Der Vulkan von Arafo.

Man sieht ihn nicht ohne weiteres, den Vulkankegel von Arafo, und der Weg dorthin ist beschwerlich. Er liegt im großartigen Talkessel von Pedro Gil, umgeben von Kiefernwäldern und weiten Schlackehalden. Seine Lavaströme reichen weit hinunter in die Landschaft um Arafo und Candelaria. Auf einer herrlichen Wanderung geht man durch Wald, Lava, Asche und einen verlassenen Kanal.

Nach mehr als 200 Jahren Ruhe im Berg erlebte Teneriffa Anfang des 18. Jahrhunderts wieder eine Serie von heftigen Vulkanausbrüchen. Sie begann im Dezember 1704 mit einigen heftigen vulkanischen Beben, die die Bevölkerung im Norden und Osten der Insel in Schrecken versetzte. Es stürzten Häuser ein und es kam zu Bergstürzen. Am 31. Dezember öffnete sich das erste Loch und der Vulkan von Siete Fuentes entstand. Fünf Tage später kam es zu weiteren starken Erdbeben und der Vulkan von Fasnia, etwa 900m vom ersten entfernt, brach aus. Mehrere kleine Krater entlang einer 1,5 km langen Spalte spuckten 11 Tage lang Feuer und Magma. Die Erdbeben gingen den ganzen Januar über weiter. Ein besonders starkes brachte am 24. Januar im Raum von Güímar und Candelaria 70 Häuser zum Einsturz, dabei starben 16 Menschen.
Hier ist eine – wesentlich bequemere – Wanderung zum Volcán de Fasnia.
Am 2. Februar, dem Feiertag zu Ehren den Jungfrau von Candelaria, gab es um drei Uhr nachts ein weiteres starkes Beben, und am Nachmittag begann der Ausbruch des Vulkans von Arafo, 10km von den ersten beiden entfernt. Er lag auf wesentlich geringerer Höhe in einem Talkessel und führte zu einem viel stärkeren Ausfluss von Lava. Es entstand ein 100m hoher Kegel. Mehrere Arme von Lavaströme flossen talwärts Richtung Arafo und Candelaria. Sie zerstörten viel landwirtschaftliches Anbaugebiet, aber die beiden Ortszentren blieben zum Glück verschont. Einer der Lavaflüsse stieß bis fast an die Küste vor, kam aber 300m vor dem Meer zum Stehen. 24 Tage dauerte der Ausbruch, während dieser Zeit wechselten sich Lavaflüsse und kurze Explosionen ab, letztere bliesen größere Mengen von „Lapilli“ in die Luft, kleine Magmafetzen, die in der Luft erstarrten und beim Aufschlag zerbarsten. Zusammen mit Asche bilden sie heute den großen Teppich aus Schutt, der sich direkt zu Füßen des Vulkans ausbreitet.
(Bild: acanvol.org)
Diese dreifache Ausbruchsserie von 1704-1705 ist ein klares Beispiel für einen Spaltenriss an den Flanken eines zentralen Vulkans, der sich in Eruptionen längs einer Linie äußert. Ein Jahr später brach an der gegenüberliegenden Flanke des Teide der Volcán Garachico aus, der mit seinen Lavaströmen die bedeutende Hafenstadt Garachico zerstörte. 1798 folgte der Pico Viejo, dann war mehr als 100 Jahre lang Ruhe im Berg, bis 1909 der Chinyero ausbrach, beides ebenfalls Flankenausbrüche.
Wanderung zum Vulkan

Einen Vulkan zu erkunden, den man vom Tal aus gar nicht sieht, ist schon etwas Besonderes. Zum Glück kann man mit dem Auto relativ weit hinauf fahren, aber auch am Startpunkt der Wanderung ahnt man noch nicht, dass der Weg später buchstäblich durch Schutt und Asche führen wird.
Anfahrt
Direkt vom zentralen Platz und der Kirche in Arafo folgt man der steilen Einbahnstraße bergauf, der Calle La Libertad. Sie wird weiter oben noch steiler und führt langsam aus dem Ort hinaus. Man kommt nach 780m an einer alten Wassermühle vorbei, die man an dem charakteristischen Bogenkanal erkennt. 350m später erkennt man an einer Mauer einen weißen Pfeil, der nach links zeigt. (Geradeaus weiter, am Ende der Straße, beginnt eine andere Wanderung zum Barranco de Añavingo.) Man fährt nach links und 20m weiter sofort wieder nach rechts auf dem Camino Morra del Estanque. Es geht weiter aufwärts, bis die Fahrstraße nach insgesamt 1,9km (von der Plaza aus) nach links abknickt. Dort kann man das Auto an einer Mauer abstellen. Das Holzschild „Sin Salida“ weist den Weg, dem man von nun an zu Fuß folgt.

Aufstieg zum Vulkan

Knapp 200m oberhalb des Holzschildes beginnt bei einer Schranke der Wanderweg, der gleich am Anfang eine gute Kondition fordert. Neben einer Wasserleitung steigt der Weg sehr steil und steinig bergan. Es ist ein Stück des alten Pilgerwegs nach Candelaria. Kaum zum glauben, dass jedes Jahr Mitte August hier hunderte von Pilgern herunter kommen, die bereits den zentralen Inselrücken überquert haben und bis zum Fest der Virgen de Candelaria noch ein gutes Stück Weg vor sich haben. Und sie gehen am nächsten Tag zurück.




Der Kanal, dem man folgt, bringt Wasser aus verschiedenen Galerías. An einigen offenen Becken kann man sich erfrischen oder die Trinkflaschen füllen, hier fließt sicher ganz frisches Trinkwasser. Zum Glück kommt man bald in den Wald, wo der Weg nicht mehr ganz so steil ist, und vor allem etwas schattiger. Zwischen gewaltigen kanarischen Kiefern geht es im Zick-zack weiter durch den Monte Verde. Dieses Waldstück wurde beim Vulkanausbruch von den Lavaströmen verschont.



Nach 1km Aufstieg, mit Verschnaufpausen etwa 40min, trifft man in 1020m Höhe auf einen gemauerten Kanal, der aber kein Wasser mehr führt. Von links her kommt dann später der Rückweg auf dem Kanal.

Weiter geht es, immer noch steil, durch den Wald bergauf, der Weg ist nicht markiert, aber auch nicht zu verfehlen. Nach einem weiteren Kilometer und 200m höher kommt man am Waldrand zu einer alten Schutzhütte. Kurz davor hat sich die Vegetation überraschend geändert. Hier oben trifft man plötzlich auf Kastanienbäume. Sie haben ihre Wuchsform an das unwirtliche Klima hier oben angepasst und sind zu Krüppelbäumen verkümmert. Ihre Äste kriechen nah am Boden entlang, und das frische Grün der Blätter und vor allem der stachligen Kastanien bildet einen starken Kontrast zu den schwarzen Schuttflächen.




Erhebt man den Blick, sieht man die gewaltige Felsspitze des 2000m hohen Pico Cho Marcial, auch Pico del Valle genannt. Und endlich erkennt man auch das Ziel, den Kegel des Vulkans von Arafo.



Unterhalb der Schutzhütte beginnt eine Piste, auf die man später beim Abstieg vom Vulkan wieder trifft. Diese Piste bietet sich auch als Abkürzung an, sollte die Kondition nicht mehr für den weiteren Aufstieg reichen. Auch bei schlechten Wetter- und Sichtverhältnissen ist es nicht ratsam, die im Folgenden beschriebene Vulkanumrundung zu laufen!

Nach einer verdienten Rast beginnt ein weiterer, anstrengender Teil der Wanderung. Oberhalb der Hütte ist der breite Weg über das Aschefeld in Richtung Vulkan klar zu erkennen. Er ist nicht besonders steil, aber der Untergrund ist rutschig und gibt nach. Bei jedem Schritt verliert man im Sand und Schutt etwas an Kraft, was das Gehen anstrengend macht. Picón oder Zahorra wird dieses Material hier genannt, das man gerne auch in Parks oder Gärten zum Bedecken des Bodens verwendet, weil es Feuchtigkeit gut speichern kann. Dies nutzen auch die hier wachsenden Kastanien aus. Wenn man letzten Krüppelkastanien hinter sich gelassen hat, geht man schnaufend durch das heiße Schwarz, besonders das letzte, etwas steilere Stück, ist unangenehm.


Hinter einer Schranke kommt noch ein kurzer Anstieg, dann trifft man auf ein befahrbare Piste, der man nach links folgt. Wie erholsam ist es doch, auf einem ebenen Weg zu gehen! Linker Hand befindet sich nun der 100m hohe schwarze Vulkankegel. Die Piste führt in einigen Kurven auf einen Kiefernwald zu, wo man endlich wieder im Schatten weiche Sitzgelegenheiten auf dem Nadelteppich findet.



Dieser Wald wächst hier in der Caldera de Pedro Gil auf rund 1500m Höhe. Eigentlich ist dies ein uralter Vulkankrater, der an der Ostseite aufgebrochen ist. Rundherum steigen die beeindruckenden Felswände des ehemaligen Kraters steil auf. Mitten in diesem Krater ist dann der Vulkan von Arafo ausgebrochen. Diesen kann man nun näher in Augenschein nehmen.
Man geht noch etwa 400m auf der Piste durch den Wald, die dann in einer lang gezogenen Rechtskurve an den Fuß der Felswand heranführt. Genau dort geht man gerade aus weiter, direkt am schwarzen Aschehang entlang. Der Pfad ist zunächst nicht erkennbar, erst nach 20-30m entdeckt man einen Trampelpfad in der Asche, der am Hang entlang auf deutlich sichtbare rote Felsen zu führt. Links am Hang weiter geht man über Schlackehalden, die etwas rutschig sind. Vorsichtig gehen, um nicht abzurutschen! Man muss noch einmal ein paar Meter hinaufklettern, dann sieht man links die eigentliche Ausbruchsstelle des Vulkans.



Welche Urgewalt sich hier abspielte, kann man sich kaum vorstellen. Laut historischen Berichten soll die Rauchsäule auf der ganzen Insel zu sehen gewesen sein, der Feuerschein war sogar noch in La Orotava zu beobachten und die Detonationen hörte man noch in Santa Cruz.
Immer noch sind buchstäblich Pfadfinder-Fähigkeiten gefordert, um den richtigen Weg zu finden. Aber ein markanter Felsen mit einer einzelnen Kiefer drauf ist das richtige Ziel. Um diesen muss man links herum gehen. Danach ist die Sache einfach.
Abstieg und Kanal
Das große Aschefeld liegt direkt unterhalb. Darüber geht man einfach geradeaus und ohne Weg bergab, mehr oder weniger parallel zum Aufstiegsweg, den man links erkennt. Bei den ersten Kastanienbäumen hält man sich leicht rechts und geht auf ein kleines Kiefernwäldchen zu. Links unterhalb des Wäldchen muss man sich wieder einen Weg durch die Krüppelkastanien suchen, bis man irgendwann auf die befahrbare Piste trifft.

Auf der Piste nach rechts kommt man dann durch den größten Lavastrom des Vulkans. Es wirkt wie ein Wunder, dass in diesem Felsenchaos wieder Bäume Fuß gefasst haben. Nach einer Schranke geht die Piste leicht bergab, bis man in einem Tal und wieder im Wald, zu einem verlassenen Gebäude kommt, ein altes Forsthaus.




Es lohnt sich, etwa 20m hinter dem Haus zu einer Felsengrotte zu gehen. Unter einem überhängenden Steinblock entdeckt man Heiligenbilder, kleine Statuen der Jungfrau Maria, Plastikblumen und sogar handgeschrieben Zettelchen mit Wünschen, die die Jungfrau vielleicht erfüllt. Es ist eine kleine religiöse Kultstätte, zu der die Dorfbewohner eigens heraufsteigen um hier zu beten und zu hoffen.




Am Waldrand geht es nun weiter hinab, der Weg trifft alsbald auf eine von rechts kommende Piste. Diese ist mitunter sehr steil, und die Belastung beim „Bremsen“ ist in den Knien deutlich zu spüren. Es sind rund 750m von dem verlassenen Gebäude bis zu einem Baum mit dem Holzschild „Caldera de Pedro Gil“.
Genau hier trifft man auf einen trockenen Kanal, in dem man nun weiter geht. Es ist der „Canal de los mil“, weil er fast genau in 1000m Meereshöhe verläuft. Er kommt aus den Bergflanken oberhalb des Barranco de Badajoz bei Güímar und hat früher das Wasser bis nach Santa Cruz gebracht. (Eine andere, fantastische, aber nicht ungefährliche Wanderung ist hier beschrieben: Ventanas de Güímar.)

Dies ist nun ein sehr erholsamer Abschnitt der Wanderung. Man geht immer im Kanal entlang, der bald aus dem Wald heraus führt und den Lavastrom in vielen Kurven durchquert. Welch enorme Leistung der Wasserbauingenieure, die vor rund hundert Jahren diesen Kanal mit fast unmerklichem Gefälle angelegt haben! Immer wieder muss man auch stehen bleiben und die herrliche Aussicht bewundern, hinunter ins Tal von Güímar und bis nach Santa Cruz.




Hier zwei Videos:
Um in den Tunnelabschnitt zu kommen, müsste man noch ein Stück weiter nach Norden gehen:
Der Kanal windet sich danach wieder durch den Wald. Nach 1,4km trifft man auf die Stelle, wo man am Anfang heraufgekommen ist. Jetzt ist leider noch einmal ein steiler Abstieg erforderlich, durch den Wald und längs der Wasserleitung, die man schon vom Aufstieg her kennt. Es ist noch einmal ratsam, hier vorsichtig zu gehen. Rutschige Kiefernnadeln oder wegrollende Steine sind gerade dann gefährlich, wenn die Kraft in den Beinen nachlässt.
Wer‘s heil überstanden hat, darf sich auf der Plaza von Arafo ein kühles Bierchen oder einen Barraquito gönnen!
Karte: lila = Weg, gelb = mögliche Abkürzung
Gehzeit: mit zahlreichen Pausen etwa 5 h
tiefster Punkt: 795m, höchster Punkt 1500m

Bemerkung: Die Wanderung ist nichts für Anfänger! Sie ist im Aufstieg und Abstieg sehr steil und teilweise sehr sonnig. Es handelt sich um nicht markierte Wege. Der Abstieg vom Vulkankegel ist weglos. Im Winter sollte man zeitig losgehen, denn die Caldera de Pedro Gil liegt schon am frühen Nachmittag im Schatten des Berges. Bei unsicheren Wetterverhältnissen, Wolken oder Nebel, kann die Vulkanumrundung nicht gemacht werden!
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Artikel-Nr. 2-3-121
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