Zwischen Tradition und Tourismus

In der durch touristische Nutzung und Landwirtschaft stark umgeformten Küstenlandschaft von Adeje ist es nicht leicht, noch einigermaßen naturbelassene Wege zu finden. Zwischen Hotelblocks und verwilderten Anbauflächen gibt es nur noch wenig intakte Natur. Auf dieser Wanderung von Fañabé nach Callao Salvaje kann man aber noch ein paar bezaubernde Küstenabschnitte entdecken.

Viel ist nicht mehr übrig von der wilden Natur, verdorrt und ausgetrocknet, steinig und stachlig, so wie sie eigentlich sein sollte. Heute gibt es Palmen und Grünflächen. Auf bequemen Promenaden schieben Eltern ihre Kinder in Buggys spazieren und Senioren fahren mit Scootern zum nächsten Café. Touristische Nutzung eben. Wie sah es hier wohl früher einmal aus, als die felsige Küste noch nicht so einfach zugänglich war?
Diese Wanderung beginnt in der Vergangenheit und endet in der Gegenwart. Zuerst auf einem alten Pilgerweg, dann auf der Promenade, dann durch die wilde Natur zu einem kleinen Fischerhafen, und am Ende die Hotelklötze der „touristischen Nutzung“. Es ist keine Rundwanderung, doch zum Start- und Endpunkt kommt man bequem mit dem Bus, Beschreibung siehe unten.
Sie beginnt direkt an der Polizeistation von Adeje, im Ortsteil Fañabé, nahe der Autobahn. Direkt vor dem Gebäude der Polizei ist eine Bushaltestelle, dort kommt man auch am Ende wieder zurück. Gegenüber befindet sich ein kleiner Parkplatz, wo man das Auto abstellen könnte.


Zuerst geht man auf der Straße in einer weiten Kurve abwärts in den Barranco del Inglés, links unterhalb im Tal befindet sich eine überdachte Bananenplantage. Auf der anderen Seite erkennt man weiter oben schon einen kleinen Torbogen.

Dort beginnt der alte Pilgerweg Camino de la Virgen. Auf einer Informationstafel erfährt man einiges über die Geschichte. Jedes Jahr an Ostern wird ein Bildnis der Jungfrau Maria von ihrer Heimatkirche zur Wallfahrtskirche von San Sebastian getragen und von hunderten Pilgern begleitet. Am Nachmittag kehrt sie wieder zurück in die Kirche. Ursprünglich wollte man das Bild im 16. Jahrhundert vor Piratenangriffen schützen und brachte es deshalb weiter weg vom Meer. Die Bewohner des Dorfes Adeje versprachen, sie jedes Jahr, aus Dankbarkeit für die vielen erhaltenen Gefälligkeiten, in einer Prozession zu ihrem „alten Heim“, der Kapelle von La Enramada zu begleiten.





Gleich hinter dem Torbogen steht ein Kreuz neben einer mit Platten ausgelegten Terrasse. An diesem wie an einigen weiteren Stellen auf dem Weg finden während der Prozession im Januar religiöse Lesungen und Gesänge statt. Der Weg selbst ist am Anfang noch fünf Meter breit. In dem hellen Tuffgestein sieht man an einigen Stellen noch alte Karrenspuren. Dies ist ein Beweis dafür, dass er auch zum Warentransport genutzt wurde. Danach wird der Weg etwas steiler und schmaler. Aber er ist immer gut erkennbar.

Der Camino de la Encarnación heißt heute Camino de la Virgen. Es gibt Vermutungen, dass es sich bei dem verehrten Bildnis sogar um die Originalskulptur aus Candelaria handelt, die einmal dort gestohlen wurde. Hier ist die Geschichte dazu: Der Tag, an dem die Jungfrau verschwand.




Der Weg senkt sich in einer Kurve hinab in ein Tal und kommt an einem alten Dreschplatz vorbei. Er ist mit Natursteinen gepflastert. Wie hier früher mal das Getreide gedroschen wurde, kannst du in diesen Videos sehen: La Trilla oder El Tanque – Día de la trilla. Weiter unten ist eine andere Stelle interessant, die als El Humilladero bekannt ist. Dort steht unter einem überhängenden Fels aus weißem Tuffgestein ein Kreuz. Hier erschien die Jungfrau der lnkarnation zum ersten Mal und wurde zuerst verehrt. Für die Prozession ist das ein wichtiger Haltepunkt, an dem Gebete und Gesänge stattfinden.




Kurz danach kommt man auf der anderen Seite der Straße zu der kleinen Kapelle La Enramada, dem eigentlichen Heim der Jungfrau. Daneben steht die Pilgerkirche San Sebastian.




Hinter der Kirche geht man geradeaus weiter hinunter zum Strand. Dort lohnt sich ein kleiner Abstecher auf den Aussichtspunkt Mirador Palomas, wo man den gesamten Abschnitt der Costa Adeje überblickt.



Nun geht es auf dem Pilgerweg der Touristen immer am Meer entlang, natürlich auf Pflasterstein. Die Promenade ist schön angelegt und kommt zunächst zur Playa La Enramada. Dort findet während der Feierlichkeiten zu Ehren der Jungfrau das traditionelle Pferde-Baden statt. Hier ein älteres Video:
Oberhalb des Strands liegt das beliebte Hotel H10 Costa Adeje Palace, direkt buchbar bei Booking.com.
Auf einem Holzbohlenweg geht es weiter über den Strand, dann hinauf zur Avenida de las Gaviotas, wo man ein Stück an der Straße entlang gehen muss. Vorbei an zahlreichen Restaurants kommt man auf der Promenade und durch ein paar verwinkelte Gässchen zum kleinen Strand von La Caleta, der sich noch ein klein bisschen das alte Flair eines Fischerdorfes bewahrt hat.





Am anderen Ende des steinigen Strandes verlässt man nun die touristische Zone, steigt auf einem schmalen Felspfad die Anhöhe hinauf und befindet sich danach in der ursprünglichen Naturlandschaft dieser Küste. Hier ist der einzige Abschnitt an der Westküste, der noch unberührt ist.

Der Weg ist nicht zu verfehlen, man hält sich immer oberhalb der Felsen an der Küste entlang. In der ersten Bucht liegt die Playa de los Morteros, nach der nächsten Halbinsel sieht man schon den berühmten „Hippie-Strand“, die Playa Diego Hernández. Dort haben sich einige Naturburschen zwischen den Felsen dauerhaft eingerichtet. Sie leben in Zelten, selbst gezimmerten Hütten oder in kleinen Höhlen, und manche freuen sich über eine kleine Spende. Die Stadtverwaltung versucht immer wieder – erfolglos – die wilden Siedlungen aufzulösen. Seit Jahren werden die friedlich dort lebenden „Mieter“ vertrieben, in den Jahren 2005 und 2010 gab es Vertreibungsaktionen, 2016 wurden 62 Personen angezeigt und es gab mehr als 85 illegale Bauten, 2017 wurden mehr als hundert Personen vertrieben, die Polizei zündete ihre Hütten an. Doch sie sind wieder da.





Der Verein für Meeressäuger in Südteneriffa (Asociación de Cetáceos del Sur de Tenerife, ACEST) klagt an, dass es sich um einen Ort von wissenschaftlichem Interesse handele und die wilden Siedlungen die empfindliche Flora zerstören und die Lebensräume von Vögeln und Delphinen bedrohe. Doch gleichzeitig ankern jeden Tag Dutzende von Touristenbooten vor der „unberührten“ Küste, mit lauter Musik, Qualm und dröhnenden Motoren, und die Speisereste schwimmen danach im Meer.

Die „Hippies“ klagen zurück: „Warum dürfen die hier sein und wir nicht? Die Polizei verbrennt unsere Wohnung und lässt den Schutt und die Asche einfach liegen. Aber wir entsorgen unseren Müll täglich und sachgerecht, immer wenn wir Brot kaufen gehen,“ sagt eine Frau, die seit 30 Jahren dort lebt. Sie vermutet ausschließlich wirtschaftliche Interessen hinter den Vertreibungsaktionen.




Auch die Stiftung „Telesforo Bravo Juan Coello“ beklagt mit ihrer Kampagne #pasasinhuella die immense Zerstörung der Naturlandschaft durch die wilden Ansiedlungen. Es entstehen breite Wege, die Höhlen werden erweitert, Steine aufgehäuft und sogar angemalt – und als kleines Zubrot verkauft. Ganz deutlich wird dies in einem Video der Stiftung:
Hier ist ein Artikel über den Geologen und Naturforscher Telesforo Bravo: Der Mann, der den Steinen zuhörte.
Am 14. Juli 2020 gab es erneut eine große Aktion, an der 83 Angestellte aus allen betroffenen politischen Bereichen teilnahmen, Umweltbehörde, Polizei, Ausländerpolizei, Inselregierung und Küstenbehörde. Alle Bewohner mussten ihre Hütten, Zelte und Höhlen verlassen. Es wurde aufgeräumt, Müll beseitigt und der Naturzustand so gut wie möglich wiederhergestellt. Nun soll auch eine regelmäßige Überwachung des Geländes stattfinden.






Wenn die Hitze zu groß ist, wäre das hier, bevor man weiter wandert, auch ein guter Platz für eine Rast oder ein erfrischendes Bad. Badekleidung ist nicht unbedingt nötig.



Man überquert ein schneeweißes Felsplateau mit herrlichem Blick über die Küste. Vorsicht, nicht zu nah an die Abbruchkante treten! Oberhalb des nächsten kleinen Tals sieht man bereits die verfallenen Mauern einer alten Bananenplantage. Diese durchquert man, steigt in ein Tal hinunter und wieder hinauf und folgt weiter dem Fahrweg um die Halbinsel herum. Das nächste Ziel ist die malerische Bucht von El Puertito mit traumhaft tiefblauem Wasser, wo immer einige Segelboote ankern. Hier gibt es auch eine kleine Bar, wo man einfaches kanarisches Essen bekommt.







Am Ende der kurzen Strandpromenade steigt man noch einmal einen Abhang hinauf bis zur Straßenkurve. Dort hält man sich links und kommt durch eine weitere wilde und illegale Ansiedlung von einfachen Wochenendhütten, bevor man endgültig wieder in die touristische Zone von Playa Paraíso eintaucht.



Man merkt es an den Pflastersteinen unter den Füßen. Nach dem ersten Promenadenbogen führt ein Weg hinunter zum wilden kleinen Strand Las Salinas, auf der anderen Seite steigt man die Treppen hinauf zur Avenida Adeje 300. In der nächsten Bucht liegt die Playa El Pinque.



Man kann vor der Poolanlage vorbei gehen, die zum bekannten Hard Rock Hotel gehört. Die Hochhauskulisse oberhalb ist beeindruckend. So sieht sie aus der Luft aus:
Einmal im Hard Rock Hotel schlafen? Direkt bei Booking.com kannst du es buchen:
Dann geht es weiter in einem großen Bogen auf der Promenade, danach durch eine weitere kleine Bucht. Noch ein letzter Bogen, dann endet die Promenade. Aber unterhalb einer Bananenplantage wurde eine Holzbrücke angelegt, danach kommt man auf einem steinigen Feldweg weiter Richtung Playa Paraíso. Der breite Parkplatz ist leider eine Sackgasse. Man muss hinter dem Strand eine Treppe hinauf gehen, danach oben rechts noch ein Stück bis zur Bushaltestelle der Linie 473, die zurück nach Fañabé fährt.
Karte:
Entfernung: 11km
Gehzeit: 3 Std
Höchster Punkt 130m, tiefster Punkt 0m
Die Zwischenanstiege summieren sich etwas, da man öfters über Höhenrücken steigt.
Anfahrt: Wer mit dem Auto kommt, findet gegenüber der Polizeistation von Adeje einen Parkplatz. Dort ist die Haltestelle der Buslinie 473, mit der man von Playa Paraíso zurückkommt.
Wer mit dem Bus (460, 471, 473 u.a.) aus Richtung Los Cristianos kommt, muss auf der anderen Seite der Autobahn aussteigen (Fañabé San Borondón) und über die Fußgängerbrücke gehen.
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Ende 2020 beobachtete man schon wieder Versuche von Leuten, die sich dort niederlassen wollten und nachts heimlich Matratzen und Möbel herbeischafften. Im Februar 2021 mussten erneut 50 Personen von der Playa Diego Hernández vertrieben werden. Acht Bußgelder wurden verhängt.
Weiter nördlich bei Alcalá und Playa de San Juan kannst du auch eine schöne Küstenwanderung machen: Entlang der Küste.
Diese Wanderung als pdf-Datei und als Track für Google Earth: Lies nach auf der Seite SERVICE oder schreibe mir eine Mail.
Artikel-Nr. 1-1-151
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