale Markt statt.


In Güímar gab es einmal zwei Templetes, die aber beide verschwunden sind. Im März und Juni 1904 zogen zwei Militär-Bataillons des Extremadura-Regiments nach Güímar und wurden im Kloster untergebracht, ebenso wie die dazu gehörige Musikgruppe, die einige Tage später an den Fiestas Patronales de San Pedro teilnahm. In dieser Zeit wurde in der Mitte des Platzes neben der Kaserne ein Kiosk für die Musikkapelle des Militärkorps errichtet, der bis in die 1920er Jahre bestehen blieb. Gleichzeitig, ebenfalls im Jahr 1904, wurde ein weiterer Kiosk auf der Plaza San Pedro errichtet, um bei Festen musizieren zu können, der mit den Geldern aus einem Volksaufruf finanziert wurde. Er war ein schlichter Holzbau und kein wirkliches Kunstwerk. Aber in der ersten Hälfte des Jahres 1906, als ein Teil des Werks noch ausstand, ordnete der Bürgermeister den Abbau an, und das Holz wurde verkauft, um verschiedene Kosten zu decken, darunter auch den Bau seines eigenen Hauses. Leider wurde danach nie wieder ein Templete in Güímar gebaut.


Die Touristenstadt Puerto de la Cruz hat in ihrem Zentrum leider keinen Templete mehr. Er ist in den 50er Jahren verschwunden und wurde durch das berühmte Café Dinámico ersetzt, das ebenfalls zu einem Treffpunkt für Musik und Literatur wurde. Aber am Stadtrand findet man zwischen riesigen Wohnblocks doch noch einen. Der Park Plaza del Pescador ist kein besonders schöner Platz zum Ausruhen. Seine Hauptfunktion ist das Ausführen von Hunden, von denen es in den umliegenden Häusern eine ganze Menge gibt. Hier ist kein Café und kein Treffpunkt, der Templete ist klein und hässlich, und bei Nacht ist die Szenerie ein bisschen unheimlich.

Dagegen ist es bei Nacht rund um den Templete an der Playa Jardín umso lebhafter. Besonders am Wochenende und im Sommer gibt es hier Party zu lateinamerikanischen Rhythmen im Café El Quiosco.

Einen verlassenen und verfallenen Templete findet man in Puerto de la Cruz noch ganz versteckt oberhalb der Altstadt auf einem Hügel namens Lomo Nieves. Der Ruine ist heute nicht mehr anzusehen, dass dieser Ort einmal der Treffpunkt der gesamten noblen Gesellschaft des Orotava-Tals war, die sich dort zu Gesprächen und Feiern traf, oder einfach nur, um eine Tasse Tee zu trinken und die herrliche Aussicht zu genießen. Das kleine Bauwerk gehörte zum Garten des Konsuls der Vereinigten Staaten in Puerto, Federico Renshaw y Orea. Er ließ es 1876 erbauen und errichtete 1891 auch das renommierte Hotel Sitio Luna. Leider ist dieser hervorragende Ort heute sehr vernachlässigt, und der Templete droht einzustürzen.

Auch im Park des bekannten Hotels Taoro gab es zu seinen Glanzzeiten um das Jahr 1900 einmal einen solchen Pavillon.


Besonderes Glück hat man, wenn gerade ein lokales Fest auf einem der Plätze stattfindet. Dann werden die Templetes herrlich dekoriert und mit bunten Fähnchen verziert.

Zum Beispiel auf der Plaza de la Luz in Los Silos. Der einladende Platz, der in den 1920er Jahren vom Architekten Mariano Estanga entworfen wurde, hat einen rechteckigen Grundriss mit abgeschrägten Ecken, Palmettenmotiven in Form von Konsolen, Balustraden und Vasen. Der Platz zeichnet sich durch seine gepflegten Gärten mit symmetrischen Blumenbeeten aus, die dem Platz Farbe verleihen. Die Lorbeerbäume sind mit rund 100 Jahren die ältesten im Norden der Insel. Hier ist das absolute Herz der Stadt und natürlich auch der Ort für Feste z.B. das Festival Internacional Boreal im September oder das Märchenfestival Anfang Dezember. Hier ist ein ruhiger, beschauliche Platz zum Ausruhen, Autos kommen nur selten vorbei. Hier war einmal der Schulhof des Kollegs San Bernardo, hier trieben die Schüler Sport oder rezitierten französische Gedichte und mathematische Formeln. Hier spielte eine der älteste Musikgruppen der Kanaren ihre Pasodobles und Zarzuelas, Dichter lasen ihre Werke vor und Künstler stellten Bilder aus. Ein Platz mit viel Geschichte.


Ein paar Kilometer weiter, fast am Ende der Insel, gibt es einen weiteren hübschen Templete auf der Plaza de los Remedios in Buenavista del Norte. Dieser Platz im Herzen des historischen Viertels ist der gesellschaftliche Treffpunkt schlechthin und einer der schönsten Winkel der Gemeinde.

Er ist umgeben von zahlreichen Beispielen traditioneller kanarischer Architektur und von Gebäuden, in denen die wichtigsten Institutionen untergebracht sind. Der Platz wurde Mitte des 20. Jahrhunderts gepflastert. Literatur und Musik sind hier der Schwerpunkt bei den Festlichkeiten im April.


Manchmal findet man die kleinen Templetes erst auf den zweiten Blick, z.B. in El Tanque. Natürlich gibt es auch hier Fiesta und Música.


Manchmal stehen die Kleinode aber auch ganz verlassen und ungenutzt herum, wie z.B. in San Andrés, nahe der Playa de las Teresitas. Die unendlichen Baustellen ringsherum haben eine Nutzung in den letzten Jahren immer wieder verhindert.


Im Parque de los Gladiolos in Santa Cruz steht ein schlichtes Modell von Templete. Auch das ist ein schöner Platz zum Ausruhen mitten in der Großstadt.


Natürlich gibt es auch einige Restaurants und Bars mit dem Namen Templete: Das beste ist wohl das „El Templete“im Einkaufszentrum von El Médano, auf den ersten Blick nicht sehr einladend, aber dort gibt es ganz vorzüglichen Fisch und frische Meeresfrüchte.

Auf der Karte kannst du sehen, wo die Templetes sind:



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