Denkwürdiges

Geschichten aus Garachico.

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Manchmal muss der Ort einen großen Ansturm von Besuchern verkraften. Die meisten vergnügen sich in den herrlichen Meeresschwimmbecken oder machen einen gemütlichen Spaziergang durch die Gassen. Ein paar spannende Geschichten erfährt man, wenn man sich die Denkmäler der Stadt etwas genauer anschaut.

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Dass das beschauliche Städtchen einmal der bedeutendste Hafen aller kanarischen Inseln war, lässt sich heute kaum mehr erkennen. Beim verheerenden Vulkanausbruch von 1706 wurden der Hafen komplett zerstört und Teile der Stadt fielen den Flammen zum Opfer. Nur wenig blieb übrig vom Reichtum und vom regen Leben, als am Nachmittag des 5. Mai die glühende Lava wie ein Wasserfall von den Felsen auf den Ort herabstürzte. Die Bewohner konnten nur noch davonlaufen oder sich aufs Meer retten. Als sie nach 8 Tagen zurückkehren konnten, war ihre Stadt ein rauchender Trümmerhaufen. An mehreren Stellen im Ort liegen noch alte Anker und Ketten, die an die wichtige Funktion des Hafens erinnern.

Bandera Garachico

Auch in der Flagge Garachicos symbolisiert der schwarze Streifen die Lavaströme, die den Ort zerstörten. Der weiße Streifen steht für die Reinheit des Wassers, das es in der Gemeinde im Überfluss gibt, und für die weiß gekalkten Herrenhäuser. Die Wichtigkeit des Hafens und des Meeres wird durch das Türkis dargestellt.

Hinter der Plaza Juan González de la Torre am westlichen Rand der Altstadt findet man in einem kleinen, versteckten Garten mit üppiger Vegetation die Puerta de Tierra, das Tor zum Land. Durch dieses Tor mussten alle Personen gehen, die vom Hafen in die Stadt wollten, und auch alle Waren, die hereinkamen oder die Stadt verließen, mussten angeblich dieses Tor passieren, allerdings sind sich einige Historiker nicht sicher, ob es sich um das ursprüngliche Tor handelt. Wie durch ein Wunder sind die Lavaströme um das Tor herum geflossen, so dass es heute viel tiefer steht als die umgebenden Straßen.

Dort unten befindet sich auch die „Dichterecke“ mit einer Büste von Rafael Alberti, einem berühmten spanischen Dichter, der 1991 hier zu Besuch war. Für seinen Gedichtband „Der Matrose an Land“ hatte er den spanischen nationalen Poesiepreis bekommen.

Etwas oberhalb steht ein Hochrelief, das an den ersten Bürger Garachicos erinnert, Cristóbal de Ponte, der bei der Landverteilung 1499 nach der Eroberung hier große Ländereien bekam. Er baute 1501 eine Zuckerfabrik und 1504 ein Sägewerk. Rechts und links sieht man die Wappen von Garachico und Genua, der Geburtsstadt von de Ponte.

Auch eine riesige Weinpresse kann man im Park noch bewundern. Steigt man im hinteren Teil des Parks noch ein bisschen hinauf, kommt man zu dem Obelisken, der am 5. Mai 2006, genau 300 Jahre nach dem Vulkanausbruch dort aufgestellt wurde, um an die Katastrophe zu erinnern.

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Wer sich die Mühe macht noch etwas weiter hinaufzusteigen, hat von der Calle Alcalde Perlaza einen schönen Ausblick über das alte Zentrum von Garachico. Über den Wanderweg nach San Juan de Reparo kann man wieder hinuntersteigen.

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Ein Kontrapunkt zur Puerta de Tierra ist die moderne „Puerta sin Puerta“ aus weißem Carrara-Marmor auf der alten Hafenmole, die nach dem Vulkanausbruch von 1706 gebaut wurde. Das Tor ohne Tor trägt auch den japanischen Namen Tensei Tenmoku, denn es wurde von dem japanischen Künstler Kan Yasuda geschaffen und im Jahr 2000 hier aufgestellt. Er selbst meinte, dies sei der beste Platz für seine Skulptur.

Am dortigen Parkplatz erhebt sich unübersehbar seit 2007 das moderne Denkmal für die Fischersfrau aus Stahl – hm,… besser: das Denkmal aus Stahl für die Fischersfrau.

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Auf der anderen Seite des ehemaligen Hafens, mit schönem Blick über die Altstadt, steht das Denkmal an den Auswanderer. In den Jahren nach dem Vulkanausbruch sind 75% der Bevölkerung von hier weg gezogen. Ganze Familien wanderten nach Amerika aus. Die Stadt hatte danach nur noch 400 Einwohner. Das zwei Meter hohe Denkmal aus Bronze wurde 1990 aufgestellt. Der Auswanderer schleppt einige Koffer mit sich und hat ein Loch in der Brust, denn sein Herz bleibt hier zurück. Symbolisch nicht nur für die Menschen, die Garachico verlassen mussten, sondern für die Auswanderer aller Zeiten – und vielleicht auch für manche Touristen, die gerne wieder hierher zurückkommen.

Direkt vor der Festung San Miguel entdeckt man neben der alten Kanone die Bronzereplik zum 75. Jahrestag des königlichen Dekrets:

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„Als Beweis meiner königlichen Wertschätzung für die Bürger des Ortes Garachico und der wachsenden Entwicklung ihrer Landwirtschaft, Industrie und Handel, und ihrer stetigen Treue zur Monarchie, verleihe ich dem Ort den Titel Villa. Geschehen im Palast am sechsundzwanzigsten Oktober des Jahres neunzehnhundertsechzehn – Alfonso XIII“.

Damit verbunden war für die Stadt vor allem das Privileg, eine eigene Gerichtsbarkeit in ihrem Territorium zu haben.

Mitten im Zentrum des alten Ortes befindet sich die Plaza de la Libertad, allgemein auch Plaza de Arriba genannt. Im Laufe der Geschichte hatte der Platz schon viele andere Namen: Santa Ana, Constitución, General Franco. Hier steht ein kleiner Pavillon, selbstverständlich mit Café, das zu einer gemütlichen Pause einlädt.

Auf diesem Platz findet man auch die Statue von Simón Bolívar, die erste in ganz Spanien, die an diesen Freiheitskämpfer erinnert. Sie wurde von der „Vereinigung der Freunde Garachicos in Venezuela“ 1970 aufgestellt, und mit ihr auch die bronzenen Bodenplatten mit den Wappen der „bolivarianischen“ Staaten Südamerikas (Venezuela, Kolumbien, Panamá, Ecuador, Perú und Bolivien), die Simón Bolívar in den 1820er Jahren von der spanischen Kolonialherrschaft befreite. Die Vorfahren Bolívars stammten aus Garachico:

„Die in Garachico geborenen Brüder Juan und Tomas de Ponte Fernandez y Clavijo nahmen das kanarische Blut von Simón Bolívar mit nach Venezuela.“

Simón Bolívar rief im Jahre 1812 die erste Unabhängigkeitserklärung gegen die Spanier aus, in einem Ort in Kolumbien mit dem Namen San Sebastián de Tenerife in einem Landkreis mit dem Namen Tenerife. (Mehr zu dieser Namensforschung in Teneriffa und die Welt)

Gleich nebenan steht an der Plaza ein Denkmal, das die Dankbarkeit des Municipios von Garachico an die großen Städte Las Palmas und Santa Cruz zum Thema hat. Es ist nicht gerade hübsch. Deshalb geht man lieber weiter und bewundert sie schöne Fassade des Franziskanerklosters, bei der besonders die beiden Portale auffallen. Der bereits erwähnte Cristóbal de Ponte stellte dem Orden 1524 Teile seiner Ländereien zur Verfügung.

Gegenüber befindet sich der Palast La Quinta Roja, der ehemals luxuriöse Wohnsitz des Herzogs von Quinta Roja. Heute ist das Gebäude ein wunderschönes Hotel mit einem phantastischen Innenhof im kanarischen Stil.

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Direkt an der nach Osten aus der Stadt herausführenden Hauptstraße steht seit 2003 „Der Fisch“. Mit ihm ehrt die Stadt Garachico die aufopferungsvolle Arbeit der Fischer. Die moderne Skulptur aus rostfreiem Stahl steht auch für die traditionelle Gastronomie des Ortes, in der Fisch eine besondere Rolle spielt.

Oberhalb des Fisches kann man zum Dominikanerkloster hinaufgehen. Es hat angeblich die schönste Klosterfassade auf den Kanaren mit wertvollen Holzbalkonen und Portalen und blieb dank seiner erhöhten Lage von den Zerstörungen des Vulkanausbruchs verschont. Es beherbergt heute ein Altersheim. Von hübschen Klosterplatz mit Schatten spendenden Bäumen hat man auch einen Blick hinüber zum Felsen von Garachico.

Auf dem Platz befinden sich drei Bronzereliefe, welche die Wurzeln beschreiben, die diese Gemeinde schon immer mit den Bräuchen des benachbarten Portugal hatte. Eine Büste von Don Cirilo Rolo de Armas erinnert seit 1984 an dessen große humanitäre Arbeit als Technische Hilfskraft des Gesundheitswesens im Mutterschaftszentrum des Krankenhauses der Concepción.

Ein interessantes Denkmal steht ebenfalls an der Hauptstraße ein bisschen weiter außerhalb, es ist der Wein-Meuterei gewidmet. Nachdem sich die Weinpreise in den Jahren 1640 bis 1660 verdoppelt hatten, wurde 1665 per königlichem Dekret von Charles II die Canary Company gegründet, deren Zweck es war, die absolute Preiskontrolle über den Weinhandel zu erreichen. Die Weinbauern wurden auf allen kanarischen Inseln massiv unter Druck gesetzt und mussten ihren Wein unter Wert verkaufen. In Garachico wehrten sich die Weinbauern und beschlossen, den gesamten Vorrat zu vernichten

Am Sockel des Denkmals liest man:

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„In einer Nacht im Jahr 1666 flossen Bäche von Wein durch Garachico. Das war die Antwort Teneriffas auf die Macht der Compañía Inglesa de Canarias. Freier Handel statt Monopol.“

Ein Jahr danach hatte der Protest mehr oder weniger zufällig Erfolg, denn die „Canary Company“ wurde wieder aufgelöst, unter anderem auch nach Protesten von englischen Händlern, die der Company nicht angehörten.

Fährt man die Einfahrt zum neuen Jachthafen hinunter, kommt man zu der Kapelle von San Roque. Sie wurde errichtet Anfang des 17. Jahrhunderts als Dank für die Erlösung von der Beulenpest und ist dem Heiligen Rochus gewidmet, von dem auch der Name „San Roque“ stammt. Er war der Schutzheilige der Pestkranken und an seinem Todestag, dem 16. August, findet eine kleine Wallfahrt statt. Und was für ein Zufall: „roque“ heißt auch der Turm beim Schachspiel und „enroque“ ist die Rochade, aber die hat nichts mit Sankt Rochus zu tun, sie kommt aus dem persischen.

San Roque ist auch der Schutzpatron der Hunde. Denn die Legende erzählt, dass ein Hund im täglich Brot brachte, als er wegen seiner Pesterkrankung in Quaratäne gehen musste und so überleben konnte.

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Bleibt noch zu erzählen die Geschichte von den Pinguinen und dem Felsen, der wie eine Skulptur oder ein Turm im Meer liegt, dem Roque de Garachico, ein unübersehbares Naturdenkmal:

Vom Nordpol, irgendwo dort, wo der Weihnachtsmann lebt, kam eine Familie von Pinguinen zum Roque von Garachico.
Mutter Pinguin hieß „Guincha“ und Vater Pinguin hieß „Roque“. Sie hatten zwei Zwillingskinder, gerade mal drei Jahre alt. Der Pinguinjunge hieß „Chin“ und das Pinguinmädchen „Yero“.
Am Nordpol gehen alle Piguinfamilien zusammen zur Schule, und eines Tages sagte der Pinguinlehrer: In Spanien gibt es Inseln, die man als „Canarias“ kennt, und eine der Inseln ist Teneriffa. Dort gibt es einen Vulkan namens „Chinyero“ und auch ein Dorf mit einem „Roque“ so hoch wie seine Kirche, auf dem Seeadler leben, die man „Guinchos“ nennt.
Papa Pinguin dachte: Ein „Roque“, Adler „Guinchos“ und ein Vulkan „Chinyero“. Was für ein Zufall! Die Namen sind wie unsere.
Mama und Papa Pinguin beschlossen, nach Garachico zu reisen, denn der Piguinlehrer erklärte, dass es dort alle fünf Jahre ein unterhaltsames Fest gibt.
Die Reise war lang und gefährlich, weil es im Meer Orcas gibt, die Pinguine fressen, aber endlich kamen sie am Roque an.
Heute gehen sie am neuen Hafen spazieren und freuen sich schon darauf, dass das Fest beginnt, und auf einen Teller mit Meeresschnecken und Rippchen, weil sie es leid sind, immer nur Sardinen zu essen.

Gehe zu Google Map:

Einen schönen Ausblick über Garachico und den Hafen kannst du vom wenig bekannten Mirador de Garachico in El Guincho haben. Dort kannst du auch schön durch das Banenenland spazieren: Alles Banane. Oder lieber aus der Vogelperspektive? Aussicht mit Hindernissen.


Artikel-Nr. 11-1-100

4 Gedanken zu “Denkwürdiges

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